Julia Extra 360
Miss Winston, dass …“
„Sagen Sie Ellie zu mir“, unterbrach sie ihn. „Immerhin nenne ich Sie ja jetzt auch beim Vornamen.“
„Also, Ellie, ich versichere Ihnen, dass mein Antrag rein geschäftlicher Natur ist.“
Seltsamerweise war sie nun ein bisschen enttäuscht. Nein, das ist schon gut so, sagte sie sich dann. Ihr Leben war ausgefüllt genug, auch ohne Dates.
„Ich weiß, dass Sie ohne Farnsworth in einer schwierigen Lage sind“, redete Finn weiter. „Er hat schließlich die meiste Erfahrung mit Projekten wie dem für das Piedmont Hospital. Projekte, auf denen der Ruf Ihrer Firma gründet – und die Millionen in die Kasse bringen.“
Wieder nickte sie. Finn hatte die Situation präzise zusammengefasst.
„Als neue Geschäftsführerin sind Sie in einer angreifbaren Position“, führte er weiter aus, genauso trocken wie bisher. „Wenn Sie dieses Projekt verpfuschen, erleidet WW einen Schaden, der nicht wiedergutzumachen ist.“
Ja, diese Einschätzung trifft genau ins Schwarze, dachte Ellie. Leider.
Finn rührte in seiner Kaffeetasse und schien zu überlegen, was er als Nächstes sagen wollte.
Ellie hatte allerdings den Eindruck, dass er bewusst kurz schwieg, um sie zu einem Kommentar herauszufordern.
Sie schwieg ebenfalls. Irgendwie war sie froh, dass Finn sofort auf den wesentlichen Punkt zu sprechen gekommen war und auf das Flirten verzichtet hatte. Sie war schon zu oft Geschäftsmännern begegnet, die meinten, mit ein paar billigen Komplimenten und einem falschem Lächeln einen Deal landen zu können. Ja, solche Männer glaubten tatsächlich noch, eine Frau an der Spitze müsse trotz allem eine Idiotin sein, die man mit einigen schönen Worten und einer Einladung zum Essen für sich einnehmen konnte.
Finn McKenna hingegen schien absolut geradlinig und sachlich zu sein. Er wollte etwas von ihr, und das würde er ihr bestimmt gleich mitteilen.
Dann würde er nicht lockerlassen, bis er es bekommen hatte. Nicht umsonst verglich man ihn mit einem Habicht, der sich gnadenlos auf seine Beute stürzte.
„Ich habe zwei erfahrene Architekten in meiner Belegschaft, die das Krankenhausprojekt für Sie managen könnten“, sagte Finn schließlich. „Die beiden wären sozusagen Leihgaben. Sie, Ellie, würden die Zügel in den Händen behalten. Ich und mein Team würden Ihnen als zusätzliche Hilfstruppe zur Verfügung stehen, während Sie in dem komplizierten Bereich öffentlicher Gebäude Fuß fassen.“
Er hält mich wohl für völlig unbedarft, dachte Ellie wütend, ließ sich aber nichts anmerken.
„Das ist ein sehr großzügiges Angebot, Finn“, erwiderte sie äußerst freundlich. „Ich wäre direkt überwältigt – wenn mein Vater mir nicht immer eingeschärft hätte, dass niemand etwas tut, ohne sich einen Profit zu versprechen. Also frage ich Sie, was für Sie dabei herausspringt.“
Er nickte und lächelte kurz. Sein Blick verriet, dass sie ihn durchschaut hatte – und dass er sie dafür respektierte.
„Meine Firma hatte in letzter Zeit zu kämpfen“, erklärte Finn. „Zum Teil wegen der angespannten Wirtschaftslage, zum Teil wegen … eines Projekts mit unglücklichen Resultaten. Wir haben Erfahrung mit dem Bau von Krankenhäusern, aber unsere Stärke sind Büros und öffentliche Nutzbauten. Wir würden gern in den Krankenhausbau weiter expandieren, weil es unseren bisherigen Bereich gut ergänzt, und natürlich, weil es ein wachsender Wirtschaftszweig ist.“
„Ja, besonders wenn man bedenkt, dass es in Zukunft immer mehr alte Menschen geben wird, die verstärkt medizinische Betreuung brauchen“, stimmte Ellie zu.
„Genau. Ihr Vorteil bei unserem Abkommen würde darin liegen, Ellie, dass Sie Ihre Position als Chefin von WW stärken, wenn Sie einen Krankenhausanbau entwerfen und planen, der als neues Schmuckstück in Ihrer Firmenschatulle gelten kann. Sie sehen, von einer Partnerschaft würden wir beide profitieren.“
„Soviel ich gehört habe, hat McKenna Designs im letzten Jahr schwere Einbußen im finanziellen Bereich erlitten, und auch sein guter Ruf hat Schaden genommen. Seither hat das Unternehmen sozusagen Schlagseite“, erklärte Ellie unverblümt.
In so überschaubaren Kreisen wie den ihren blühte natürlich der Klatsch. Man hatte sie nur zu gern über ihre Konkurrenten aufgeklärt, als sie zurück nach Boston gekommen war.
„Ja, wir hatten einige Herausforderungen zu meistern“, kommentierte Finn.
„So wie wir“, stimmte sie zu.
„Deshalb
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