Julia Extra 360
und führte sie zum Tisch.
Es fühlte sich gut an, Finns Finger um ihre zu spüren. Warum war es plötzlich so einfach, ihn zu berühren?
Leise Jazzmusik erklang plötzlich aus unsichtbaren Lautsprechern, während Finn ihr den Stuhl zurechtrückte.
Dann erschien ein Kellner und stellte zwei Karaffen auf den Tisch, eine mit Weißwein, die andere mit Traubensaft. Nachdem er eingeschenkt hatte, zog er sich diskret zurück.
Dass Finn ihre Abneigung gegen Alkohol berücksichtigt hatte, beeindruckte sie. Warum hatte er so viele Gedanken an die Gestaltung des Abends aufgewendet?
Finn hob sein Glas. „Auf die Partnerschaft!“, sagte er leise.
Ellie hob ihr Glas ebenfalls, seltsam enttäuscht über den Trinkspruch. Aber sie brauchte nicht die Komplikationen, die eine Beziehung mit sich brachte. Das durfte sie nie vergessen.
„Und aufs Geschäft“, fügte sie hinzu und stieß mit ihm an.
6. KAPITEL
Finn bemerkte den goldenen Schimmer, bevor er noch richtig wach war. Er brauchte einige Sekunden, bis ihm einfiel, warum er einen Ring an der rechten Hand trug – und warum er in einem Zimmer aufwachte, das er nicht kannte.
Richtig, gestern hatte er Ellie Winston geheiratet. Sie hatten auf seiner Dachterrasse ein festliches Essen zelebriert. Danach hatten sie die Ringe gewechselt, die einer seiner Mitarbeiter besorgt hatte. Bei der eigentlichen Trauung hatten sie ja leider gefehlt. Nun sahen er und sie richtig verheiratet aus – zumindest nach außen hin.
Dann waren sie zu Ellies Stadtwohnung gefahren, und er war über Nacht dort geblieben. Im Gästezimmer.
Irgendwo in der Wohnung erklang fröhliche Popmusik.
Finn stand auf und zog eine Trainingshose an, die er mitgebracht hatte, dann ging er in die Küche. Dort stand Ellie am Spülbecken und füllte eine Karaffe mit Wasser. Der Raum war hell und ordentlich. So wie die ganze Wohnung. Gelb und weiß herrschten als Farben vor, mit einigen blauen Tupfern. Das alles wirkte leicht und feminin, ganz anders als sein Junggesellenapartment mit den schweren Eichenmöbeln und den dunklen Teppichen.
Ellie wiegte sich selbstvergessen zur Musik. Sie trug einen hellblauen Rock und einen kurzärmeligen weißen Pulli. Das blonde Haar fiel ihr in Locken über den Rücken, und sie hatte noch keine Schuhe an.
Plötzlich kam Finn sich wie ein Eindringling vor. Bei Ellie zu wohnen erwies sich jetzt im hellen Licht des Tages als Dilemma. Wie sollte er ihr widerstehen, wenn er sie jeden Tag so sah, entspannt zu Radiomusik tanzend, barfuß. Wie sollte er so tun, als hätte er bei dem Kuss zur Trauung nichts empfunden?
Denn das hatte er. Er hatte die ganze vergangene Nacht immer wieder daran gedacht, während er sich von einer Seite auf die andere drehte und sich überdeutlich bewusst war, dass Ellie nur wenige Meter von ihm entfernt in ihrem Bett lag. Aber schon beim Essen hatte er immer wieder an den Kuss gedacht, ihn sozusagen in Gedanken immer wieder erlebt.
Und sich nach weiteren Küssen gesehnt.
Hast du denn deine Lektion noch nicht gelernt? fragte ihn eine innere Stimme streng.
Doch, das hatte er: Wenn man sich durch eine Beziehung ablenken ließ, wurde man verletzlich. Man machte Fehler und wollte beispielsweise eine Frau heiraten, die einem nur schaden wollte.
Das sollte ihm nie wieder passieren.
Finn wandte entschlossen den Blick von Ellies bloßen Füßen und ihren verführerischen Kurven ab und räusperte sich.
„Guten Morgen, Ellie.“
Sie wirbelte herum und hätte beinah die Karaffe fallen lassen. „Oh! Hallo, Finn. Ich hatte ganz vergessen …“ Sie errötete. „Möchtest du Kaffee?“
„Ja, gern.“
Sie beschäftigte sich angelegentlich damit, die Kaffeemaschine zu füllen und anzustellen, dann drehte sie sich wieder um.
„Tut mir leid, ich habe nicht viel zum Frühstücken im Haus“, entschuldigte Ellie sich. „Meistens esse ich nur einen Muffin auf dem Weg nach draußen.“
„Mit einem Muffin bin ich völlig zufrieden. Ehrlich. Das alles war ja auch … unerwartet.“ Er blickte auf den Ring an ihrem Finger. Ja, sie war jetzt Mrs McKenna.
Unglaublich!
Vor wenigen Tagen hatte er noch überlegt, dass er eine Beziehung ohne jedes Drama wollte, ohne romantische Albernheiten, die einem nur das Denken verwirrten. Nun hatte er eine, die ausschließlich auf gemeinsamen Interessen beruhte – auf geschäftlichen, wohlgemerkt –, und aus irgendeinem Grund war er fürchterlich enttäuscht.
„Ich kann dir Blaubeer- oder Nussmuffins anbieten“,
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