Julia Collection Band 62
Zeilen.
Dann schaute er auf und lächelte etwas verlegen, und sie deutete auf Sams geschlossene Augen und sagte: „Danke.“
„Was?“ Er drehte den Kopf und erkannte, was passiert war. Er grinste. „Ich schätze, Robert Louis Stevenson und ich haben ihn zu Tode gelangweilt.“
„Du hast ihn in den Schlaf gelullt“, korrigierte sie. „Du musst seine volle Aufmerksamkeit gehabt haben, sonst hätte er nicht so lange stillgehalten.“
„Ich mag Kinderbücher. Dieses hier habe ich geliebt, als ich klein war. Ich habe mich in alle Helden hineinversetzt, bis ich irgendwann unbedingt Rodeoreiter werden wollte.“
„Wirklich?“ Kein Thema, über das sie irgendetwas wusste.
„Für ein paar Jahre. Aber dann habe ich erkannt, wie viel Reisen das bedeutet hätte. Und ich wollte doch viel lieber auf der Ranch arbeiten. Allerdings habe ich es lange genug gemacht, um ein paar spektakuläre Stürze zu erleben.“
„Oh, da kenne ich mich aus.“
„Ach ja?“
„Vom Eislaufen her. Wenn du glaubst, dass Schmutz hart ist, dann falle mal auf solides Eis und steh sofort wieder auf, um mit strahlendem Lächeln eine Pirouette zu drehen.“
„Ich denke, da gibt es Parallelen“, stimmte er zu.
Doch keiner von beiden wollte das Thema weiterverfolgen. Sie waren nicht hier, um Gemeinsamkeiten zwischen ihnen zu entdecken.
„Noch mal vielen Dank fürs Vorlesen“, brachte sie schnell hervor.
„Das war doch nichts.“ Seine Stimme hatte eine rauere Farbe angenommen. Sie hätte schwören können, dass ihm das Vorlesen Spaß gemacht hatte, aber jetzt schien er diese Augenblicke zu bereuen. „Du … also … du musstest deinen Anruf beenden“, erklärte er.
Die Äußerung, deren Zeuge er unfreiwillig geworden war, hing zwischen ihnen in der Luft.
Sie flüsterte: „Ich habe nicht vor, Geld aus dir herauszuquetschen, Gray. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“
„Das würde dir auch nicht viel bringen“, antwortete er. „Ich kann es mir nämlich nicht leisten, dir welches zu geben. Das hast du wahrscheinlich auch schon erkannt.“
Sein Ton verdeutlichte, dass er glaubte, dies sei der einzige Grund, weshalb sie von dem Vorhaben Abstand genommen hatte.
Wieder mal die Realität.
„Möchtest du Sam ins Bett bringen?“
„Das sollten wir“, stimmte sie zu.
Allerdings lag der Junge halb auf Gray, der tief in die Kissen des alten Sofas gesunken war.
„Ich werde ihn wach machen, wenn ich versuche, aufzustehen.“
„Bleib sitzen, Gray. Ich nehme ihn.“
Jill musste sich über ihn beugen, da Sam gegen Grays Seite gelehnt lag. Sie schob ihren linken Arm zwischen ihre Körper und fühlte die Wärme von Grays Körper. Plötzlich war sie sich seiner Nähe mehr als bewusst.
„Ich habe ihn“, murmelte sie verlegen. Mit einem Ruck hob sie den Jungen auf und verbarg ihr Gesicht in seinem Haar. Er hatte sogar Pusteln auf seinem Kopf.
Gray schien ein Kloß im Hals zu sitzen. Es machte seine Stimme heiser. „Wenn du wieder runterkommst, mache ich Kaffee und lege einen Film ein, okay?“
„Okay.“ Sie nickte. Ihre Wangen brannten.
„Schläft er noch?“
„So weit.“
„Er ist nicht zu schwer?“
„Nein, daran bin ich gewohnt.“
„Gut.“
„Ich bin in einer Minute wieder da“, versprach sie und flüchtete die Treppe hinauf.
5. KAPITEL
„Hey, Cowboy, geht es dir besser?“, fragte Louise McCall Sam drei Tage später, als er zu einem späten Frühstück hinunterkam.
„Yeap“, antwortete er und fügte dann in hoffnungsvollem Tonfall hinzu: „Gibt es Pfannkuchen wie gestern?“
Sein Appetit war zurückgekehrt, als er gestern Morgen aufgewacht war, obwohl es ihm immer noch an Energie mangelte. Heute schien sich auch das geändert zu haben.
„Tut mir leid, heute nicht“, meinte Louise. „Wir haben Eier und Haferflocken …“
„Wie wäre es einfach mit ein paar Cornflakes, Schätzchen“, schlug Jill vor.
Alle anderen hatten schon vor einiger Zeit gefrühstückt, und Louise war dabei, Sandwiches und Kuchen vorzubereiten und Thermoskannen mit Kaffee zu füllen. Sam beobachtete sie dabei und zog seine eigenen Schlüsse daraus.
„Machen wir ein Picknick?“
„Nein, Honey“, begann Jill.
Doch Louise widersprach. „So in etwa. Es gibt eine große Stelle Zaun, die wir überprüfen und wohl auch reparieren müssen, und wir wollen nicht wegen des Mittagessens extra zurückkommen müssen.“
„Fahren wir auch mit?“
Sams Gesicht strahlte. Es war über und über mit Pusteln bedeckt, die
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