Julia Ärzte zum Verlieben Band 51
von Brustkrebs. Daher hat sie sich mit achtzehn beide Brüste entfernen lassen, nachdem auch bei ihr das entsprechende Gen nachgewiesen wurde.“
Mitfühlendes Stimmengewirr erfüllte den Raum.
„Und da wir nun Isabel im Team haben, können wir auch diesen Service anbieten.“ Er lächelte der kraushaarigen Embryologin zu. „Am besten lasse ich Sie das Verfahren erklären.“
Isabel berichtete, dass dabei die Embryonen in einem bestimmten Wachstumsstadium untersucht wurden. Falls bei ihnen derselbe Gendefekt auftrat, würde man so lange weiter testen, bis ein gesunder Embryo gefunden wurde, der dann eingepflanzt werden konnte.
„Ist man da nicht schon sehr nahe an einem Designerbaby?“, fragte Robina.
„Nein, gar nicht“, antwortete Niall ruhig. „Hier geht es nicht darum, Embryonen nach Haarfarbe oder Intelligenz auszusuchen. Vielmehr wollen wir das Risiko einer späteren Brustkrebserkrankung möglichst ausschließen.“
„Ich weiß, dass manche Leute das verabscheuungswürdig finden“, schaltete Isabel sich ein. „Aber im Grunde genommen suchen wir bei der künstlichen Befruchtung ja ohnehin schon die Eier mit den besten Chancen aus, um sie einzupflanzen. Die Präimplantationsdiagnostik geht nur noch einen kleinen Schritt weiter.“
Robina war fasziniert. Das Thema würde ihre Zuschauer mit Sicherheit interessieren. Vermutlich würde es kontroverse Meinungen dazu geben, aber davor hatte sie sich noch nie gescheut.
Während der folgenden angeregten Diskussion hörte sie aufmerksam zu. Sie fragte sich, wie es wohl war, wenn man tagtäglich solche Entscheidungen treffen musste. Voller Anteilnahme dachte sie an all die unglücklichen kinderlosen Paare, die hier Hilfe suchten. Wie konnten diese Frauen so viele Enttäuschungen und so viel Leid verkraften? Sie selbst wäre dazu nicht imstande, das wusste Robina. Nach der Fehlgeburt hatte sie geglaubt, dass sie den Verlust ihres Babys niemals verwinden würde. Wie könnte sie da ein solches Risiko noch einmal eingehen?
In diesem Moment steckte die Sprechstundenhilfe den Kopf zur Tür herein. „Annette ist da, Sally. Ich habe ihr einen Kaffee gegeben, aber ich möchte sie ungern warten lassen. Sie hat große Angst.“
„Kommen Sie mit, Robina?“, fragte Sally und stand auf.
Sofort sprang Robina auf und folgte der Krankenschwester zusammen mit ihrem Kameramann.
Sally führte Annette und ihren Mann in ein Behandlungszimmer. Dort ließ sie die beiden kurz mit Robina und John allein, während sie das Ultraschallgerät vorbereitete.
Annette war blass und hielt die Hand ihres Mannes Mike fest umklammert. Robina fragte beide, ob es ihnen recht wäre, gefilmt zu werden.
„Sie können immer noch ablehnen“, sagte sie behutsam.
„Nein, wir haben uns dafür entschieden, und dabei bleiben wir auch.“ Annette hob das Kinn. „Die Leute sollen erfahren, wie es ist, eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen.“
Robina nickte John zu, der die Kamera auf Annette richtete.
„Nur wer das selbst durchgemacht hat, weiß, wovon ich spreche.“ Annette redete so leise, dass sie kaum zu verstehen war. Sie seufzte. „Am Anfang hoffst du jeden Monat, dass es klappt. Der Wunsch ist einfach so groß. Und wenn dann nichts passiert, ist es, als würdest du in ein Loch fallen. Immer wieder fragst du sich: Warum gerade ich? Was stimmt nicht mit mir? Schließlich wird dir klar, dass du Hilfe brauchst. Denn plötzlich kannst du es nicht mehr ertragen, Babys zu sehen. Du wechselst sogar die Straßenseite, um sie nicht sehen zu müssen. Und du gehst Freundinnen und Verwandten aus dem Weg, die schwanger sind oder kleine Kinder haben. Auch wenn du weißt, dass es falsch und egoistisch ist.“
Annette atmete tief durch und fuhr fort: „Viele raten dir dazu, dich zu entspannen. Sie sagen, dass man ja immer noch ein Kind adoptieren kann. Ja, für manche ist eine Adoption das Richtige. Und die Leute meinen es ja nur gut. Aber sie können eben nicht begreifen, wie schmerzlich es ist, keine eigenen Kinder bekommen zu können.“
Annette hielt inne, und Tränen standen in ihren Augen. „Und dann entschließt du dich zu einer künstlichen Befruchtung. Du denkst, dass es endlich so weit ist. Dass du bald schwanger bist. Auch wenn die Behandlung unangenehm ist, das ist dir egal. Natürlich sagen dir die Ärzte, dass es vielleicht nicht funktioniert. Aber du hörst nicht darauf, denn du hast wieder Hoffnung. Du tust alles, was nötig ist: Injektionen, gesunde Ernährung,
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