JULIA COLLECTION Band 16
nicht viel an ihr aufgefallen. Warum sollte sich das also jetzt ändern? „Vorsichtig.“
„Im Ernst, Emma“, sagte er und stand auf. „Wenn ich nicht wenigstens mit dir über das Ganze reden könnte, würde ich wahrscheinlich den Verstand verlieren.“
„Was davon noch übrig ist“, erwiderte sie grimmig.
„Was?“
„Oh, nichts.“
„Okay.“ Er lächelte und wies mit dem Daumen auf ihr Büro, das sich im vorderen Teil der Werkstatt befand. „Ich hole mir etwas zu trinken. Willst du vielleicht eine Limonade oder was anderes?“
„Nein, aber geh du ruhig.“
Er nickte und schlenderte auf ihren kleinen Laden zu. Emma sah ihm nach, und zum ersten Mal sah sie ihn wirklich an. Netter Hintern, dachte sie überrascht. Das war ihr nie aufgefallen. Warum ausgerechnet jetzt?
Weil er gerade die Regeln verändert hat, die bisher zwischen uns galten, sagte sie sich. Und der arme Dummkopf weiß es nicht einmal . Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so wütend gewesen war. Aber mehr noch als das, fühlte sie sich zutiefst beleidigt und verletzt.
Vor drei Jahren hatte sie einem anderen Mann erlaubt, sich in ihr Herz zu schleichen und es zu brechen. Connor hatte sich gerade, ohne es zu wissen, auf die lange Liste von Männern gesetzt, die Emma im Lauf ihres Lebens unterschätzt hatten. Und dieses Mal war sie nicht bereit, es einfach so durchgehen zu lassen. Das wird Connor mir büßen, dachte sie. Stellvertre tend für alle Männer, die mich übersehen oder beleidigt oder nicht für voll genommen haben. Für alle Männer, die in mir keine Frau sahen und mich am Ende selbst an meiner Weib lichkeit zweifeln ließen. Ja, Connor Reilly wird dafür zahlen. Und zwar mehr, als ihm lieb ist .
Einige Stunden später war Emma immer noch wütend, aber etwas gefasster. Sie war bei sich zu Hause und hatte sich eine Tasse Tee gemacht. Normalerweise wirkte der Tee beruhigend auf sie, aber heute Abend brauchte es dazu wohl mehr als Tee.
Selbst nachdem Connor die Werkstatt verlassen hatte, hatte Emma nicht aufhören können, an ihn und seine Worte zu denken. Aus Wut war Traurigkeit und Demütigung geworden, und danach hatte ihre Wut wieder die Oberhand gewonnen.
Es gab nur einen einzigen Menschen auf der Welt, der sie verstehen würde und das, was sie gerade durchmachte. Sie stellte die zarte Blümchenmuster-Porzellantasse, eins der wenigen Erbstücke ihrer verstorbenen Mutter, auf den Tisch neben sich, nahm den Hörer vom Telefon und wählte eine Nummer.
Es klingelte nur ein Mal, dann wurde abgenommen, und eine vertraute Stimme sagte: „Hallo?“
„Mary Alice, du wirst es nicht glauben“, sagte Emma schnell, und die Worte überschlugen sich fast in ihrer Eile, ihre Neuigkeit loszuwerden. „Connor Reilly hat heute zu mir gesagt, dass er in mir keine Frau sieht. Ich bin ein Kumpel für ihn, eine Mechanikerin. Du erinnerst dich doch an diese blöde Wette, die die Drillinge mit ihrem älteren Bruder eingegangen sind, ja?“ Sie wartete nicht auf eine Bestätigung. „Nun, heute sagt er mir einfach so ins Gesicht, dass er deswegen so oft bei mir in der Werkstatt herumhängt, weil er sich bei mir sicher fühlt. Er will nichts von mir, also bin ich eine Art neutrale Zone. Kannst du das glauben? Kannst du dir vorstellen, dass er mir tatsächlich in die Augen sieht, als wäre alles okay, und mir sagt, dass ich keine Frau bin?“
„Wer ist da?“, unterbrach sie eine fröhlich klingende Frauenstimme.
„Sehr witzig.“ Emma lächelte trotz ihrer Aufgebrachtheit. Sie stand vom Sofa im Wohnzimmer auf und ging zu dem Spiegel, der über dem Kamin hing. „Hast du mir nicht zugehört?“
„Und ob“, sagte Mary Alice. „Ich habe jedes Wort mitgekriegt. Soll Tom mit den Recon-Jungs kommen und diesen Blödmann für dich fertigmachen?“
Emma musste lachen. „Nein, aber danke für das Angebot.“ Mary Alice Flanagan, Emmas beste Freundin seit der fünften Klasse, hatte vor vier Jahren Tom Malone geheiratet, einen Marine, der jetzt in Kalifornien stationiert war. Allein Mary Alice hatte Emma es zu verdanken, dass sie überhaupt die Geheimnisse der Weiblichkeit entdeckt hatte.
Emmas Mutter war gestorben, als Emma noch ein Kind war, und danach war sie von ihrem Vater großgezogen worden. Er war ein großartiger Mann, und er liebte seine Tochter abgöttisch, aber eine Mutter hatte ihr sehr gefehlt. Mary Alices Mutter hatte ihr dabei geholfen, ihre Fraulichkeit zu finden. Als die Mädchen herangewachsen waren, war
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