Julia Extra 360
Richter sind, hat er mir verschwiegen. Ich bin übrigens Ellie Winston.“ Sie schüttelte ihm die Hand.
„Charlie und ich haben schon zusammen im Sandkasten gespielt“, berichtete Finn. „Auf der Uni in Harvard haben wir dann ein Zimmer geteilt. Er hat es einmal mit Schlagsahne vollgesprüht.“
„Moment mal! Solange du das nicht beweisen kannst, gilt für mich die Unschuldsvermutung“, wehrte Charlie sich gegen den Vorwurf, aber seine Augen funkelten verräterisch.
Finn lachte. „So, jetzt sollten wir aber zur Sache kommen. Ich weiß, dass dein Tag hektisch ist, Charlie.“
„Für einen guten Freund nehme ich mir immer Zeit, vor allem, wenn der sich zu trauen traut.“ Charlie schlug die Hände zusammen. „Ihr beide wollt euch also legal aneinander binden.“
Nun wurde es ernst. Ellie blickte kurz zu Finn. Ich schaffe das, sagte sie sich. Sie musste es schaffen. Es gab keine andere Möglichkeit.
Es ging ja nur um eine Ehe auf Zeit, ein Stück Papier, das ihr erlaubte, Jiao zu sich zu holen und mit ihr eine eigene kleine Familie zu gründen, wonach sie sich schon lange sehnte.
„Ja“, stimmte Ellie zu.
„Großartig.“ Charlie rieb sich die Hände. „So, ihr beiden Turteltauben, dann wollen wir uns mal in mein Büro begeben und euch ins Ehejoch spannen.“
Finn wandte sich Ellie zu und reichte ihr den Arm, damit sie sich einhaken konnte.
„Bist du bereit, Mrs McKenna zu werden?“
Bin ich das? fragte Ellie sich beklommen und schaute ihm in die Augen. Sie kannte Finn kaum, aber was sie bisher über ihn erfahren hatte, gefiel ihr. Sie konnte ihn respektieren. Ihm vertrauen. War das genug?
Es musste genügen! Andernfalls musste sie auf Jiao verzichten, und dann wäre ihr Leben mit Arbeit ausgefüllt – aber nicht wirklich erfüllt.
„Nun, Mr McKenna, ich kann mir nichts vorstellen, was ich an einem ruhigen Nachmittag lieber täte, als Ihre Ehefrau zu werden“, antwortete sie humorvoll und hakte sich bei ihm ein.
5. KAPITEL
Die Trauung dauerte nur wenige Minuten, Charlies Witze am Anfang und seine humorvollen Schlussbemerkungen eingeschlossen. Seine Sekretärin und ein Gerichtsbediensteter fungierten als Trauzeugen, beide schienen das schon öfter bei spontanen Hochzeiten gemacht zu haben.
Da Charlie offensichtlich glaubte, es handele sich um eine Heirat aus Liebe, bemühte er sich, das Ereignis fröhlich und unvergesslich zu gestalten.
Finn wusste kurz nicht weiter, als er nach den Ringen gefragt wurde, und musste dann zugeben, dass er keine hatte.
„Dass ausgerechnet ein systematischer Mensch wie du ein so wichtiges Detail wie die Ringe vergisst, hätte ich nie gedacht“, meinte Charlie. „Na gut, es geht auch ohne. Aber das musst du wiedergutmachen, indem du Ellie später einen mit ganz vielen Brillanten schenkst.“
Und im nächsten Moment erklärte er sie schon zu Mann und Frau.
Die Worte schienen in seinem Kopf zu hallen wie in einem leeren Raum. Habe ich wirklich ohne nachzudenken geheiratet, obwohl ich nichts ungeplant getan habe seit der Schulzeit? fragte Finn sich verwundert.
„Und jetzt kommt das Beste.“ Charlie schmunzelte. „Du darfst die Braut küssen.“
Finn blickte seinen alten Freund starr an. Die Braut küssen? Er hatte gedacht, bei einer schlichten Ziviltrauung vor einem Richter blieben einem die romantischen Verbrämungen erspart.
Kurz überlegte er, sich zu weigern, aber das ging nicht. Charlie würde zu zweifeln anfangen, wenn der Bräutigam sich weigerte, seine frischgebackene Ehefrau zu küssen.
„Genierst du dich etwa vor Publikum?“, meinte Charlie, dem das Zögern nicht entging. „Na los. Küss sie!“
Ja, da half nichts: Wenn niemand wissen sollte, dass die Ehe nur auf dem Papier bestand, mussten sie das glückliche Paar spielen.
Finn wandte sich Ellie zu. Ihre grünen Augen glänzten, sie hatte die Lippen leicht geöffnet. Vor Schock? Oder erwartungsvoll?
Sie sah bezaubernd aus in dem zugleich schlichten und eleganten gelben Kleid. Und in dem Moment verschwanden seine Bedenken und wurden von einer Welle heißen Verlangens förmlich weggespült. Nein, es war mehr als nur körperliches Begehren, erkannte er. Es war die Sehnsucht nach einem ähnlichen Glücksgefühl wie dem, welches man von Ellies Gesicht ablesen konnte.
Trotzdem schien auch sie verlegen zu sein und war zart errötet. Ja, sie sah wie eine richtige Braut aus: strahlend und ein bisschen scheu – und sehr sinnlich.
Nicht das Beste, wenn die Beziehung platonisch bleiben
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