Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
anfangen musstet“, meinte Lucinda lächelnd.
Durch ihr entschlossenes Auftreten machte sie oft einen etwas einschüchternden Eindruck, doch im Grunde hatte sie ein weiches Herz. Mehrmals hatte Niall schon feuchte Augen bei ihr bemerkt, wenn eine Patientin die sehnsüchtig erwartete Neuigkeit bekam.
Lucinda teilte seinen Traum, die klinische Abteilung zur besten in ganz Großbritannien zu machen. Und mithilfe eines handverlesenen Teams war ihnen das gemeinsam auch gelungen.
„Findest du Robinas Idee nicht wunderbar, Niall?“, wollte Lucinda wissen.
Stirnrunzelnd erwiderte er: „Ich habe ihr gerade gesagt, dass es unmöglich ist. Bei uns wird gearbeitet. Wir haben keine Zeit dafür, in einer Fernsehshow aufzutreten. Müssen die Medien denn heutzutage überall herumschnüffeln?“
„Niall.“ Lucindas Stimme klang warnend. „Wir müssen darüber sprechen. Und von ‚herumschnüffeln‘ kann nun wirklich nicht die Rede sein. Robina ist Ärztin und absolut professionell. Sie wird das Thema mit der nötigen Sensibilität behandeln. Das weißt du ganz genau.“
Robina stand auf, wobei sie ein unsichtbares Stäubchen von ihrem exklusiven Kostüm schnippte. Ganz die professionelle Medienfrau, dachte Niall. Obwohl er in letzter Zeit gelegentlich auch den Ausdruck von tiefem Schmerz in ihren braunen Augen entdeckt hatte.
„Ich lasse euch am besten mal allein, damit ihr die Sache miteinander klären könnt“, sagte Robina. „Ich muss wieder ins Büro. Wir können später weiterreden.“
Als sie sich vorbeugte und Lucinda einen Wangenkuss gab, betrachtete Niall seine Ehefrau verstohlen. Das kurze schwarze Haar, der lange Hals, die hohen Wangenknochen, die schokoladenfarbene Haut – all das machte den exotischen Look aus, den Tausende von Zuschauern inzwischen kannten. Robina war nicht nur schön, sondern geradezu atemberaubend. Mit ihren eins achtundsiebzig war sie beinahe zu schlank. Hätte sie sich für ein Leben als Model entschieden, wäre sie zweifellos ebenso erfolgreich geworden.
Robina ging um den Schreibtisch herum und gab auch ihm einen Kuss. Dann sagte sie: „Wir sehen uns zu Hause, Darling. Komm nicht zu spät. Du weißt ja: Ella kann erst einschlafen, wenn sie dir einen Gutenachtkuss gegeben hat.“ Schließlich wandte sie sich an Lucinda: „Achte bitte darauf, dass er pünktlich geht, ja?“
Nachdem Robina gegangen war, meinte Lucinda: „Sie versorgt ein kleines Kind, arbeitet Vollzeit und hat noch ihre Bücher dazu. Wie Robina das alles schafft, ist mir ein Rätsel. Sie ist eine Powerfrau. Ich habe gehört, das nächste Buch soll im Frühjahr erscheinen.“
Niall hatte nicht die geringste Lust, über seine Frau und ihre Karriere zu sprechen. Vor allem, da sie ihre Pläne ihm gegenüber bisher mit keinem Wort erwähnt hatte. Ihre Fernsehgesellschaft wollte also eine Reportage in seiner Abteilung drehen. Und offenbar hatte Lucinda davon gewusst. Sicher hatten die beiden Frauen das Projekt zusammen ausgeheckt – lange, bevor sie ihm davon erzählt hatten. Das machte ihn wütend. Robina hatte bestimmt geahnt, dass er dagegen sein würde. Und das hatte nicht nur mit den Gründen zu tun, die er ihr vorhin genannt hatte.
Über ein solches Projekt überhaupt nachzudenken war für Robina noch viel zu früh. Vermutlich hatte sie sich deshalb direkt an Lucinda gewandt: Sie wusste ja nichts von dem Baby, das Robina verloren hatte. Und auch sonst wäre es ihr sicher nie in den Sinn gekommen, dass Robina und er nicht über den geplanten Film gesprochen hatten. Lucinda konnte schließlich nicht wissen, dass er und seine Frau kaum noch miteinander redeten. Robinas Abschiedskuss von eben war Teil der Fassade, die sie vor anderen aufrechterhielten.
„Wie um alles in der Welt kommst du auf die Idee, dass ich damit einverstanden wäre?“, fragte er Lucinda. „Wir hätten das vor dem Treffen mit Robina besprechen sollen.“
Aufmerksam schaute sie ihn an. „Aus finanziellen Gründen“, erklärte sie rundheraus. „Real Life Productions bezahlt uns eine Menge dafür. Das Geld könnten wir für die Forschung verwenden, oder wir könnten mehr Frauen in unserem Programm fördern.“
Niall hasste es, sich um die wirtschaftlichen Aspekte seiner Abteilung kümmern zu müssen. Er hasste alles, was ihn von seinen Patienten oder seiner Forschung abhielt. Die finanziellen Angelegenheiten überließ er deshalb nur allzu gern Lucinda.
„Ich war davon ausgegangen, dass du mit Robina darüber gesprochen hast.“
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