Julia Extra 360
davon sein!
Das Leben ging ungewöhnliche Wege, davon war Diego überzeugt. Als die Ärzte ihn nach seinem Unfall darauf vorbereitet hatten, dass er sein Bein vielleicht niemals wieder vollständig würde bewegen können, hatte er kaum noch daran geglaubt, irgendwann wieder professionell Polo zu spielen. Und dann war Maxie Parrish in sein Leben geplatzt. Eine Frau, mit der er gern alles teilen würde, wären da nicht ihre merkwürdigen Geheimnisse.
Und was war mit seinen eigenen?
Außerhalb der Familie hatte er noch nie jemandem von Oresto erzählt. Die Scham darüber, seinen besten Freund einem hoffnungslosen Schwindler vorgestellt zu haben, ließ Diego nicht los. Die Konsequenzen waren für Oresto eine Katastrophe gewesen.
„Alles bereit für den großen Tag?“, erkundigte Maxie sich fröhlich, als Diego die Küche betrat, wo die drei jungen Frauen ausgelassen miteinander plauderten.
Ohne zu zögern, riss er Maxie an seine Brust und küsste sie zur Begrüßung. Eine andere Antwort auf ihre Frage kam ihm gar nicht in den Sinn.
Dieser impulsive Auftritt trug ihm gerührte Blicke und Gekicher von Holly und seiner Schwester ein, die sich gleich darauf diskret umdrehten.
Er bekam nicht genug von Maxie, dachte er, während seine Brüder hinter ihm lautstark durch den Flur polterten. Vor allem gefiel Diego, wie gut sie in seine Familie passte. Selbst mit seinen Brüdern, von denen die meisten Menschen sich erst einmal ziemlich eingeschüchtert zeigten, unterhielt sie sich offen und zwanglos.
Die Familie Acosta war ein eingeschworenes Team und ging zusammen durch dick und dünn. Im Grunde glaubte Diego, alle Probleme und Missverständnisse mit Maxie lösen zu können, sobald sie aufhörten, voreinander Geheimnisse zu haben. Sie war einzigartig, sie war loyal und sie kam problemlos mit seinen Liebsten zurecht. Auch seine Brüder waren sehr von ihr angetan. Vor allem, nachdem sie bereitwillig und effizient den Transport der Poloponys für das bevorstehende Match organisiert hatte, obwohl das eigentlich nicht zu ihren Aufgaben gehörte.
„Du bist echt fantastisch, Maxie“, lobte Diegos Bruder Kruz gerade, als er von den neuesten Planungen hörte. Und gerade Kruz hielt sich mit Komplimenten ansonsten ziemlich zurück.
„Eine weibliche Bereicherung für die Höhle der Löwen, was?“, scherzte Ruiz lachend und schlug seinem Bruder Diego auf die Schulter.
„Wenigstens habe ich durch Holly und Maxie endlich weibliche Unterstützung“, warf Lucia ein.
„Und wir müssen nicht ständig unter Nachos zweifelhaften Kochkünsten leiden“, sagte Kruz trocken.
„Koch doch selbst, wenn es dir nicht schmeckt!“ Lucia warf ihm eine Tüte mit Steaks zu, die er grinsend auffing. Dann ging er nach draußen, um den Grill anzufeuern.
„Was ist hier los?“, wollte Nacho wissen. Er streifte neben der Hintertür seine Stiefel ab und schob sie mit der Fußspitze in die Ecke.
„Wir unterhalten uns gerade darüber, wie sehr wir dein Essen lieben“, behauptete Lucia und zwinkerte Maxie zu.
Diego saugte diese ganze Szenerie geradezu in sich auf. Es war lange her, seit seine Familie sich so zwanglos und glücklich gegeben hatte. Irgendwie brachte Maxie die Menschen einander näher, und dafür hätte er sie gern unaufhörlich geküsst.
„Die Frau ist mir ungeheuer wichtig“, verkündete er und zog Maxie an sich.
„Als wenn wir das nicht wüssten.“ Kichernd legte Lucia ihre Arme um sie beide.
Sollten wir beide doch eine Zukunft haben? fragte Maxie sich und schloss die Augen. Am liebsten hätte sie in diesem Moment die Welt angehalten, aber die Zeit lief ihr leider davon.
Diego dachte oft an Oresto, aber ganz besonders am Morgen des Polospiels.
Die Wohltätigkeitsveranstaltung war im vollen Gange, und Maxie hatte sich mit der Organisation selbst übertroffen. Die ganze Umgebung vibrierte förmlich im bunten argentinischen Karneval, zahlreiche Bands und Musikgruppen spielten um die Wette, und es gab eine geradezu endlose Händlermeile mit interessanten Verkaufs- und Essensständen. Aus dem ganzen Land waren Gäste angereist, mit dem Jet, dem Helikopter, auf dem Motorrad mit Zelt oder im Wohnwagen. Einige Familien kamen sogar mit der Pferdekutsche, und Maxie half dabei, alle Anwesenden für mehrere Tage anständig unterzubringen. Das große Fest versprach, ein grandioser Erfolg zu werden.
Zu gern hätte Diego Maxie anvertraut, wie schuldig er sich fühlte, weil er das Leben führte, das auch Oresto zugestanden hätte.
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