JULIA COLLECTION Band 17
voller herrlicher Erinnerungen. Denk an deinen Job, befahl er sich. „Wir landen gleich in Boston.“
Schlagartig wurden ihre Augen klar, und eine leichte Röte überzog ihre Wangen. Während sie sich ruckartig aufsetzte, presste sie die Fingerspitzen an die Schläfen.
Er kannte niemanden, der noch errötete. Niemanden, außer Kate. „Das Mittel, das du nimmst, haut dich wirklich um, was?“
„Mmm.“ Ohne ihn anzusehen, tastete sie nach ihrer Handtasche.
Die Maschine setzte auf, und der Umkehrschub ließ die Triebwerke aufheulen, als sie langsamer wurde. Brad löste den Sitzgurt und wollte aufstehen, aber Kate berührte seinen Arm.
Er wartete.
„Brad, ich glaube, es wäre … nützlich, wenn wir uns darauf beschränken, Madelyn zu finden.“
„Das sagst du mir?“ Ihr Vorschlag war so absurd, dass er fast laut gelacht hätte. „Halt mich fest. Ich glaube, die Welt hat gerade aufgehört, sich zu drehen.“
„Nun gut, aus meinem Mund klingt das vielleicht seltsam. Aber genau das ist der Punkt. Wir beide sehen einander noch immer als die, die wir mal waren. Wenn wir unsere Vergangenheit hinter uns lassen und … und uns auf die Gegenwart konzentrieren, auf unser Ziel, wäre unsere Zeit hier vielleicht entspannter.“
„Wir benehmen uns wie Fremde, die sich gerade erst begegnet sind.“
„Nun … ja.“
Das Flugzeug rollte aus, und er trat in den Gang, in dem sich die Passagiere drängten. Er holte Kates Tasche aus dem Gepäckfach, dann sah er sie an. „Kannst du das?“
Sie stand auf, trat vor ihn und strich sich den Rock mit den Handflächen glatt. Sie erwiderte seinen Blick jedoch nicht. „Ja, das kann ich.“
Lügnerin, dachte er. Ebenso wenig wie sie ihm in die Augen schauen konnte, konnte sie leugnen, was zwischen ihnen gewesen war. „Also, gehen wir. Auf uns wartet jede Menge Arbeit.“
Er folgte ihr aus dem Flugzeug und fragte sich, wie lange sie das durchhalten würde.
4. KAPITEL
„Wir nehmen keinen Mietwagen?“ Entgeistert sah Kate Brad an. „Warum denn nicht?“
Sie standen vor dem Flughafengebäude in der langen Schlange, die auf das nächste Taxi wartete. Er schaute auf die Uhr. „Dreiunddreißig Minuten“, murmelte er.
„Wie bitte?“
„Nichts. Warst du schon mal in Boston, Kate?“
„Nein, aber …“
„Ich schon. Ein Mietwagen ist etwas, mit dem wir uns nicht belasten sollten. Hier wimmelt es von Baustellen, aber leider nicht von Parkplätzen. Das meiste können wir zu Fuß erledigen, und wenn nicht, nehmen wir ein Taxi.“ Vor ihnen hielt eins, und Brad riss die Tür auf. „Also? Vertraust du mir? Oder willst du gleich nach Dallas zurückfliegen?“
Sie hob das Kinn, und er hoffte, dass sie sich umdrehen und in den Terminal gehen würde. Aber ihr Mund blieb geschlossen. Sie drängte sich an ihm vorbei und stieg ein.
Er stieß einen leisen Fluch aus, warf das Gepäck auf den Rücksitz und quetschte sich daneben. Er nannte dem Fahrer ihr Hotel und lehnte sich zurück.
Hoffentlich hatten sie schon bei einer der ersten Galerien Glück, sonst würde es eine quälend lange Reise werden.
Kate stellte ihren Koffer und die Taschen aufrecht hin. Ein Blick auf Brads Profil bewies, dass er sie am liebsten in die nächste Maschine nach Hause gesetzt hätte.
Und wenn schon. Sie wollte ihm keine Schwierigkeiten machen, sie wollte ihm nur helfen, ihre Mutter zu finden. Sie musste es tun.
Kate schluckte und deutete auf seine Aktentasche. „Hast du eine Liste der Galerien?“
„Ja.“
„Und … darf ich sie sehen?“
Er zog die zusammengehefteten Seiten heraus und gab sie ihr.
Mit offenem Mund blätterte sie die Unterlagen durch. „So viele? Du hast doch gesagt, du hättest schon welche gestrichen.“
„Habe ich auch.“
„Aber gibt es denn hier an jeder Straßenecke eine Kunstgalerie?“
Er lachte, allerdings ohne jede Belustigung. „Ja. Boston ist ein kulturelles Mekka.“
Kate presste die Lippen zusammen, starrte auf die Liste und las jeden Eintrag, als wollte sie die Namen sämtlicher Galerien auswendig lernen. Alles war besser, als über das Frösteln nachzudenken, das sein bitteres Lachen in ihr hinterließ. Sie konzentrierte sich auf die Liste, bis das Taxi vor einem mehrstöckigen Hotel hielt.
Neugierig sah Kate sich um, als sie nach ihm ausstieg. Es war zwar warm, aber deutlich kühler als zu Hause, und zum ersten Mal an diesen Tag fühlte sie, wie ihre Anspannung sich legte. Wenn sie erst in ihrem Zimmer war, weg von Brad, wenigstens für ein paar
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