Julia Collection Band 09
Vater nicht mehr gesehen, seit ich vier Jahre alt war, und ich habe keine Geschwister. Ich weiß, dass es seltsam klingt, aber dieser Besitz ist alles, was mir von meiner Familie geblieben ist. Er gibt mir das Gefühl, irgendwo hinzugehören.“
Das Letzte, was Morgan erwartet hätte, war, dass Samantha gefühlsmäßige Bindungen zu einem Ort hatte, von dessen Existenz sie bis vor wenigen Wochen nichts geahnt hatte. Aber noch verblüffender war, dass er sie verstehen konnte. Die Lonetree Ranch war ebenso ein Teil von ihm wie das Blut, das durch seine Adern floss.
„Werden Sie versuchen, dass Haus reparieren zu lassen?“, fragte er schließlich. Er wusste genau, dass sie nicht die Mittel hatte, um mehr zu tun, als eine Plastikplane über die Löcher im Dach zu legen.
„Ja.“ Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung. „Ich möchte nicht nur selbst dort leben. Ich möchte ein Feriencamp für Waisenkinder schaffen. Ich weiß, es wird eine Weile dauern, und ich werde mir wahrscheinlich einen Job suchen müssen, um mich über Wasser zu halten, während ich mich nach Sponsoren für das Camp umsehe. Aber ich hoffe, es im nächsten Jahr eröffnen zu können.“
„Was für einen Job hatten Sie denn, bevor Sie Kalifornien verlassen haben?“, hakte Morgan nach.
„Ich war Sozialarbeiterin, bis meine Stelle aufgrund der Sparmaßnahmen der Regierung gestrichen wurde. Es war meine Aufgabe, Waisenkinder und im Stich gelassene Kinder bei Verwandten oder Pflegeeltern unterzubringen.“ Ihr hübsches Gesicht wurde weich, während sie sprach, und Morgan ahnte, dass ihr ihre Arbeit sehr am Herzen lag. „Ich möchte weiterhin, wo ich kann, Kindern helfen, die aus welchen Gründen auch immer von ihren Familien getrennt wurden. Ich möchte einen Ort schaffen, wo sie ihre Sorgen vergessen können, und sei es auch nur für ein, zwei Wochen.“
Morgan wusste nicht, was er sagen sollte. Ihre Gründe, warum sie die Ranch behalten wollte, waren sehr viel edler als seine eigenen. Es war wohl um einiges wichtiger, unglücklichen Kindern zu helfen, als Pferde für Rodeos zu züchten. Plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen, dass er ihr überhaupt vorgeschlagen hatte, ihren Besitz zu verkaufen.
„Sind Sie nach dem Tod Ihrer Mutter zu Pflegeeltern gekommen?“, fragte er behutsam.
Samantha antwortete erst nach leichtem Zögern, und ihre Stimme war sehr leise. „Als meine Mutter starb, war ich genau wie diese Kinder. Ich musste plötzlich feststellen, dass es für mich keinen Platz gab, wo ich hingehörte.“
Der Gedanke, dass sie in einem so zarten Alter so einsam gewesen war, gab ihm einen schmerzhaften Stich. Er hatte wenigstens seine Brüder gehabt, als sie ihren Vater verloren. Aber Samantha war ganz allein gewesen. Er musste gegen das Bedürfnis ankämpfen, um den Schreibtisch herumzugehen und sie in die Arme zu nehmen.
„Waren Ihre Pflegeeltern gut zu Ihnen?“ Aus irgendeinem Grund brauchte Morgan die Versicherung, dass es ihr nicht schlecht ergangen war.
Zu seiner Erleichterung nickte sie. „Da ich fast siebzehn Jahre alt war, war ich nicht viel länger als ein Jahr bei meinen Pflegeeltern. Und ich hatte das Glück, von einem sehr lieben älteren Paar aufgenommen zu werden. Sie behandelten mich wie eine Enkelin, und ich werde ihnen immer dankbar sein. Leider haben nicht alle Kinder so ein Glück. Einige finden zwar Fürsorge und Pflege, aber nicht alle finden Liebe. Das ist ein großer Unterschied.“
„Was werden Sie tun, bis Sie das Camp eröffnen können?“, fragte er und überlegte schon, welche Bekannten im Bezirk er bitten könnte, ihr eine Stellung als Sozialarbeiterin zu besorgen.
„Wegen Timmy wäre mir natürlich eine Tätigkeit am liebsten, die ich zu Hause ausüben könnte. Oder ein Teilzeitjob.“
Morgan konnte verstehen, dass sie bei ihrem Baby bleiben wollte. Die Vorstellung, sie müsste den Kleinen allein lassen, gefiel ihm ganz und gar nicht. Sein Herz machte einen Sprung. Was war das für ein seltsamer Gedanke? Wieso sollte es ihn stören, ob sie bei ihrem Baby war oder nicht? Timmy war schließlich nicht sein Kind.
Aber wie auch immer, er fühlte ein gewisses Verantwortungsgefühl für Samantha und ihren kleinen Jungen, das gegen jede Logik sprach. Das jagte ihm eine Heidenangst ein. Der plötzliche Wunsch, ihr dabei zu helfen, ihre Ranch zu behalten, die er doch eigentlich selbst kaufen wollte, seit er denken konnte, und der Drang, Samantha zu beschützen, der sich mit beunruhigender
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