Julia Extra Band 0198
genau das war es, was ihr am meisten wehtat: Noch nie hatte sie einem Mann so sehr vertraut wie mit der Zeit ihm, und während der ganzen Zeit hatte er es auf nichts anderes abgesehen als auf Rache. Er wollte sie verletzen. Doch jetzt konnte sie beobachten, wie er immer blasser wurde. “Inzwischen gibt es wohl kaum noch etwas, das ich dir
nicht
zutrauen würde.” Sie lächelte verbittert.
“Frag dich doch einmal selbst nach dem Motiv, warum irgendjemand dieses Zeug hier schreibt”, versuchte er sie zu besänftigen.
Der Brief enthielt keine Unterschrift, doch für Josh bestanden keinerlei Zweifel daran, von wem das Schreiben stammte. Dabei hatte er die ganze Zeit gemeint, diese Ratte von Reporter unter Kontrolle zu haben – das kam dabei heraus, wenn man so dumm war, solche Leute milde und sogar mit gewissem Verständnis zu behandeln. Josh biss entschlossen die Zähne fest aufeinander. Er hatte Angst davor gehabt, Flora zu verlieren, wenn er ihr die Wahrheit gestehen würde, und nun drohte eben genau das zu passieren. Aber er konnte es unter keinen Umständen geschehen lassen, sie zu verlieren!
“Halt mich nicht für ganz blöd!” Ihr entfuhr ein bitteres Lachen, woraufhin Josh zusammenzuckte. Wenn er mit seinem Verschweigen beabsichtigt hatte, ihr Schmerzen zu ersparen, dann hatte er sich schwer geirrt. “Sogar ich vermag zu erkennen, dass das Motiv, diesen Brief zu schreiben, wahrscheinlich gemeingefährlich war.”
“Von
wahrscheinlich
zu sprechen, ist wohl noch untertrieben”, knirschte er.
“Aber das tut hier jetzt nichts zur Sache”, entgegnete sie ungeduldig. “Es ändert nämlich nichts an den Tatsachen, wobei Fakt Nummer eins darin besteht, dass du mir mit der festen Absicht gefolgt bist, mich dahin zu bringen, dass ich mich in dich verliebe. Ein einfacher kleiner Plan, aber die einfachsten Pläne funktionieren oft am besten, wie man weiß.” Ihr verächtlicher Blick aus den so blauen Augen warnte ihn, darauf bloß keine Widerworte zu geben. Er war nicht so dreist, dies trotzdem zu tun – wobei sie sich sicher war, dass er als die unverfrorene Person, die er war, sich schon noch irgendwie aus der Affäre ziehen würde.
“Ursprünglich hatte ich vor, über dich an deinen Vater zu gelangen – ja, das gebe ich zu.”
“Wie nobel von dir, das nun endlich zuzugeben”, fauchte sie.
Josh musste viel Energie und Disziplin aufbringen, ihren so zornigen Blick ertragen zu können. “Das war, bevor … bevor ich mich
ehrlich
in dich verliebt habe, Flora.” Doch selbst in seinen eigenen Ohren klang seine Begründung fad.
Flora verengte die Augen zu Schlitzen und schüttelte heftig den Kopf. “Wage nicht, so etwas zu behaupten”, zischte sie. Es wurde ihr ganz schlecht bei der Vorstellung, dass er kaltblütig ein Komplott geschmiedet hatte – und ironischerweise hatte er sich dabei überhaupt nicht anstrengen müssen! Er hatte wahrscheinlich sein Glück kaum fassen können, wie leicht sie es ihm gemacht hatte! “Ich möchte ernsthaft bezweifeln, dass du weißt, was das Wort Liebe bedeutet”, gab sie ihm mit Abscheu in eisigem Ton zu verstehen.
“Doch, das weiß ich wohl, Flora.” Wüsste sie nicht, dass er durch die strahlend weißen Zähne eine Lüge hervorbrachte, hätte sie sich von seiner so überzeugend klingenden Stimme womöglich einwickeln lassen. “Weil ich nämlich das unglaubliche Privileg hatte, es in meinem Leben schon zwei Mal zu erfahren.” In einem seiner Mundwinkel war jetzt ein leichtes Zittern zu bemerken. “Aber mit dir ist da etwas abgelaufen, das ich nicht für möglich gehalten hätte. Ich versuchte, dich zu verachten, ja sogar zu hassen, versuchte mir einzureden, dass du eine kalte, berechnende Frau bist, der man das Herz nicht brechen kann, weil sie keines hat. Redete mir ein, wenn dein Vater von der Justiz nicht ordentlich bestraft werden würde …”
“Mein Vater hat sich ja am Ende selbst wohl genug bestraft, mit seinem frühen Ableben – da könntest du doch ganz zufrieden sein!”
Angesichts dieser harten Worte musste er schwer schlucken. “Ich versuchte mir einzureden, dass ich ein Recht dazu hätte, dich zu benutzen. Eine Weile glaubte ich das sogar mit voller Überzeugung. Aber je öfter ich dich sah, desto klarer wurde mir, dass ich es nicht schaffen würde, dich verabscheuenswürdig zu finden.”
“Wenn du dies noch immer wolltest, so könnte ich genug tun, dass du das doch noch schaffen kannst”, schleuderte sie ihm grimmig
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