Julia Collection Band 22
absolut keinen Sinn, aber Nick verspürte das dringende Bedürfnis, seinem Ärger Luft zu machen. Was Cheyenne gesagt hatte, war richtig. In ihrer Affäre hatten emotionale Bindungen keinen Platz. Das hatte er selbst so gewollt, und es war genau das, was sie ihm jetzt gab. Doch jedes Mal, wenn sie ihn an diese Tatsache erinnerte, wurde er fuchsteufelswild. Und das Schlimmste daran war, er hatte nicht die leiseste Ahnung, warum das so war.
Es war Freitagnachmittag, und Cheyenne saß in Nicks Büro und konzentrierte sich auf die Auflistung der Rinder, die am Samstag auf der Auktion verkauft werden sollten. Sie hatte während der ganzen Woche über den Vorfall mit den zerstochenen Reifen und Nicks Zusicherung, er habe nichts damit zu tun, nachgedacht.
Ihr Vater und der Sheriff waren weiterhin der Ansicht, er sei für diesen Vandalismus verantwortlich, aber das ergab überhaupt keinen Sinn. Zum einen war das Zerstechen von Reifen eher etwas, was Jugendliche taten, nicht erwachsene Männer. Und zum anderen fiel ihr nichts ein, was Nick dadurch hätte gewinnen können.
Ihr Vater beharrte darauf, Nick sei als junger Mann mit dem Gesetz in Konflikt geraten, und er hatte sie noch nie belogen. Aber Nick war sehr überzeugend gewesen, als er geschworen hatte, dass dem nicht so war. Und abgesehen davon, dass er damals, als sie noch Teenager gewesen waren, behauptet hatte, er würde sie bis ans Ende seiner Tage lieben, war er, soweit sie wusste, immer ehrlich zu ihr gewesen.
Wem sollte sie also glauben? Einem Vater, der immer nur das Beste für sein Kind im Auge gehabt hatte? Oder dem Mann, dem sie ihr Herz geschenkt hatte, als sie sechzehn gewesen war, und dem es eigentlich noch immer gehörte?
Ihr stockte der Atem, und sie musste schlucken, weil sich ihr plötzlich die Kehle zuschnürte. Liebte sie Nick immer noch? War das der Grund, weshalb sie diese für sie so untypische Entscheidung getroffen hatte, sich auf eine Affäre mit ihm einzulassen?
Sie schaute auf und sah zu Nick hinüber, der ihr am Schreibtisch gegenübersaß. In mancher Hinsicht hatte er sich gar nicht verändert seit damals, und in anderer Hinsicht schien er ein völlig anderer Mensch als vor all den Jahren zu sein. Er hatte jetzt eine gewisse Härte an sich, eine Kraft, die sie nicht bemerkt hatte, als sie noch jung gewesen waren.
Als er mit dem Sheriff gesprochen hatte, war ihr bewusst geworden, dass Nick nicht die Art von Mann war, der einen Kampf begann, aber er war ganz sicher auch keiner, der davor zurückschreckte. Und sie würde ihr letztes Hemd darauf wetten, dass er, unabhängig davon, ob es sich um eine körperliche oder eine verbale Auseinandersetzung handelte, derjenige sein würde, der nach dem letzten Schlagabtausch noch aufrecht stand.
In Kombination mit der sanften Art, mit der er sie stets behandelte, erhöhte sein gebieterisches und befehlsgewohntes Auftreten nur noch seinen Sexappeal. Von daher war es kein Wunder, dass sie ihn einfach unwiderstehlich fand.
Weil ihr plötzlich schwindlig wurde und sie das Gefühl hatte, die Wände kämen auf sie zu, stand sie hastig auf. „Ich mache eine Pause und gehe nach draußen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen.“ Als Nick von seinen Unterlagen aufsah, fügte sie hinzu: „Ich bin in ein paar Minuten zurück.“
„Ich könnte auch eine Pause gebrauchen.“
Er stand auf und kam um seinen Schreibtisch herum. Zu Cheyennes Erleichterung klingelte in diesem Moment das Telefon. Als Nick auf die Digitalanzeige schaute, um zu sehen, wer der Anrufer war, lächelte er entschuldigend.
„Den Anruf würde ich gern entgegennehmen.“
„Kein Problem.“ Genaugenommen war Cheyenne sogar froh. Der einzige Grund, weshalb sie eine Pause machen wollte, war der, dass sie ein paar Minuten allein sein musste, um sich über ihre Gefühle klar zu werden. „Du findest mich auf der Veranda, wenn du dein Telefonat beendet hast.“
Draußen setzte sie sich auf die Holzschaukel und starrte auf die Berge, die sich in der Ferne erhoben, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Was sollte sie jetzt nur tun?
Sie befand sich in einer unmöglichen Lage, aus der es keinen Ausweg gab. Sie liebte Nick – hatte ihn immer geliebt. Seit Jahren hatte sie versucht, sich einzureden, sie sei über ihn hinweg. Was sie damals als Liebe bezeichnet hatte, sei lediglich jugendliche Verliebtheit gewesen.
Aber jetzt wusste sie, dass es nicht so war. Nick brauchte sie nur zu küssen, und sie war wieder genau dort angelangt, wo sie
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