Julia Extra Band 0213
nicht behalten konnte. Ich wollte ihn ja auch wieder zurückbringen. Doch dann fürchtete ich euren Hass, eure Wut auf mich und die Strafe … es überkam mich die Angst, im Gefängnis zu landen … und vielleicht auf lange Zeit den Kleinen gar nicht mehr zu sehen … und euch beide vielleicht auch nicht …”
Nun konnte Kendal nicht mehr anders, als ihrem Groll freien Lauf zu lassen. “Und du hast dir wirklich keine Sekunde lang ausmalen können, wie uns zumute sein musste, all die endlosen Tage, die Matthew wie vom Erdboden verschluckt schien?”
Angesichts des scharfen Tonfalls zuckte Chrissie zusammen; sichtlich niedergeschmettert ließ sie die Schultern hängen.
“Doch, aber …” Bedrückt atmete sie schwer aus. “Ich glaube, ich habe das verdrängt, denn … irgendwie tat der Kleine mir auch ein wenig leid … weil … du immer so viel gearbeitet hast, Kendal.” Trotz ihrer Schuldgefühle lag jetzt auch etwas Tadelndes in Chrissies Ton. “Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass Matthew bei dir ein klein wenig zu kurz kam …”
“Dir ist hoffentlich klar, Chrissie, dass du da etwas sehr Unfaires behauptest”, warf da Jarrad ein. Er klang so missbilligend, dass Kendal ihn ganz erstaunt anblickte.
Wie – Jarrad verteidigt mich gerade in diesem Punkt? Wo doch auch er so oft bemängelt hat, wie viel Zeit ich auf meinen Beruf verwende?
Kendal war wirklich überrascht.
Von der Zurechtweisung erneut verstärt, knüllte Chrissie kleinlaut ihr Taschentuch zusammen. “Eigentlich ist ja etwas anderes viel wichtiger als Erklärung”, hob sie nun von neuem an. “Eine Auseinandersetzung mit Ralph. Weil er darauf beharrte, die Adoption eines Kindes käme für ihn nicht in Frage. Und weil er mir unterstellte, ich machte meine ganze Umgebung verrückt damit, unbedingt ein Baby zu wollen.” Sie räusperte sich. “Und eben weil ich dies angeblich tat und es mir so schlecht ging nach der zweiten Fehlgeburt, hatte er übrigens das Geld … sich beschafft, um mir eine Kreuzfahrt schenken zu können und mich damit von meinem Kummer abzulenken. Wusstet ihr das?”
Chrissie sah Jarrad an, worauf der einen Blick in Kendals Richtung warf.
Kendal runzelte die Stirn. “Wie – Geld für eine Kreuzfahrt … sich beschafft …?” Sie verstand nicht, wovon Chrissie da sprach.
Jetzt schien auch Chrissie konfus. Etwas scheu blickte sie Jarrad an. “Hast du Kendal denn nichts von alledem erzählt …?”
Aufgeregt fuhr Kendal dazwischen. “Erzählt? Wovon?” Völlig konsterniert sah sie erst ihre Schwester an und dann Jarrad.
“Nein”, antwortete Jarrad auf Chrissies Frage. “Von seinen Motiven und der Idee der Kreuzfahrt habe ich selbst erst heute Morgen im Telefonat mit Ralph erfahren.” Jetzt blickte er Kendal an. “Und was die Sache an sich angeht – als Ralph der Tat überführt war, Geld aus der Firmenkasse unterschlagen zu haben, da habe ich ihm auf seinen dringenden Wunsch hin mein Versprechen gegeben, niemandem etwas davon zu sagen.” Er wandte sich wieder Chrissie zu. “Und übrigens auf besonders nachdrücklichen Wunsch gerade dir nicht. Mir war nicht klar, dass er selbst es dann doch tat.” Jarrad klang jetzt verärgert.
“Das tat er lange Zeit gar nicht. Erst in Italien …”, versicherte Chrissie ihm ganz aufgeregt.
Große Güte!, dachte unterdes Kendal – Jarrad hatte also Ralph gar nicht gefeuert, weil der ihn mit Lauren bei Zärtlichkeiten ertappte, sondern weil Ralph als Jarrads Finanzbuchhalter einen kriminellen Akt beging, indem er Geld veruntreute! Kendal musste die Neuigkeit erst verdauen.
Aber selbst wenn sich die Geschichte mit Ralph jetzt etwas zu Jarrads Gunsten klärend aufhellt, so bleibt doch noch immer die Sache mit Lauren, dachte Kendal alsdann mit unverminderter Bitterkeit.
Jarrad war derweil als Erwiderung auf Chrissies letzte Bemerkung noch einmal auf Ralph zu sprechen gekommen. “Übrigens – damals wusste ich auch noch nicht, dass er hohe Schulden hatte. Als ich ihn fragte, wozu er die veruntreute Summe bräuchte und ob er sich womöglich in finanziellen Schwierigkeiten befände, da hatte er dies verneint … und hatte auch nichts über seine Ehekrise verlauten lassen. Folglich wusste ich von alledem nichts, als ich ihn entließ – und ebenso wenig davon, dass du schwanger warst.”
In Letzteres hatte Chrissie damals niemanden außer Kendal eingeweiht. Noch nicht einmal Ralph, weil sie nämlich befürchtet hatte, dass es mit der Schwangerschaft wieder
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