JULIA COLLECTION Band 12
Ordnung bist.“
„Das ist das höchste Kompliment, das du einem machen kannst.“ Brenda lachte. „Und ich habe es noch nicht gerade oft gehört.“
Michael stellte fest, dass Brenda in ihrem Leben überhaupt nicht genügend Komplimente bekommen hatte, und er hatte vor, das zu ändern.
Auf dem Standesamt warteten bereits drei andere Paare. Consuela, Frieda und Keisha kümmerten sich abwechselnd um Hope, die sich über all diese Aufmerksamkeit sehr freute. Michael saß neben Brenda, die sich einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen hingab: Leute zu beobachten. Das jüngste Paar, das auf die Trauung wartete, schien an den Lippen fest miteinander verschmolzen zu sein. Die beiden hatten T-Shirts und Jeans an.
Das zweite Paar trug Geschäftskleidung und beschwerte sich über die Verzögerung, die ihnen die ganze Tagesplanung durcheinanderbrachte. Sie studierten ihre Terminkalender und telefonierten hektisch. „Mein Termin im Rathaus dauert länger“, hörte Brenda die Frau in ihr Handy sagen. „Verschieben Sie den Zwei-Uhr-Termin um zehn Minuten.“
Brenda hätte sich zu fein angezogen gefühlt, wenn da nicht noch das älteste Paar gewesen wäre. Die Angestellten kannten den Mann offenbar gut. „Sie sind also schon wieder da, Ray“, begrüßte ihn eine der Frauen.
Ray trug eine rotgrüne Weste über einem roten Hemd. Auf seinem Hut stand „Ho-ho-ho“. Die Braut sah aus, als wäre sie früher mal Tänzerin in Las Vegas gewesen … vielleicht in den fünfziger Jahren. Sie trug ein grünes Satinkleid mit Rüschen.
„Ist das deine achte Ehe, Ray?“, fragte die Angestellte.
„Erst meine siebte“, antwortete er.
„Wir Roma halten die Sieben für eine Glückszahl“, flüsterte Michael Brenda ins Ohr. Sie versuchte, ihr Grinsen zu unterdrücken, aber ohne Erfolg.
„So ist es besser“, lobte er. „Du hast allmählich so grün ausgesehen wie Hopes Spinat. Oder wie das grässliche Kleid von dieser Frau.“
„Du sagst wirklich die nettesten Sachen“, spottete Brenda.
„Du bist wunderschön.“
„Ja, sicher. Grün und schön.“
„Hey, bei Kermit dem Frosch ist das genau richtig.“
„Du hast wieder Hopes Bücher gelesen.“
„Sie liebt es, wenn ich ihr vorlese.“
Brenda wusste, warum. Das Baby liebte es, seine Stimme zu hören. So ging es ihr selbst auch. Sie hätte ihm ewig zuhören können. Bei ihm klangen Kermit und Miss Piggy wie Shakespeare. Brenda wäre jede Wette eingegangen, dass er auch ein Steuerformular hätte vorlesen können und dabei immer noch sexy geklungen hätte. Seine Stimme war zauberhaft.
Sie umklammerte nervös seine Hand.
„Ja, ich weiß, wie viel Windeln kosten“, versicherte er ihr.
„Du hast nur etwas übrig für Frauen, die in Schwierigkeiten sind“, konterte sie.
„Nein, ich stehe auf Frauen, die gleich gut mit Werkzeug und mit Babys umgehen können.“
„Noch nicht. Mit dem Werkzeug habe ich mehr Erfahrung.“
„Du kommst großartig mit Hope zurecht. Immerhin hast du auch all diese Babybücher aus der Bibliothek gelesen.“
„Es gibt noch eine Menge, was ich nicht weiß.“
„Wir werden es zusammen lernen.“
„Wir“ und „zusammen“ waren für Brenda die schönsten Worte, die es gab.
„Meinst du, Hope wird die gesamte Zeremonie verschlafen?“ Sie deutete auf das Baby, das an Consuelas Schulter lehnte.
„So wie dieses Kind Chaos mag, ist es wahrscheinlich“, antwortete Michael. „Falls der Richter laut genug spricht.“
Das tat er, und Hope schlief tatsächlich während der ganzen Zeremonie, die kurz war und schon wieder vorüber, bevor Brenda noch richtig mitbekommen hatte, was geschehen war.
„Sie dürfen jetzt die Braut küssen“, sagte der Richter ungeduldig. Er hatte es offenbar eilig, zum nächsten Paar überzugehen.
Das Seltsame war, dass Brenda sich nicht verheiratet fühlte. Nicht als Michael sie küsste. Ihr wurde warm, und ihre Haut kribbelte, wie immer, wenn er sie küsste. Aber verheiratet? Das hätte irgendwie anders sein müssen, oder?
Keisha und Frieda umarmten sie, und dann wurden sie alle hinausgedrängt. Zwei Taxis brachten sie in die Love Street zurück, wo an der Tür von Michaels Apartment ein riesiges Schild mit der Aufschrift „Frisch verheiratet“ hing. Während sie im Rathaus gewesen waren, hatten Mr. und Mrs. Stephanopolis offenbar alles dekoriert. Weißes und rosafarbenes Krepppapier blockierte den Eingang.
„Sollen wir Hope wirklich nicht über Nacht behalten?“, fragte Consuela
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