Julia Bestseller Band 144
prickelnder Spannung erfüllte. Was wollte Jim Neilson von ihr, was suchte er bei ihr? Fühlte er doch etwas?
Beth war sich mehr denn je bewusst, dass sie nie wirkliche Befriedigung gefunden hatte. Die besondere Verbundenheit zwischen Jamie und ihr hatte ihr später jede Möglichkeit genommen, sich bei einem anderen Mann aufgehoben zu fühlen. Sie hatte es mit Gerald versucht, hatte sich eingeredet, es sei gut genug. Hatte Jim Neilson bei den Frauen, die es in seinem Leben gegeben haben musste, Befriedigung gefunden?
Was für ein Gefühl würde es sein, von ihm liebkost zu werden? Es war verrückt, auch nur daran zu denken. Und doch wollte sie es wissen. Dies war der Mann, zu dem Jamie geworden war. Ihr Blick schweifte bewundernd über seine athletische Figur. Wenn er gewollt hätte, das bezweifelte sie nicht, hätte er sie mühelos über eine seiner breiten Schultern werfen und davontragen können.
Ihr Herz pochte schneller. Was er augenblicklich tat, war im Grunde nichts anderes. Sie schaute hinauf in sein Gesicht, versuchte, im abendlichen Dunkel in seiner unergründlichen Miene zu lesen. In seinem Profil mit der markanten Nase und dem energischen Kinn erkannte sie den Jamie von früher. Er war immer ein Kämpfer gewesen, dem es nie an Mut gefehlt hatte, für sich einzustehen, ein stolzer Junge, der unter den Grausamkeiten und Gemeinheiten seines Großvaters eine Feuerprobe durchlitten hatte. Was sonst hatte er noch überlebt, um zu der dominierenden Rolle zu finden, die er heute in seinem Umfeld einnahm?
Es gab so vieles, was Beth wissen wollte.
„Wohin führen Sie mich?“ Ihre leise, zögernde Frage ließ ihre Verunsicherung spüren.
Jim warf ihr einen glühenden Blick zu, der sie erneut vor der drohenden Gefahr warnte. Es war Wahnsinn, sich so zu ihm hingezogen zu fühlen in einer Situation, die nur Unheil heraufbeschwören konnte – für sie beide. Diese Begegnung konnte nichts Fruchtbares einbringen. Ihrer beide Pfade würden sich unweigerlich trennen.
„Mein Wagen steht nicht weit von hier“, antwortete er.
Sein Wagen, Teil seines neuen Lebens. „Was für ein Fabrikat?“, fragte Beth unwillkürlich neugierig.
Er lächelte spöttisch. „Haben das Ihre Recherchen nicht ergeben?“
Sein zynischer Ton stimmte sie nachdenklich. Ihr Eingeständnis, dass sie ihn kannte, musste ihn zu der Annahme verleitet haben, dass sie mehr über ihn wusste, als es tatsächlich der Fall war. Hielt er sie für eine Journalistin? Oder, schlimmer noch, für eine Frau, die sich einen reichen Kerl angeln wollte?
Sollte sie das Missverständnis aufklären? Aber wie sollte sie ihr Interesse an ihm erklären, ohne die Wahrheit zu enthüllen?
Ironischerweise beschränkten sich ihre sogenannten „Recherchen“ auf einige wenige Zeitungsartikel und ein paar Meldungen aus den Klatschspalten, darunter auch eine gekürzte Gästeliste für die heutige Vernissage. Das genügte ihr bei Weitem nicht. Ein Abendessen mit ihm würde ihr mehr verraten. Er hatte den Ball ins Rollen gebracht, und sie wollte ihn nicht aufhalten. Noch nicht.
„Ein Porsche“, sagte Jim jetzt mit bedeutsamem Blick. „Zufrieden?“
Ein schnittiger, schneller Sportwagen, der jeden anderen mühelos hinter sich lassen konnte. Vermutlich schwarz. „Es passt“, sagte Beth mehr zu sich als zu Jim.
„Freut mich, dass Sie nicht enttäuscht sind“, bemerkte er trocken.
Doch sie war es, tief drinnen. Enttäuscht, dass er sie nicht wiedererkannt hatte, obwohl sie es wohl nicht hätte erwarten dürfen. Als Kind weißblond, war sie mit dreizehn immer noch blond gewesen, doch inzwischen war ihr Haar zu einem sanften Goldbraun gedunkelt. Überhaupt hatte sie sich äußerlich sehr verändert, seit Jamie sie zuletzt gesehen hatte. Eine „spät erblühte Schönheit“, wie ihre Mutter oft gesagt hatte.
Da sie, Beth, Pressefotos aus jüngster Zeit von Jim gesehen hatte, war es für sie natürlich leichter gewesen, trotz aller Veränderungen den Jungen in dem reifen Mann wiederzuerkennen. Und dennoch, sobald er ihr in die Augen geblickt hatte … Katzenhaft mandelförmig mit ihrer ungewöhnlichen Bernsteinfarbe, waren sie damals wie heute etwas Besonderes und gewiss unverwechselbar.
Goldstück. Ein schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie daran dachte, wie Jim Neilson sie zuvor genannt hatte. Jamie hatte ihr einmal gesagt, sie sei das einzige Gold in seinem Leben. Warum hatte das Band zwischen ihnen nicht gehalten?
Offenbar hatte es ihr mehr
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