Julia Collection Band 57
hintereinander hier. Und weil es dir doch jetzt viel besser geht, würde ich sie gern nach Hause bringen, damit sie einmal in Ruhe essen und in ihrem eigenen Bett schlafen kann.“
Dass Lindsey protestierte, nahmen weder Lincoln noch Cade wahr.
„Jefferson würde wirklich kommen?“
„Ja. Ehrlich gesagt ist er ganz versessen darauf. Und ich verrate dir ein Geheimnis.“ Lincoln beugte sich zu Cade hinunter und flüsterte so deutlich, dass auch Lindsey es verstehen konnte: „Niemand erzählt bessere Geschichten als Jefferson.“
„Über die Sümpfe und die Vögel und anderen Tiere dort?“
„Wenn du willst. Aber vielleicht soll er dir ja lieber erzählen, wie er mit sechzehn auf eine Ranch in Arizona kam und dort zwei Jahre gearbeitet hat.“
„Er war ein Cowboy wie Mr Jesse?“
„Genau. Da hat er Jesse ja kennengelernt.“ Lincoln warf Lindsey einen Blick zu. Er hatte sie ausgetrickst, und das war ihr klar. Ohne Cade zu enttäuschen, konnte sie seinen Plan nicht durchkreuzen. „Auf der Ranch war es Brauch, dass ein Cowboy, wenn er sein erstes Pferd zugeritten hatte, einen besonderen Stern in seinen Stiefel geritzt bekam.“
„Hat Jefferson einen Stern bekommen?“
„Aber sicher. Also, wie ist es, möchtest du, dass er heute Abend bei dir bleibt?“
„Ja, klar.“ Cade sah zu seiner Mutter hinüber. „Wenn Mom einverstanden ist.“
Am liebsten hätte Lindsey Nein gesagt. Sie wollte nicht mit Lincoln wegfahren. Aber es gab so vieles, was sie zu klären hatten, und das war längst überfällig. „Solange Jefferson wirklich bereit dazu ist.“
„Jeffie kommt wirklich gern.“ Lincoln sah auf seine Uhr. „Er sollte jede Minute hier sein.“
Mit klopfendem Herzen trat Lindsey vors Fenster, um auf den Park hinauszustarren, ohne etwas zu sehen. Die Stunde, die sie gefürchtet und zugleich herbeigesehnt hatte, war gekommen.
8. KAPITEL
Dicke Wolken, die endlich Regen ankündigten, zogen über dem östlichen Himmel auf und reflektierten die Farben des Sonnenuntergangs. Ein prächtiges Schauspiel, das Lindsey nicht wahrnahm.
Seit sie vom Krankenhaus weggefahren waren, war sie sehr still. Wenn sie nicht immer wieder die Hände ineinander verkrampft hätte, hätte man annehmen können, sie sei einfach von der Autofahrt ermüdet.
„Entspann dich“, sagte Lincoln, als er von der Hauptstraße auf die schmale Straße abbog, die zur Stuart-Farm führte. „Jefferson kann gut mit Kindern umgehen. Und du hast ja selbst erlebt, dass das Pflegepersonal im Belle Terre Trauma-Center erstklassig ist.“
„Ja.“ Lindseys einsilbige Antwort ging im Ächzen des Kleinlasters, als er die seichteste Stelle im Bach durchfuhr, fast unter.
Neu renoviert boten das Farmhaus, die Scheune und der kleine Schuppen, in dem Lindseys alter Wagen stand, einen schönen Anblick. Mit einem Wohlgefühl, wie er es seit Frannie Stuarts Tod nicht mehr empfunden hatte, hielt Lincoln vor der Veranda. Lindsey verharrte reglos. „Wir sind zu Hause.“
Sie erwachte aus ihrer Lethargie, und ihr Herz begann heftig zu klopfen. Doch sie erwiderte nichts. Ihre Seelenqual würde bald ein Ende haben, obwohl sie nicht wusste, wie das Ganze ausgehen würde. Doch nach ihrer wochenlangen Furcht vor dieser Aussprache war ihr das beinahe egal. Sie war zu erschöpft, um sich noch um irgendetwas anderes zu sorgen als um ihren Sohn.
„Mit Cade wird alles wieder gut“, sagte Lincoln.
„Ich weiß.“
„In jeder Hinsicht.“ Lincoln nahm ihre Hand. Eine kleine Hand mit einer frisch verheilten Schnittwunde quer über der Handfläche. Eine Hand, der man die harten Zeiten, die Lindsey tapfer durchgestanden hatte, ansah. Er hob Lindseys Kinn an, damit sie ihm ins Gesicht schaute. Doch sie senkte den Blick. „Schau mich an“, bat er leise.
Eine halbe Ewigkeit verging, ehe sie die Lider hob. Lincoln wusste, er konnte sich in ihren Augen verlieren. Sein Herz würde ganz sicher seinen Verstand ausschalten, wenn er zu schnell vorging.
Seit Wochen hatte er in diesen schönen Augen Kummer gesehen. Seit Wochen kämpfte er mit sich. Immer wieder hatte er die Vergangenheit einfach vergessen wollen, so als wäre nichts geschehen. Wenn es nur sie beide betroffen hätte, hätte er es auch getan. Doch da war Cade. Ganz gleich, was für eine Beziehung Lindsey und er zueinander hatten, es ging in erster Linie um das Kind.
Das Kind, das er erst seit ein paar Wochen kannte und das dennoch der Grund für jede Entscheidung war, die er seither getroffen hatte. Und
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