JULIA COLLECTION Band 11
entfernt. „Ist die Frage an mich gerichtet?“
Sie unterdrückte die spontane Aufregung, die Hoffnung, und senkte den Blick zu dem Hund. „Ich glaube nicht, dass er mir antworten wird.“
Ian trat näher. „Wir sind gerade auf dem Weg nach Hause. Cato geht gern spät abends noch mal Gassi.“
„Nach Hause?“
„Ja. Ich wohne drei Häuser weiter unten.“
Im Geiste ging sie die Anrainer durch. „Bei den Philpots?“
„Nein. Die Vermieter heißen Holden.“
„Das sind Philpots Tochter und Schwiegersohn. Sie haben das Haus geerbt, nachdem …“Valerie verstummte in Gedenken an ihre eigene Erbschaft.
„Du kennst also die Nachbarschaft.“
„Ich bin hier aufgewachsen. Mom lebt immer noch in diesem Haus.“
„Ich habe hier noch keine Bekanntschaften geschlossen. Ich hatte keine Zeit.“
„Du warst wohl zu sehr beschäftigt, Testamente zu bezeugen“, erwiderte sie schnippisch.
„Bist du deswegen sauer auf mich? Weil ich Edwins Testament bezeugt habe?“
„Ich frage mich einfach, wie du dazu gekommen bist. Du warst gerade erst in die Stadt gekommen, und schon wurdest du in die Geheimnisse eines alten Mannes eingeweiht. Das wundert viele Leute.“
Ian ballte die Hände zu harten Fäusten und entspannte sie wieder. „Zum Henker mit den vielen Leuten. Aber wenn du es wirklich wissen willst, ich habe nur meinen Job ausgeübt.“
„Das kommt mir bekannt vor.“
„Gleich nach meinem Dienstantritt habe ich einen Inspektionsplan für die Geschäfte aufgestellt und bin durch die Stadt gefahren, um die privat genutzten Problemzonen aufzulisten. Edwins Grundstück stand ganz oben auf der Liste. Also habe ich dort angefangen.“
„Natürlich“, höhnte sie.
„Edwin hat sich erwartungsgemäß dagegen verwehrt, aber ich hatte in weiser Voraussicht eine amtliche Verfügung dabei. Sobald ich mich im Haus umgesehen habe, wurde mir klar, warum er dort niemanden schnüffeln lassen wollte. Es ist unglaublich, was er überall versteckt hatte, in Schachteln und Tüten, unter den Möbeln und in den Schränken.“
„Bargeld.“
Er nickte. „Es waren überwiegend kleine Scheine und Unmengen an Münzen.“
„Also hast du ihn gezwungen, es zur Bank zu bringen.“
„Ich habe ihn zu gar nichts gezwungen“, protestierte Ian. „Aber du musst doch einsehen, wie gefährlich es ist, so viel Bargeld im Haus herumliegen zu lassen, ganz zu Schweigen von der Brandgefahr bei all dem Papiergeld.“
„Okay“, räumte Valerie ein, „also hast du ihn überredet, es zur Bank zu bringen.“
„Es war nicht leicht. Er war sauer auf mich, weil ich sein Haus überhaupt erst inspiziert habe. Aber schließlich konnte ich ihn überzeugen. Dann hat der Bankdirektor mich über die Höhe des Vermögens informiert und mich gebeten, Edwin zu überzeugen, dass er ein Testament aufsetzt. Er glaubte wohl, dass ich Einfluss auf den alten Kerl hatte.“
„Offensichtlich hatte er recht.“
„Nicht wirklich. Ich habe nur ein bisschen Psychologie eingesetzt.“
„Inwiefern?“
„Edwin konnte sich nicht entscheiden, was er mit seinem Geld tun sollte. Er wollte es nicht Heston überlassen, aber er befürchtete, dass seine Schwester andernfalls nicht länger die nötige Fürsorge erhalten würde. Je mehr der Banker auf ihn einredete, umso störrischer wurde Edwin. Also sagte ich ihm, dass unser lieber Bürgermeister alles kriegen sollte, und dass der sich schon um seine Mutter kümmern würde.“
Valerie verdrehte die Augen. „Ich kann mir gut vorstellen, wie Edwin darauf reagiert hat.“
„Ich hätte es nicht gesagt, wenn ich von seiner Krankheit gewusst hätte. Er wurde so furchtbar wütend, dass ich schon dachte, er würde einen Herzinfarkt kriegen. Als ich ihn wieder beruhigt hatte, gestand er ein, was ihm der Arzt ein paar Wochen vorher gesagt hatte. Er hatte schon längere Zeit Herzprobleme, und es war nichts mehr zu machen. Der Banker und ich überzeugten ihn, dass er nicht länger mit dem Testament warten dürfe, sofern er nicht Heston alles in den Rachen stopfen wollte.“
Bislang erschien ihr seine Erklärung durchaus plausibel. „Also bist du mit ihm zum Anwalt gegangen.“
„Er hat mich gebeten, ihn zu begleiten und das Testament zu bezeugen.“
„Und er hat deinen Einsatz mit einer Stiftung von fünfzigtausend Dollar an die Feuerwehr belohnt.“
„Davon wusste ich bis zur Verlesung des Testaments nichts. Diese Klausel wurde nachträglich hinzugefügt. Corbett wird es dir bestätigen, wenn du ihn
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