Julia Extra 0353
würde sie ihm natürlich glauben. Sie würde niemals frei von ihm sein. Es sei denn …
Raouls Gedanken wirbelten in seinem Kopf herum.
„Bella.“ Er setzte sich neben sie und zog sie in die Arme. „Ich kann dir sagen, was du tun sollst: Pack deine Sachen, und komm mit mir nach Venedig.“
Sie schniefte an seiner Brust. „Aber du hast doch gesagt, du willst mich nicht mitnehmen.“
„Ich will es aber jetzt.“
„Und warum nicht gestern Abend?“, schluchzte sie. „Gestern wolltest du mich nicht. Du hast mich nach Hause geschickt.“
Er seufzte und streichelte ihr Haar. „Der letzte Abend hat mich an Dinge erinnert, die ich vergessen wollte. Es hatte nichts mit dir zu tun, Bella. Es muss an Umbertos Tod gelegen haben. Ich war so ärgerlich, dass ich nicht auf deine Gefühle geachtet habe. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Aber unter den gegebenen Umständen lasse ich dich nicht allein in Paris.“
„Aber …“
„Du kannst nicht hierbleiben! Wieso machst du nicht einfach das Beste aus der Situation? Wie lange ist es her, dass du das letzte Mal richtig Urlaub gemacht hast?“ Er nahm ihr Kinn in seine Hand, hob ihren Kopf zu sich und sah ihr in die Augen. „Ich habe eine Wohnung am Kanal, groß genug für uns beide. Tagsüber arbeite ich, du schaust dir die Stadt an, und abends sitzen wir auf dem Balkon, trinken Wein und sehen zu, wie die Gondeln vorbeifahren. Was sagst du?“
Sie zögerte immer noch. „Ich weiß nicht.“
„Und in ein paar Wochen, wenn sich hier alles ein bisschen beruhigt hat, kommst du zurück und siehst, was du für deinen Freund tun kannst. Und wer weiß – vielleicht hat sich bis dahin schon alles in Wohlgefallen aufgelöst.“
„Denkst du wirklich?“
„Ich weiß es.“
Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Um sie daran zu hindern, legte Raoul einen Daumen auf ihre Lippen. „Nicht. Du tust dir noch weh.“
Sie sah ihn mit ihren Katzenaugen an. Er wusste, es war Wahnsinn, doch er beugte sich vor und küsste sie. Zögernd und sanft. Doch sie schmiegte sich bebend an ihn.
Raoul spürte den Kuss tief in seinem Inneren, als würde Bella seine Seele berühren. Dann wurde ihm bewusst, was er hier tat. Es durfte nicht sein! Behutsam zog er sich zurück.
Sobald Bella in Sicherheit war, musste er sie gehen lassen. Sie würde frei sein, einen Mann zu finden, der ihr eine Zukunft und eine Leben voller Liebe bieten konnte.
Sie sah ihn an, ihr Atem ging schneller, die Lippen waren leicht geöffnet und schimmerten feucht. Sie wartet auf seinen Kuss.
Ich habe keine Wahl, erkannte Raoul in diesem Moment. Selbst wenn es die falsche Wahl war. Er konnte Bella nicht in Paris zurücklassen.
Ob es ihm gefiel oder nicht, Umberto hatte die ganze Zeit recht gehabt.
Es gab keinen anderen Weg.
4. KAPITEL
Venedig bezauberte Gabriella auf den ersten Blick. Schon aus der Luft hatte die Stadt ihr den Atem geraubt. Wie ein Märchenland schien sie auf den Wassern der Lagune zu schweben. Jetzt, vom Wassertaxi aus, kam sie ihr sogar noch magischer vor.
Sie seufzte wohlig, während sie die warmen Sonnenstrahlen auf ihren bloßen Armen genoss. Fast konnte sie sich vorstellen, eine Prinzessin aus längst vergangenen Tagen zu sein, die über das Meer gekommen war, um ihren Prinzen zu treffen. Fasziniert betrachtete sie die herrlichen Bauwerke. Paläste und Kirchen säumten die Ufer der Kanäle.
„Glücklich?“, fragte Raoul neben ihr. Eine Sonnenbrille verdeckte seine Augen, aber sie verstärkte nur noch diese enorme Anziehungskraft, die von ihm ausging.
Der Fahrtwind presste das Hemd an seine breite Brust, und der geöffnete Kragen enthüllte aufreizend viel von seiner sonnengebräunten Haut. Gabriella verschlang ihn mit den Augen. Er kam ihr anders vor als gestern, gelöster, als sei durch die Reise schon ein Teil seiner Anspannung von ihm abgefallen.
Wie glücklich wäre die Prinzessin, wenn ein Mann wie Raoul auf sie warten würde!
Er neigte seinen Kopf und lächelte. „Auf jeden Fall siehst du glücklich aus.“
Mehr als glücklich! Sie war in Italien, mit dem Mann ihrer Träume.
Der Wind trug ihr Lachen davon. „Ich liebe Venedig! Ich hatte ganz vergessen, wie wunderschön die Stadt ist. Es kommt mir vor, als wäre ich zum ersten Mal hier!“
„Wie lange ist es her?“
„Jahre! Ich war zehn oder elf, als wir auf Klassenfahrt hier waren. Ich weiß nur noch, dass ich auf dem Markusplatz die Tauben gefüttert habe. Arme Tauben! Zwanzig kichernde,
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