JULIA COLLECTION Band 11
ein Werkzeug fort, ohne es zu reinigen, und er hielt sich selbst und seinen Arbeitsplatz so sauber wie möglich.
Schritte knirschten auf Kies. Sie drehte sich um und sah Dennis mit verächtlicher Miene nahen.
„So, so, das ist also dein Pflüger.“
Sierra musterte ihn. Früher einmal war er attraktiv gewesen. Groß, dunkelhaarig, kräftig gebaut hatte er männlich und stark gewirkt wie jemand, der sich gegen ihren Vater behaupten konnte. Schon bald war jedoch seine wahre Schwäche zu Tage getreten, und nun war sie an jeder müden Linie seines Gesichts und jedem erschlafften Muskel zu erkennen. Es überraschte sie nicht, dass er von Sam gehört hatte, aber dass er so respektlos von ihm sprach, war geradezu unverfroren. „Nenn ihn gefälligst nicht so. Er ist mein Geschäftspartner.“
„Ach ja? Was beackert er denn sonst noch außer den Feldern?“
„Das war eine Gemeinheit!“
„Ach, komm schon, Sierra. Jeder weiß doch, dass du dir ein Spielzeug gekauft hast.“
„Das ist gelogen!“
„Glaubst du, es kümmert mich, ob du es mit diesem Kid treibst oder nicht? Mich interessiert nur, was du dafür bezahlst.“
„Dir geht es immer nur um mein Geld. Du kannst den Gedanken nicht ertragen, dass jemand anderer was davon abkriegt.“
„Ich denke nur an Tyree“, behauptete Dennis, ohne mit der Wimper zu zucken. „Es ist ihr Erbe.“
„Komisch. Du warst nicht besorgt genug um Tyree, um Alimente zu zahlen, als ich ihr nur mit Mühe ein Dach über dem Kopf bieten konnte. Du hast dich überhaupt nicht um deine Tochter gekümmert, bis ich eine Million geerbt habe.“
„Das stimmt gar nicht. Ich hatte nur nicht so viel Glück wie du. Ich hatte schwere Zeiten.“
„Ich auch.“
„Nun, ich habe immer noch eine schwere Zeit, aber das juckt dich nicht weiter, wie?“
„Überhaupt nicht.“
„Du bist ein kaltherziges Mist…“
„Bilde dir bloß nicht ein, dass du mich vor meiner eigenen Tür beschimpfen kannst!“, unterbrach sie ihn hitzig.
„Und was für eine Tür!“
„Sie gehört jedenfalls mir. Wie sieht denn deine aus?“
„Ja, ja, reib es mir nur unter die Nase. Dir fällt ein Vermögen in den Schoß, und ich muss von der Hand in den Mund leben. Das stinkt mir, das kannst du mir glauben!“
„Hört auf!“
Sierra wirbelte herum und sah Tyree in der Tür stehen, mit verzerrtem Gesicht und Tränen in den Augen.
„Hört auf! Ich hasse es, wenn ihr streitet!“
„Honey, es tut mir leid“, murmelte Sierra.
Gleichzeitig warf Dennis ihr vor: „Da siehst du, was du mal wieder angestellt hast!“
„Was ich angestellt habe?“, konterte Sierra empört.
Aufgebracht stürmte Tyree an ihr vorbei und lief von der Veranda.
„Einfach wundervoll!“, schrie Dennis.
„Verschwinde“, verlangte Sierra verärgert. „Ich meines es ernst, Dennis. Verschwinde auf der Stelle!“
Er riss die Autotür auf. „Du hast mir sowieso den ganzen Tag versaut.“ Er stieg ein, knallte die Tür zu und brauste davon.
Sierra fühlte sich körperlich krank, als sie um die Hausecke lief und sich auf die Suche nach ihrer Tochter machte.
4. KAPITEL
„Gott sei Dank!“
Sam drehte sich von Tyree zu ihrer Mutter um. Er hatte gerade die erste Platte Plexiglas am Gerüst des Gewächshauses befestigt, als Tyree blind vor Tränen über ihn gestolpert war. Er hatte ihren Sturz abgefangen und sie getröstet, aber er wusste bisher noch nicht, worin ihr Kummer bestand.
„Es geht ihr gut“, sagte er beruhigend zu Sierra.
Sie warf ihm einen erleichterten Blick zu und wandte sich an Tyree, die auf einem Brett hockte, das auf zwei Sägeböcken lag. „Ich habe überall nach dir gesucht.“
Trotzig reckte Tyree das Kinn vor und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war ein niedliches Kind. Ihre Haare waren etwas dunkler und weniger lockig als Sierras, aber ansonsten waren sie sich wie aus dem Gesicht geschnitten. „Ich rede nicht mehr mit dir.“
Sam verbarg ein Lächeln und meldete sich aus reiner Gewohnheit zu Wort – in dem lockeren, sachlichen Ton, den er bei seinen Schwestern einsetzte. „He, das ist keine Art für ein kleines Mädchen, sich zu benehmen. Deine Mom hat sich Sorgen um dich gemacht.“
Tyrees Miene wurde noch trotziger. „Sie hat mit meinem Daddy gestritten. Ich hasse es, wenn sie mit meinem Daddy streitet.“
Sam warf einen Blick zu Sierra, die schuldbewusst und rührend kummervoll wirkte. Dann sagte er zu Tyree: „Meine Eltern haben auch immer gestritten, und ich habe es genauso
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