JULIA COLLECTION Band 14
versuchte, nicht weiter über diese bizarre Situation nachzudenken, in der sie eine Weinlektion von einem Mafiagangster bekam. „Ich trinke Rotwein nun einmal gern kalt“, erklärte sie. „Rosemary und Kirby machen sich auch immer lustig über mich, wenn ich Eiswürfel hineintue.“
Er verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Stattdessen nippte er an dem Wein und schüttelte sich.
„Wie bist du hier reingekommen?“, wollte sie wissen. „Ich schließe jeden Morgen ab.“
„Das sollte dich eigentlich nicht wundern, angesichts der Welle der Kriminalität in dieser Stadt, von der schon die Zeitung berichtet.“
Sie ignorierte seinen Sarkasmus und wiederholte: „Wie bist du hier hereingekommen?“
Er ging zur Couch, setzte sich und stellte das Weinglas auf den Couchtisch. Dann sah er zu Angie auf und klopfte auf den freien Platz neben sich. Angie ging zu ihm, stellte ihr Glas neben seines und setzte sich in einen Korbschaukelstuhl auf der anderen Seite des Zimmers.
Ethan neigte den Kopf in stummer Akzeptanz ihrer Geste und sagte: „Ich habe noch einen Ratschlag: Kauf dir nie Schlösser beim netten Eisenwarenhändler um die Ecke. Jeder Kriminelle hätte hier einbrechen können. Du hast Glück, dass ich solchen Typen zuvorgekommen bin.“
„Bis du in die Stadt kamst, gab es hier überhaupt keine Kriminellen“, murmelte sie und sah, wie seine Miene sich veränderte. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie glauben können, dass ihre Bemerkung ihn verletzt hatte. Eine eigenartige Wärme breitete sich in ihrem Innern aus. Doch diese körperliche Reaktion war nicht das Ergebnis ihrer Angst. Denn statt von Ethans Auftreten eingeschüchtert zu sein, erregte er sie. Aber sie wollte diese Gefühle verdrängen, denn sie waren viel zu verwirrend.
„Sieh mal“, fuhr sie fort, „ich weiß ja, dass du wegen dieser Geschichten in der Zeitung ziemlich verärgert bist …“
„Verärgert?“, unterbrach er sie empört.
„Aber die waren wirklich nicht so schlimm, wie sie hätten sein können“, erklärte sie unbeirrt weiter. „Wenn man es genau betrachtet, waren sie im Gegenteil sehr …“
Ethans freundliches Lächeln kam so überraschend, dass Angie ganz vergaß, welche lahme Entschuldigung sie gerade vorbringen wollte. Sie starrte ihn benommen an und wunderte sich wieder einmal, was für eine Schande es war, dass ein so umwerfender Mann kriminell war. Er kam ihr absolut nicht wie ein Gangster vor, sondern wie ein interessanter Mann, den sie gern näher kennenlernen würde.
„Wer bist du?“, fragte sie unwillkürlich.
„Ach komm schon, Angel. Du weißt, wer ich bin.“
Sie kaute vorsichtig an ihrer Unterlippe. „Nein, ich glaube nicht, dass ich das weiß. Ich dachte, ich wüsste es, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Das ist das Problem. Das neueste zumindest.“
Seine Miene war ihr rätselhaft, eine Mischung aus Enttäuschung und Zufriedenheit. „Ich bin Ethan Zorn, ein hart arbeitender Firmenvertreter. Und seit ich in eure Stadt gekommen bin, gerate ich ständig in merkwürdige Situationen.“
„Tatsächlich? Und welche?“
„Zum Beispiel habe ich plötzlich eine Schwäche für eine Frau, die mich für etwas hält, was ich nicht bin.“
Angie schluckte, da er langsam auf sie zuging. Sie wollte etwas sagen, denn die Unterhaltung nahm eine äußerst seltsame Wendung. Doch sosehr sie es auch versuchte, ihr fiel absolut nichts mehr ein. Also sah sie hilflos zu, wie Ethan immer näher kam.
„Eine Frau“, fuhr er fort, „die gestanden hat, mich einige Zeit lang aus der Ferne bewundert zu haben. Eine Frau, mit der ich bis jetzt zwei magische Momente erlebt habe.“
„Ich habe dir doch schon erklärt, dass das Bobs Schuld ist“, brachte sie mühsam hervor. „Unter normalen Umständen hätte ich niemals …“
„O doch, du hättest.“ Ethan blieb stehen und ragte imposant vor ihr auf.
Da sie seine überlegene Pose nervte, stand sie langsam auf, musste jedoch feststellen, dass sie sich dadurch nur noch verletzlicher fühlte. Denn selbst im Stehen überragte er sie, und ihr wurde erneut klar, dass er sie ohne weiteres überwältigen konnte, wenn er es wollte – und genau das war der Punkt. Ein Mann wie Ethan Zorn konnte sich nehmen, was immer er wollte. Warum trieb er dann dieses Spiel mit ihr, statt zu tun, was Gangster mit unschuldigen Frauen taten? Warum machte er sie verrückt, indem er sie ständig raten ließ, was er als Nächstes vorhatte?
„Da wir beide aneinander
Weitere Kostenlose Bücher