Julia Extra Band 0198
selbst mit dem nächsten auf. “Mein Knuddelbärchen.”
Und so fuhren sie lachend und scherzend in die Stadt hinein.
Das brandneue Apartmentgebäude strahlte beeindruckend in Glas und Aluminium. Sechs große, würfelförmige Wohneinheiten, modern versetzt, jede mit einem separaten Eingang. Der Architekt hatte sehr viel Kompetenz und Einfallsreichtum bewiesen, aber Julia war dieser Komplex einfach zu futuristisch. Trotzdem blieb sie stumm und folgte Ryan über den gepflasterten Weg.
“Die Tür steht offen”, meinte er und deutete auf einen der Würfel.
“Wahrscheinlich wartet Cherry schon drinnen.”
Seine Augen verdunkelten sich, in der Ahnung der unangenehmen Dinge, die auf ihn warteten. Am liebsten hätte sie ihm beruhigend die Hand auf den Arm gelegt, aber dann ermahnte sie sich. Keine körperlichen Berührungen!
“Sollen wir dann?”, forderte sie ihn bewusst fröhlich auf, um ihn zu ermutigen, und trat als Erste ein.
Die geräumige Diele mit der hohen Decke führte direkt in das riesige Wohnzimmer, dessen eine Wand nur aus Glas bestand und einen atemberaubend schönen Blick auf die ganze Stadt bot.
“Wow!”, entfuhr es Julia ungewollt.
Ryan seufzte nur leise. Er hatte überhaupt keine Augen für die Wohnung, stattdessen schaute er sich gehetzt suchend um. Wahrscheinlich nach Cherry, dachte Julia.
Und da tauchte die rothaarige Schönheit auch schon in einem Türrahmen am gegenüberliegenden Ende des Zimmers auf. “Hallo, Ryan, ist diese Wohnung nicht ein Traum?”, schnurrte sie mit sinnlicher Stimme. “Komm und sieh dir die Küche an, sie ist einfach hinreißend.”
Sobald Ryan, der ihrer Aufforderung zögernd folgte, in ihrer Nähe war, schmiegte Cherry sich an ihn und drückte ihm einen langen Kuss auf die Lippen. Julias Anwesenheit ignorierte sie völlig – oder vielleicht hatte sie sie wirklich noch nicht bemerkt, weil Julia sich bisher ein wenig im Hintergrund gehalten hatte. Ihre Hand streichelte wie abwesend über seinen Jackettaufschlag. “Wirklich das perfekte Liebesnest für ein junges Paar”, hauchte sie mit einem verführerischen Augenaufschlag.
In diesem Moment geschah etwas mit Julia, das ihr völlig unbekannt war, das ihr noch nie passiert war. Sie wusste nicht, ob es daran lag, wie Cherry Ryan geküsst hatte, oder vielleicht daran, wie vertraut sie Körperkontakt mit ihm suchte. Feststand, dass sie Cherry Richards mit einem Schlag unsympathisch fand. Nein, sie mochte sie ganz und gar nicht!
Sie räusperte sich vernehmlich und sah mit hämischer Freude, dass Cherry von Ryan zurücktrat, offensichtlich überrascht. Aber sie fing sich erstaunlich schnell.
“Oh, hallo”, grüßte sie lässig. “Wir haben uns doch bei der Dinnerparty letzte Woche gesehen, stimmt’s? Julie, nicht wahr?”
“Julia”, verbesserte die Angesprochene.
Bei Cherrys Lächeln hätten eigentlich Schneeflocken herumwirbeln müssen, so kalt war es, als sie Julia die Hand hinstreckte und diese nach einem lauen Händedruck sofort zurückzog. Julia konnte das nur recht sein.
“Ryan”, wandte Cherry sich wieder an ihn, “ich wusste ja nicht, dass du noch jemanden mitbringst.”
“Ich …” Er fühlte sich ganz offensichtlich schrecklich unbehaglich und suchte nach Worten.
Julia kam ihm zur Hilfe. “Ryan erzählte mir, dass Sie nach einer Wohnung für ihn Ausschau halten. Deshalb dachte ich mir, ich komme zur Besichtigung mit.”
“Ach so …” Cherrys Lächeln wurde überlegen. Und erst jetzt merkte Julia, dass sie einen kapitalen Fehler gemacht hatte: Sie hatte damit praktisch angedeutet, dass ihre Anwesenheit nur auf Grund ihrer eigenen Initiative zustande gekommen war und sich damit auf Cherrys Niveau herabgesetzt – eine weitere Frau, die versuchte, sich Ryan zu angeln.
Cherry legte eine Hand mit langen, rot lackierten Fingernägeln auf Ryans Schulter und lächelte ihn an. “Ja, ich hatte Daddy versprochen, dass ich Ryan helfen werde, wo ich nur kann.”
“Vielen Dank.” Ryan sah aus, als würde er am liebsten im Boden versinken.
“Warte erst, bis du das Schlafzimmer mit dem Bad gesehen hast”, hauchte Cherry anzüglich. “In der Badewanne haben bequem zwei Leute Platz.”
Mein Gott, diese Frau ist wirklich ein Vamp! dachte Julia angewidert. Ryan wirkte wie das hilflose Kaninchen, das die Schlange hypnotisiert. Cherry hing wie eine elegant drapierte Pelzstola um seinen Hals, und er wagte sich nicht zu rühren. Sie musste etwas tun. Dringend. Aber da Worte ihre einzige Waffe
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