JULIA COLLECTION Band 20
es?“
„Um Faylene.“
Fassungslos saß sie mit offenem Mund da. „Auf keinen Fall! Ein neues Projekt ist ja gut und schön, aber im Moment möchte ich mich nicht in eine Sache stürzen, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.“ In den vergangenen Jahren hatte Faylene Beasley an drei Tagen für Harvey gearbeitet und an den übrigen für Daisys zwei beste Freundinnen. Als Haushälterin war sie unübertrefflich, aber als Heiratskandidatin? „Das meint ihr doch nicht ernst.“
„Und ob wir das tun. Ist dir mal aufgefallen, wie schlecht gelaunt sie in letzter Zeit immer ist? Diese Frau braucht einen Mann im Bett.“
Draußen prasselte immer noch der Regen auf das Schieferdach. Sollte das etwa der Altweibersommer sein, den der Wetterbericht vorhergesagt hatte? Daisys Magen knurrte und erinnerte sie erneut daran, dass sie seit dem spärlichen Frühstück nichts mehr zu sich genommen hatte. „Ruft mich morgen wieder an. Im Moment bin ich zu müde, um über irgendwas nachzudenken. Ich werde früh zu Abend essen und mich dann hinlegen. Aber eventuell wüsste ich noch einen anderen Junggesellen für eure Liste.“
Allerdings nicht für Faylene. O nein, denn dieser Kerl war wirklich etwas ganz Besonderes.
„Du brauchst dringend etwas Aufmunterung. Wir kommen nachher vorbei“, erwiderte Sasha nur.
2. KAPITEL
Kells Stiefel waren immer noch nicht trocken, aber wenigstens hatte er einen Großteil des Schlamms abkratzen können. Trotz seiner Enttäuschung darüber, dass er zu spät gekommen war, um seinen Halbonkel zu treffen, so musste er doch zugeben, dass es ihm Spaß gemacht hatte, dieser unbekannten Frau dabei zuzusehen, wie sie hin und her tänzelte, um mit ihren Schuhen nicht im schlammigen Boden zu versinken. Diese Frau hatte wirklich hübsche Beine gehabt. Da sie einen Regenmantel mit Kapuze und eine Sonnenbrille getragen hatte, hatte Kell von ihr nur ein paar nasse Strähnen dunkelblonden Haars, ein blasses Gesicht und ihre mit Schlamm bespritzten Beine sehen können. Trotzdem waren ihm ihre schmalen Knöchel aufgefallen.
In dem Moment war Kell immer noch zu geschockt darüber, dass der Mann, den er so lange gesucht hatte, kurz zuvor gestorben war. Deshalb hatte er Blalock nicht nach dieser Frau gefragt, die am Telefon gewesen war, als er, Kell, am Abend zuvor vom Ortsrand aus angerufen hatte. Die Frau hatte ihn prompt an den Banker seines Halbonkels verwiesen. Zu der Uhrzeit hatte die Bank bereits geschlossen gehabt, und so hatte Kell sich bis zum nächsten Morgen gedulden müssen.
Er hätte sofort anrufen sollen, als er die mögliche Verbindung zwischen den Snows in North Carolina und den Magees in Oklahoma City entdeckt hatte. Doch zu der Zeit hatte er noch vieles erledigen müssen, bevor er die Stadt kurzzeitig verlassen konnte. Andererseits hatte ihm die Vorstellung gefallen, einfach unerwartet aufzutauchen. Er hatte sich ausgemalt, wie sein Onkel Harvey ihm die Tür öffnete und ihn sofort als seinen lange vermissten Neffen erkannte.
Dabei wäre das ohnehin sehr unwahrscheinlich gewesen. Kell sah seinem Vater überhaupt nicht ähnlich. Sie besaßen einen ähnlichen Körperbau, doch Evander Magee hatte rotes Haar und unzählige Sommersprossen gehabt. Die einzige Ähnlichkeit zwischen Kell und seinem Vater lag in der Augenfarbe und dem Grübchen im Kinn.
Vielleicht war es ein bisschen naiv gewesen, einfach loszufahren, ohne Harvey Snow vorher anzurufen, doch Kell war trotz allem, was ihm in seinen neununddreißig Lebensjahren widerfahren war, ein unerschütterlicher Optimist geblieben. Als aktiver Profisportler war er früher mit der festen Überzeugung in jedes Spiel gegangen, dass er am Ende als Sieger vom Platz gehen würde. Jedes Mal hatte er von Anfang an mit vollem Einsatz gespielt, und wenn er dadurch auch nicht alle neun Runden durchgehalten hatte, so hatte er doch zumindest sieben geschafft. Für Kell war es selbstverständlich gewesen, seine Suche zu Ende zu führen, nachdem er sie erst einmal begonnen hatte.
Als er abends in Muddy Landing angekommen war, hatte er erfahren müssen, dass das einzige Motel des Ortes wegen der durch den Hurrikan Isabel verursachten Sturmschäden geschlossen war. Also hatte er den Ort wieder verlassen, noch viele Meilen fahren und dann in einem Zimmer schlafen müssen, in dem das Bett zu kurz, die Wände zu dünn und das Kopfkissen zu hart waren.
Das Ergebnis war jedenfalls, dass Kell Harvey Snow ein paar Tage zu spät ausfindig gemacht hatte. Er
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