Julia Collection Band 25
Innern des Wagens roch es nach Leder und Marcus. Sich zurücklehnend, schloss Lucy die Augen und atmete so langsam und tief, wie sie konnte.
„Unser Flug geht um sechs. Was bedeutet, dass du gerade noch Zeit zum Packen hast, wenn ich dich jetzt schnell zu deiner Wohnung fahre.“
„Welcher Flug? Wohin fliegen wir?“ Überrascht öffnete Lucy die Augen und setzte sich ruckartig auf.
„Zu Beatrice, natürlich“, erwiderte Marcus. „Erinnerst du dich? Du wirst sie wegen der Geburtstagsparty für George beraten.“
„Aber deine Schwester wohnt in Chelsea!“, protestierte Lucy verwirrt.
„Meistens, ja. Aber sie und George besitzen auch noch eine Villa auf Mallorca, und im Moment ist Beatrice dort. Sie findet es gut, dass sie mit dir sprechen kann, während George hier in London ist. Er soll nicht erraten, was sie vorhat.“
Schweigend verarbeitete Lucy, was Marcus ihr erklärte. Dass sie zu Kunden flog, weil sie ein persönliches Beratungsgespräch wünschten oder ihre Meinung über den gewählten Schauplatz des Events wissen wollten, war nicht ungewöhnlich. Aber Marcus hatte „unser Flug“ gesagt …
„Du fliegst auch nach Mallorca?“
„Ich muss einige Familienangelegenheiten mit Beatrice besprechen, deshalb hat sie gemeint, dass wir ebenso gut zusammen reisen können“, erwiderte Marcus gelassen. „Wir bleiben zwei Tage, also musst du einige Sachen einpacken.“
„Und mich umziehen. Ich kann nicht in meiner Rüstung nach Palma fliegen.“
„Rüstung?“
Als sie ihren Schnitzer erkannte, errötete Lucy. „So nenne ich mein Geschäftskostüm“, murmelte sie.
Sie spürte, wie Marcus sie ansah, aber ein trockenes „Hm“ war sein einziger Kommentar.
Marcus bog auf den Sloane Square ab und fuhr durch mehrere schmale Seitenstraßen, bevor er vor dem Apartmentblock hielt, in dem Lucy wohnte.
„Ich komme mit nach oben.“
Das war eine Feststellung, kein Angebot.
Würde er kein Wort über die vergangene Nacht verlieren? Den ganzen Tag hatte Lucy sich Gedanken darüber gemacht, was Marcus wohl sagen würde und wie sie reagieren könnte. Am schlimmsten wäre es, wenn er die Wahrheit erraten hätte und sie damit provozieren würde. Sie hatte die Szene sogar im Geiste geprobt:
Marcus: Du liebst mich, stimmt’s?
Lucy: Natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf?
Marcus: Gestern Nacht?
Lucy, amüsiert und lässig: Ach, das! Du meine Güte, nein. Ich hatte einfach Lust auf Sex, das ist alles.
Aber so würde es offensichtlich nicht ablaufen. Ohne auf Marcus zu warten, eilte Lucy mit einem schnellen „Hallo“ am Portier vorbei und die Treppe hinauf. Ihre Wohnung lag im ersten Stock und war winzig, doch zumindest war Lucy Volleigentümerin, und das Apartment stellte keine finanzielle Belastung dar – anders als die viel größere Wohnung, die Nick nach ihrer Heirat unbedingt hatte mieten wollen.
Lucy schloss die Tür auf und betrat die kleine Diele, die durch die beiden nicht zueinander passenden Spiegel größer und heller aussah. Lucy hatte sie auf dem Dachboden in ihrem Elternhaus gefunden und „ausgeliehen“. Unter einem der Spiegel stand ein kleiner Tisch, den sie ebenfalls davor gerettet hatte, auf dem Dachboden in Vergessenheit zu geraten. Sie hatte ihn cremefarben gestrichen und darauf ihre geliebten Jo-Malone-Duftkerzen und die gesammelten gläsernen Kerzenständer arrangiert. Würde Marcus bemerken, wie geschmackvoll das wirkte, wenn er ihr in die Diele folgte?
Am anderen Ende lag das kleine Wohnzimmer, das komplett in verschiedenen Cremenuancen eingerichtet und blitzsauber war.
„Ich mache mir erst einmal eine Tasse Kaffee“, sagte Lucy. „Möchtest du auch eine?“
„Nein, danke. Wir haben nicht viel Zeit“, erinnerte Marcus sie.
„Du bist derjenige, der so kurzfristig diese Reise organisiert hat. Und ich fliege nirgendwohin, bevor ich nicht meinen Koffeinschuss intus habe“, beharrte Lucy störrisch und steuerte auf die Küche los.
„Ja, schon gut! Wo bewahrst du deinen Reisepass auf?“
„Im Sekretär an der Wand hinter dem Sofa“, rief Lucy aus der Küche.
Marcus öffnete den Sekretär und entdeckte sofort die Pässe. Es waren zwei, mit einem Gummiband zusammengebunden. Um den richtigen mitzunehmen, zog er es ab und schlug den oberen auf, wünschte aber sofort, er hätte es nicht getan. Denn es war der Reisepass, den Lucy während ihrer Ehe benutzt hatte, und das Foto zeigte eine glücklich aussehende junge Frau mit strahlenden Augen. Ihr aktueller
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