Julia Extra 0353
an ihrem Handgelenk, als sie nach einer Salatschüssel mit dicken roten Tomaten griff.
„Ja, habe ich. Er wollte nur noch rasch etwas holen.“
„Die Höhlen werden Ihnen gefallen“, versicherte Natania. „Sie sind sehr abgeschieden. Sehr … intim. Dort können Sie ganz ungestört nackt ins Wasser gehen.“
Wenn ich noch mehr erröte, lande ich im Salat, befürchtete Gabriella. „Das ist gut zu wissen. Wenn es wärmer wird …“
„Oh, das ist kein Problem. Sie werden überrascht sein, wie windgeschützt es dort ist. Und manche Männer können nackter Haut nicht widerstehen.“ Sie hob eine nackte Schulter und lächelte Marco an. Seine Augen leuchteten auf.
Gabriella war Natania dankbar für den gepackten Picknickkorb und auch für den gut gemeinten Rat.
Würde sie ihn annehmen? Vielleicht war es gar nicht nötig. Vielleicht plante Raoul schon die ganze Zeit eine sündige Verführung.
„Ich werde daran denken“, erwiderte sie.
In diesem Moment kam Raoul in die Küche. „Woran wirst du denken?“
„Wie schnell hier Sturm und Nebel aufziehen können“, erwiderte Natania an ihrer Stelle. „Und danach Ausschau zu halten.“
Gabriella fühlte sich fast, als hätte sie ganz unerwartet eine Verbündete gefunden.
„Das Wetter ist ausgezeichnet. Heute gibt es bestimmt keinen Sturm.“ Raoul nahm den Korb. „Lass uns gehen.“
Natania drückte Gabriella eine Decke in die Hand. „Nehmen Sie die mit. Damit kein Sand ins Essen kommt.“
Gabriella spürte, wie sie schon wieder rot wurde, aber plötzlich fiel ihr etwas anderes ein. „Ach Natania, die Tür am Ende des Korridors ist verschlossen, aber Sie haben doch bestimmt einen Schlüssel. Ich habe Sie gestern Nacht gesehen, als Sie hineingegangen sind.“
Die Atmosphäre in der Küche gefror zu Eis. Marco erstarrte, und Gabriella sah, wie Raoul und Natania einen seltsamen Blick wechselten. Hatte sie etwas Falsches gesagt?
„Ich war gestern Nacht nicht dort.“
„Aber ich habe Sie gesehen, nachdem Sie bei mir waren. Nun ja, ich dachte jedenfalls, ich hätte Sie gesehen. Es war nur für eine Sekunde im Licht von einem Blitz. Ich habe Sie gerufen, aber wahrscheinlich haben Sie mich nicht gehört, weil das Gewitter so laut war.“
„Nein. Nachdem ich bei Ihnen war, bin ich direkt nach unten gegangen. Sie können mich nicht gesehen haben.“
„Oh.“
„Vergiss es einfach.“ Raouls Stimme klang heiser. „Bestimmt haben sich einfach nur die Vorhänge im Wind bewegt, und du hast einen Schatten gesehen, das ist alles. Lass uns gehen.“
Es war unmöglich, er hatte es gewusst, und trotzdem hatte er nachschauen müssen. Natürlich hatte er das Zimmer unverändert vorgefunden, genau so, wie es in seiner Erinnerung eingebrannt war. Katia war sein Gespenst, sein Albtraum.
Aber inzwischen nicht mehr sein einziger Albtraum.
Heute hatte er einen Streit gerade noch mal vermeiden können. Dabei hatte er schon fest damit gerechnet. Aber früher oder später würde es zwischen Gabriella und ihm eskalieren. So viel war sicher.
Mit dem Picknick versuchte er nur, sie noch für eine Weile zu beschwichtigen. Sie musste glauben, dass diese Ehe echt war, wenigstens bis Garbas endgültig hinter Gittern saß.
Ein bisschen tat er es aber auch für sich selbst. Er brauchte ihre Nähe, und, mehr noch, er verzehrte sich nach ihr. Aber auf diese Weise verlängerte er nur die Qual für sie beide. Doch diese letzte gemeinsame Zeit war wie ein kostbarer Schatz für Raoul. Er sehnte sich nach Momenten, an die er sich für den Rest seines Lebens erinnern konnte, später, wenn sie schon lange aus seinem Leben verschwunden war. Denn sie würde ihn verlassen. Bei dem Gedanken zog sich sein Herz zusammen.
„Ich dachte, deine Familie hätte in Barcelona gelebt“, unterbrach Gabriella seine Grübeleien. Sie klang ein bisschen außer Atem, und erst jetzt bemerkte Raoul, wie schnell er gelaufen war. „Wir haben euch doch dort immer besucht.“
Er blieb stehen und drehte sich nach ihr um. An wie viel konnte sie sich erinnern? „Das stimmt.“
„Aber jetzt lebst du nicht mehr dort?“
„Nein.“
„Hast du das Haus verkauft?“
Das wäre schön! Nur ungern dachte er an diese unglückselige Nacht zurück. Er war so wütend gewesen, auf die ganze Welt – und über das schlechte Pokerblatt in seiner Hand. „Ich habe es beim Kartenspielen verloren.“
„Oh.“
„Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man“, erklärte Raoul leichthin.
Aber er erinnerte sich nur
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