Julia Collection Band 55 (German Edition)
immer noch besorgt.
„Es geht mir gut.“
„Er ist nur verliebt“, warf Jasper ein.
„Ich bin nicht verliebt“, widersprach Craig mit Nachdruck. „Ich bin nicht verliebt!“
Jasper lächelte ihn nur an.
„Lass ihn in Ruhe“, befahl Bea. „Er muss selbst damit zurechtkommen. Wir sind zwar schuld an seinem Problem, aber er wird es allein lösen müssen. Also rede ihm nicht andauernd rein.“
„Aber natürlich, Liebes.“ Jasper tätschelte ihre Hand. „Du hast bei diesen Dingen wie immer recht. Wenn du dich wirklich darum kümmerst, kannst du viel besser kuppeln als ich.“
„Einer in der Familie ist mehr als genug“, gab Bea zurück und sah ihren Mann vielsagend an.
Trotz seiner schlechten Verfassung fand Craig alles sehr erheiternd. Seine Eltern hatten sich keinen Deut verändert. Es war immer noch so, dass ihre Liebe zueinander ihre unterschiedlichen Meinungen und Temperamente ausglich. Zweifelnd fragte er sich, ob er jemals eine solche Liebesbeziehung aufbauen könnte – selbst, wenn er das wollte.
Schließlich brachen seine Eltern auf, und er verabschiedete sich von ihnen und umarmte beide.
„Ich hoffe, ich muss nicht wieder zwei Jahre warten, bis wir uns wiedersehen“, sagte Bea.
Am liebsten hätte er seiner Mutter auf der Stelle versprochen, sie in Chicago zu besuchen, aber dann erinnerte er sich daran, dass auch Penelope dort lebte.
Sein Vater betrachtete ihn nachdenklich. „Sind deine Gefühle für Penelope denn nicht stärker als dein Drang, dich gegen mich aufzulehnen? Nur weil ich sie ausgesucht habe, bedeutet das doch nicht, dass du sie ablehnen musst.“
„Darum geht es nicht“, erwiderte Craig, „nicht mehr. Ich will schlicht und einfach niemals heiraten. Das ist alles.“
„Niemals ist eine ziemlich lange Zeit“, meinte Jasper ruhig.
Nachdem sie gegangen waren, musste Craig immer wieder an die Worte seines Vaters denken.
Es war schon Abend, als er auf der Couch saß und auf den Stickrahmen starrte. Er entsann sich ihres Gespräches, dass es ein Leben lang dauern würde, alle diese Wände mit Stickereien zu versehen. Es würde den Raum bestimmt geschmückt haben. Was künstlerische Dinge anging, erinnerte Penelope ihn sehr an seine Mutter.
Keine andere Frau hatte ihn innerlich jemals so berührt, dass ihm Tränen in die Augen gestiegen waren. Penelope war so ungewöhnlich wie ihr Name.
Er ging in sein Schlafzimmer, da er dort ein Buch über die griechische Mythologie im Regal stehen hatte. Er schlug nach und fand unter dem Kapitel über Odysseus auch Anmerkungen zu dessen Frau, Penelope, und er las die lange zurückliegende Geschichte.
Die Figur Penelope stand für eheliche Geduld und Treue.
Odysseus war über zwanzig Jahre von Ithaka fort gewesen. Während seiner langen Abwesenheit, in der niemand wusste, ob er noch am Leben war, bemühten sich eine Menge Freier um seine Frau. Aber Penelope, die immer an die Rückkehr ihres Mannes geglaubt hatte, fand verschiedene Weg, die Freier auf Distanz zu halten. Unter anderem gab sie vor, sehr beschäftigt zu sein, weil sie ein bestimmtes Tuch fertig weben müsse. Doch jede Nacht trennte sie die Fäden, die sie am Tag gewebt hatte, wieder auf. Ihre Taktik ging auf. Als Odysseus schließlich heimkehrte, tötete er seine Nebenbuhler.
Recht so, dachte Craig und schloss das Buch. Plötzlich hatte er den Gedanken, dass er sich ja wie ein schwärmerischer Student im zweiten Semester benahm. Seit Penelope ihn verlassen hatte, gab es nicht eine Minute, in der er nicht an sie denken musste. Würde er je über sie hinwegkommen? Es kam ihm vor, als ob er in einem unsichtbaren Netz gefangen war, das sie für ihn gewebt hatte. Würde er sich jemals daraus befreien können?
11. KAPITEL
Craig kehrte in sein Büro zurück und stürzte sich in die Arbeit. So vergingen die nächsten Wochen. Er ertrug Neds kleine Spitzen und beharrte darauf, mit Penelope fertig zu sein. Dass Hochsaison war, half ihm dabei, sich abzulenken.
Doch jedes Mal, wenn er in sein Haus zurückkehrte, fand er es leer und trist. Es fiel ihm immer schwerer, in den Schlaf zu finden. Und er fand nie die Gelegenheit, den Stickrahmen nach Chicago zu schicken.
Eines Tages, als er noch spätabends im Büro saß, kam Ned herein.
„Du bist noch hier? Du bist ein richtiger Workaholic geworden.“
„Ich musste nur noch einigen Papierkram erledigen. Was ist los?“
Ned reichte ihm einen kleinen Zeitungsausschnitt. „Du stehst in der Zeitung.“
Craig las den Artikel
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