Julia Extra Band 0198
verantwortlich sein, dass seine Ehe scheitert. Deshalb hatte ich beschlossen, dass es besser sei, ihn niemals mehr zu sehen.”
Tom strich sich die Haare aus der Stirn. Es schien ihm nicht leicht zu fallen, die Selbstbeherrschung zu wahren, doch endlich sagte er recht gelassen: „Warum hast du mir das niemals zuvor erzählt? Spätestens bei dem Unfall musst du ihn doch erkannt haben.”
„Ja, natürlich habe ich sofort gesehen, wer er ist.”
Es war beinah ein Trauma gewesen. Dieser Augenblick, als sie ihn gesehen hatte, wie er aus dem roten Sportwagen gestiegen war. Die langen Beine, der muskulöse Oberkörper, die eleganten Gesichtszüge. Sie hatte von Anfang an geahnt, dass erneut eine unbeschreibliche Gefahr von ihm ausgehen würde. Und jetzt hatten sich ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet.
„Warum hast du mir nicht nach dem Unfall gesagt, dass du ihn kennst?”
„Ich habe es einfach nicht gewagt. Was hätte ich auch sagen sollen? Außerdem hatte ich gehofft, dass es nicht nötig sein würde. Sicher, damals waren wir sehr voneinander angezogen und wären vermutlich Liebhaber geworden, wenn ich nicht weggegangen wäre, aber es hat nichts weiter zwischen uns gegeben. Deshalb dachte ich, dass es nicht wichtig wäre. Und ich bin auch davon ausgegangen, dass ich ihn nach dem Unfall nicht wiedersehen würde.”
„Aber heute habt ihr euch getroffen.”
„Ja.”
Sie wusste genau, was er dachte, und konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Seit vier Jahren hatte sie Randal Harding nicht mehr gesehen, und ihr erstes Treffen hatte damit geendet, dass sie nackt miteinander im Bett lagen. Tom hatte allen Grund, ärgerlich zu sein. Pippa selbst machte sich ja die größten Vorwürfe. Sie hatte gedacht, sich gut zu kennen und genau zu wissen, wie sie in bestimmten Situationen reagieren würde, doch hatte sie sich gründlich getäuscht. Offenbar gab es da ein Verlangen in ihr, dass ungestillt geblieben war. Doch gab es Menschen, die wirklich alles über sich selbst wussten, oder hatte nicht jeder ein Geheimnis zu verbergen?
„Es tut mir wirklich leid, Tom. Niemals hätte ich gedacht, dass mir so etwas passieren könnte.”
„Willst du damit sagen, dass er dich gezwungen hat?”
Sie wünschte, sie könnte Ja sagen, doch wäre das eine Lüge.
„Nein. Sicher, er hat nicht lockergelassen, aber er hat mich nicht gezwungen.”
Das war auch nicht nötig gewesen. Randal Harding hatte geschickt ihre Gefühle ausgenutzt, und Pippa war einfach zu schwach gewesen, um sich zu verteidigen. Was auch immer sie Randal gesagt hatte, er schien es kaum ernst zu nehmen. Und darin hatte er recht behalten. Manchmal fragte Pippa sich, ob er sie nicht besser kannte als sie sich selbst.
Tom atmete tief durch.
„Was geht genau vor sich, Pippa? Liebst du ihn?”
Sie biss sich auf die Lippen und hielt den Blick gesenkt.
Tom schüttelte langsam den Kopf, er hatte verstanden.
„Mich jedenfalls liebst du nicht. Du hast es immer wieder gesagt, und jetzt muss ich einsehen, dass es die Wahrheit ist. Du wirst dich niemals in mich verlieben.”
Pippa fand nicht die rechten Worte, um ihm zu antworten. Sie wollte ihn nicht anlügen, aber andererseits wollte sie ihm auch nicht die ganze Wahrheit sagen, da sie fürchtete, ihn tief zu verletzen.
„Sag etwas”, fuhr Tom fort. „Habe ich recht?”
„Ach Tom”, stammelte Pippa. „Es tut mir so unsagbar leid. Ich empfinde nicht Liebe für ihn. Aber ich kann dir nicht genau sagen, was es eigentlich ist. Ich bin mir meiner Gefühle einfach nicht im Klaren. Jedenfalls ist es etwas, was ich nicht kontrollieren kann.”
Er lachte ironisch auf.
„Und die ganze Zeit über habe ich dich wie eine Heilige behandelt. Ich wollte bis zur Hochzeit warten, bevor wir das erste Mal miteinander schlafen. Wie dumm von mir, dich für eine unbefleckte Jungfrau zu halten. Weniger als eine Woche vor der Hochzeit finde ich dich mit einem fremden Mann im Bett.”
„Es tut mir …”
„Hör endlich auf damit”, rief Tom aus.
Einen Augenblick lang ging eine körperliche Gefahr von ihm aus, die Pippa erschauern ließ. Er stand kurz davor, die Selbstbeherrschung zu verlieren, doch endlich gewann er die Kontrolle über sich zurück. Tom wandte sich ab und starrte aus dem Fenster.
Es herrschte gespanntes Schweigen, bis er endlich fragte: „Was schlägst du jetzt vor? Ich nehme an, eine Hochzeit kommt für dich nicht mehr infrage. Vermutlich wäre es besser, wenn ich mich um all die Absagen
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