Julia Collection Band 22
die Tür gesetzt hatte. Er hätte Schlimmeres verdient. Wie ein sexsüchtiger Teenager bei seiner ersten Verabredung hatte er sich benommen. Was ihm allerdings am meisten zu schaffen machte, war die Frage nach dem Grund.
Er stieg in den Pick-up, ließ den Motor an und fuhr durch die Stadt zurück. Doch statt in die Straße einzubiegen, die zum Hangar führte, fuhr er einfach weiter, bis er die Lichter von Devil’s Fork hinter sich gelassen hatte. Er musste nachdenken, und obwohl er auch in seinem Zimmer allein sein konnte, zog es ihn nach draußen, denn er hatte immer wieder festgestellt, wie gut er die Dinge im rechten Licht sehen konnte, wenn er in den sternenklaren Nachthimmel schaute.
Als er den Pick-up parkte und durch die Windschutzscheibe zum Himmel schaute, wo über den Bergen die Sterne funkelten, fragte er sich erneut, was nur in ihn gefahren war. Er hatte Callie aufgesucht, um sie zur Vernunft zu bringen und sie zu überreden, nicht mehr zu fliegen, bis sie ihr Baby bekommen hatte. Aber als er ihr die Hände auf die Schultern gelegt und in ihre wunderhübschen veilchenblauen Augen gesehen hatte, war er verloren gewesen und hatte ihre süßen Lippen küssen müssen.
Er atmete tief durch. Obwohl er alles andere als stolz darauf war, musste er zugeben, dass er nicht gerade das Leben eines Mönches geführt hatte, seit Ellen gestorben war. Aber er hatte stets darauf geachtet, sich nur mit Frauen einzulassen, die nichts weiter von ihm gewollt hatten als eine heiße Nacht. Callie Marshall gehörte jedoch definitiv nicht zu Frauen dieser Art. Statt verräucherter Nachtclubs, Champagner-Cocktails und bedeutungsloser One-Night-Stands kamen einem bei ihr ein gemütliches kleines Häuschen, selbst gebackene Kekse und eine feste Beziehung in den Sinn.
Je länger er jetzt darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm bewusst, dass er während der vergangenen Monate so beschäftigt gewesen war, dass er so gut wie gar kein Privatleben mehr gehabt hatte. Und obwohl er nicht mehr so lustbesessen war wie ein Siebzehnjähriger, hatte auch ein zweiunddreißigjähriger Mann gewisse Bedürfnisse, die er nicht ignorieren konnte. Das erklärte wohl den Kuss von eben.
Er runzelte die Stirn. Bisher hatte er noch nie eine schwangere Frau unwiderstehlich gefunden.
Während er einer Sternschnuppe hinterhersah, überlegte Hunter, dass es angesichts seines enthaltsamen Lebens in letzter Zeit eigentlich völlig normal war, dass er sich zu Callie hingezogen fühlte, auch wenn sie ein Baby erwartete. Sie war schließlich eine sehr hübsche Frau mit einem umwerfenden Lächeln, einem bezaubernden Lachen und Beinen, die einen Heiligen in Versuchung führen konnten. Da war es doch kein Wunder, dass er den dringenden Wunsch verspürt hatte, sie zu küssen.
Zufrieden, dass er den Grund dafür gefunden hatte, warum er sich wie ein Neandertaler verhalten hatte, ließ er den Motor wieder an und fuhr zurück zum Hangar. Nachdem er die Dinge jetzt im rechten Licht betrachtet hatte, konnten er und Callie die Sache von vorhin vergessen und ihre Beziehung als Arbeitnehmerin und Arbeitgeber wieder aufnehmen. Vielleicht konnten sie ja sogar Freunde werden.
Doch sehr viel später, als er in seinem Bett lag und einzuschlafen versuchte, konnte Hunter noch immer nicht den süßen Geschmack von Callies weichen Lippen vergessen. Die Tatsache, dass sie seinen Kuss erwidert hatte, war ziemlich erregend gewesen. Und ob es ihm nun gefiel oder nicht, war das Letzte, was er in Bezug auf Callie im Sinn hatte, Freundschaft.
3. KAPITEL
Auf dem Weg zurück vom Arzt dachte Callie wieder einmal über Hunters Besuch nach und wie dumm sie sich angestellt hatte. Der Kuss war ja ganz nett gewesen – okay, sehr viel mehr als nur nett –, aber er hatte rein gar nichts zu bedeuten. Hunter war enttäuscht gewesen, weil sie sich geweigert hatte, das Fliegen aufzugeben, und seine spontane Handlungsweise hatte ihn genauso überrascht wie sie. Es gab wirklich keinen Grund, sich aufzuregen und aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.
Trotzdem hatte sie fast die ganze Nacht damit verbracht, Schokoladenkekse und Schokoladenkuchen zu backen. Und als sie endlich ins Bett gegangen war, hatte die Morgendämmerung bereits die letzten Schatten der Nacht vertrieben. Callie schüttelte den Kopf. So viel hatte sie nicht mehr gebacken, seit sie herausgefunden hatte, dass sie schwanger war.
Als sie daran zurückdachte, konnte sie sich noch genau erinnern, dass sie völlig schockiert
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