JULIA COLLECTION Band 12
keinen Fall.“ Sie setzte sich im Bett auf, vergaß für einen Moment, dass sie nichts anhatte, und zog dann hastig die Decke über sich, bevor sie sich Michael zuwandte. „Ich dachte, das Kästchen wäre verschwunden.“
„Das dachte ich auch.“
„Wie kommt es dann auf die Kommode?“
„Ich weiß nicht.“
„Er scheint sehr geheimnisvoll zu sein. Hat dein Dad nicht gesagt …“ Sie versuchte sich zu erinnern. „Jetzt fällt es mir ein. Als du ihm erzählt hast, dass wir verheiratet sind, meinte er, das Kästchen wäre dafür verantwortlich. Wieso?“
Michael merkte, dass sie das Thema nicht wieder fallenlassen würde, solange sie keine Antwort hatte. Er seufzte und zog sie an sich. Zumindest konnte er sie in den Armen halten, während er ihr die Geschichte erzählte. „Lach nicht, aber einer Familienlegende zufolge birgt dieses Kästchen einen Liebeszauber.“
Brenda lachte nicht. Stattdessen lief ihr ein kalter Schauder über den Rücken bei dem Gedanken, dass ein Liebeszauber eine Menge erklären konnte. Zum Beispiel warum ein Mann wie Michael, der bisher die Ehe sorgfältig vermieden hatte, plötzlich seine Meinung änderte und heiratete, um ein Kind zu retten, das in seinem Haus ausgesetzt worden war. Da Brenda oft ihr Herz sprechen ließ statt ihres Kopfes, war solch ein Verhalten für sie nicht außergewöhnlich. Aber nach dem, was sie von Michael und seiner Vergangenheit wusste, war es für ihn gar nicht typisch.
War es möglich, dass er nicht aus freiem Willen gehandelt hatte? „Wie wirkt dieser Zauber denn?“
„Es heißt, man verliebt sich in den ersten Menschen des anderen Geschlechts, den man sieht, nachdem man das Kästchen geöffnet hat.“
„Und du hast es geöffnet, während ich in deiner Wohnung den Herd repariert habe“, sagte sie.
„Und er funktioniert fantastisch.“
„Der Zauber oder der Herd?“
„Ich meinte den Herd. An Magie glaube ich nicht“, erklärte Michael.
„Dein Vater glaubt daran. Er meint, wir hätten deswegen geheiratet.“
„Was spielt es für eine Rolle, was mein Vater denkt?“
„Es ist deshalb wichtig, weil du von deinem Vater erzogen wurdest. Einige seiner Überzeugungen haben auf dich abgefärbt, ob du das zugeben willst oder nicht.“
Brenda überlegte fieberhaft. Es wäre wohl vernünftig gewesen, die Sache mit dem Zauber als reinen Aberglauben abzutun. Aber wenn nun doch etwas dran war? Sie hatte in ihrem Leben ganz gewiss nicht viel Magie erlebt, also war sie keine Expertin in diesen Dingen.
Jetzt, da sie darüber nachdachte, fielen ihr ein paar merkwürdige Dinge ein, zum Beispiel wie diese schwarzen Boxershorts unter den Weihnachtsbaum geraten waren. Oder dass Michael auf einmal so gut mit Babys umgehen konnte, nachdem sie doch angeblich früher immer gebrüllt hatten, wenn er in ihre Nähe kam. Und dann waren da ihre Gefühle, wann immer Michael sie ansah … insgeheim hatte sie dabei öfter das Wort „Magie“ verwendet. War es denn wirklich so seltsam, anzunehmen, dass sie und Michael verzaubert worden waren?
Na ja, ungewöhnlich war es schon. Sie stellte sich vor, wie sie Pater Lyden um Rat fragte. „Sehen Sie, da ist dieser Roma-Liebeszauber …“
Absurd.
„Du bist sehr still“, stellte Michael besorgt fest. Er wusste aus Erfahrung, dass er Grund zur Sorge hatte, wenn Brenda schwieg.
„Diese Familienlegende könnte eine Menge von dem erklären, was in unserer Beziehung geschehen ist.“
„Zum Beispiel?“
„Die starke Anziehungskraft.“
„Meinst du das hier?“, murmelte er und zog ihre Hand zwischen seine Schenkel.
Sofort vergaß Brenda all ihre Überlegungen. Michael tat das ebenfalls, als sie ihn auf erotische Weise liebkoste.
Nachdem sie sich geliebt hatten, dachte Brenda dann doch wieder an die Möglichkeit, dass etwas Übernatürliches im Gange war.
Erst als Michael antwortete, merkte sie, dass sie einen Teil ihrer Überlegungen laut ausgesprochen hatte. „Nichts ist im Gange. Erst wieder, wenn ich neue Energie gesammelt habe. Dann …“
„Ich meinte den Liebeszauber“, sagte sie.
„Ich habe dir doch erklärt, dass ich nicht an so etwas glaube.“
„Leute, die behaupten, nicht an Voodoo zu glauben, sind manchmal trotzdem davon betroffen. Nach all den Psychologiekursen, die ich belegt habe, weiß ich, wozu der Geist fähig ist.“
„Willst du damit sagen, dass ich dich nicht aus eigenem Willen geheiratet habe?“
„Du musst zugeben, dass unsere Beziehung nicht gerade normal verlaufen
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