Julia Arztroman Band 62
Zustand ziemlich ernst.“ Dann sah sie ihren Patienten an. „Und was bringt Sie an diesem kalten Morgen zu mir, Thomas?“
„Der Fuß an meinem guten Bein ist geschwollen, und ich dachte, ich komme lieber mal vorbei, damit Sie ihn sich anschauen.“
Nachdem sie den Fuß untersucht hatte, erklärte Libby: „Sieht aus wie eine Infektion. Hatten Sie da in letzter Zeit irgendwann eine Wunde oder Verletzung?“
„Vor ein paar Wochen habe ich mir neue Schuhe gekauft und mir an einem Zeh eine Blase gelaufen. Es ist alles gut abgeheilt, fühlt sich aber noch empfindlich an. Und dann kam plötzlich diese Schwellung.“
„Hm, die Entzündung könnte dadurch entstanden sein.“ Prüfend tastete sie die Schwellung im oberen Bereich seines Fußes ab. „Ich werde Ihnen ein Antibiotikum verschreiben. Sie sind nicht allergisch dagegen, oder?“
„Nein, kein Problem.“ Er stand auf. „Richten Sie Nathan bitte aus, ich hoffe, dass es seinem Jungen bald besser geht. In der Bonfire Night veranstalten wir wie jedes Jahr ein großes Barbecue auf der Wiese hinter dem Park. Das soll der Kleine doch auf keinen Fall verpassen.“
„Wir werden hoffentlich alle da sein“, meinte Libby. Sie machte sich große Sorgen und wünschte, Nathan würde anrufen. Aber da sie erst vor einer Stunde aus dem Krankenhaus weggefahren war, erwartete sie vielleicht ein bisschen zu viel.
In der Mittagspause wollte sie schnell ins Dorf laufen, um ein paar Mitbringsel für Toby zu besorgen. Doch die Krankenschwestern waren ihr bereits zuvorgekommen, und eine von ihnen erschien mit einem Beutel voller Süßigkeiten und Spielsachen, die die Mitarbeiter für ihn gesammelt hatten.
„Ist es wahr, dass Toby Tollkirschen gegessen hat?“, fragte sie. „Ich habe gehört, wie Sie mit Dr. John gesprochen haben, und es hörte sich wirklich schlimm an.“
„Ja.“ Libby nickte. „Zwar nur höchstens zwei Beeren, aber es ist trotzdem sehr beunruhigend, weil der Verzehr dieser Früchte tödlich sein kann.“
In diesem Augenblick wurde Nathan zu ihr durchgestellt, und die Schwester verließ das Zimmer.
„Wie geht es Toby?“, erkundigte sich Libby.
„Er schläft. Sein Magen sollte jetzt frei von Giftrückständen sein. Und wenn diese Maßnahme ausreicht, müsste sich sein Zustand bald verbessern. Es jagt mir kalte Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, was hätte passieren können, wenn er noch mehr von diesen grässlichen Dingern gegessen hätte.“ Nach einer kurzen Pause fuhr Nathan fort: „Wie läuft’s bei dir? War Dad mit der Vormittagssprechstunde schon durch, als du gekommen bist?“
„Nicht ganz. Er muss gleich bei euch sein. John war furchtbar betroffen, als ich ihm erzählte, was Toby getan hat. Und vor allem, dass es ausgerechnet bei ihm passiert ist. Also sei bitte nett zu ihm, ja?“
Einen Moment lang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung, ehe Nathan trocken erwiderte: „Was glaubst du denn, was ich tun werde? Ihn dafür verantwortlich machen, dass er so lieb war, sich in den Herbstferien um Toby zu kümmern? Ich weiß, du bist nicht besonders gut auf mich zu sprechen, Libby. Und ich möchte mich für meine taktlose Art entschuldigen, wie ich dich vorhin gedrängt habe, in die Praxis zurückzufahren. Aber es gibt auch noch andere Menschen außer Toby, die dich brauchen. Wir können dich schließlich nicht die ganze Zeit in Beschlag nehmen. Also, verzeihst du mir? Irgendwie mache ich bei dir immer was falsch, oder?“
„Da gibt es weder etwas zu verzeihen noch zu danken“, entgegnete sie erleichtert. „Wir sehen uns dann heute Abend, sobald ich hier fertig bin.“
Ein Patient wartete noch, und danach musste Libby zweimal so viel Hausbesuche machen wie sonst, weil sie allein war. Aber genau darum ging es eben. Es war richtig gewesen, als Nathan darauf bestand, dass sie ihre Patienten betreute, obwohl sie lieber bei ihm und Toby geblieben wäre.
Als Libby am Abend ins Krankenhaus kam, saß Nathan an Tobys Bett. Der Junge schlief, und seine Atmung wirkte wesentlich gleichmäßiger und nicht mehr so keuchend wie zuvor. Trotzdem sah er noch sehr blass und elend aus.
Sobald Libby eintrat, schaute Nathan auf und meinte lächelnd: „Er hat schon mehrmals gefragt, wann du denn mit den Geschenken kommst. Sein Denken scheint also nicht beeinträchtigt zu sein.“
Sie beugte sich über das Bett und betrachtete den Kleinen mit einer Mischung aus ärztlichem Blick und liebevoller Anteilnahme. Obwohl Libby einen
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