Julia Extra Band 0258
übergeben oder Sie persönlich in Gewahrsam nehmen, bis ich denke, dass Sie ausreichenden Schadenersatz geleistet haben.“ Sein Blick hielt den ihren gefangen. „Nun. Wie entscheiden Sie sich?“
Annas Herz hämmerte wild. „Wie meinen sie das?“, wiederholte sie und schaffte es nicht mehr, ihrer Stimme einen provokativen Tonfall zu verleihen.
Leo lächelte. Das Lächeln eines Wolfs, der die Zähne bereits in seine Beute geschlagen hatte. „Oh, ich denke, das wissen Sie, Miss Delane.“ Während er weiterhin ihren Blick gefangen hielt, teilte er ihr ganz ruhig mit, was ihm als Gegenleistung vorschwebte.
„Nein!“ Instinkt, der reine Wille zum Überleben, ließ dieses Wort aus ihr hervorbrechen.
Erstaunt hob er eine Augenbraue. „Nein? Sind Sie sicher, Miss Delane? Waren Sie schon einmal im Gefängnis?“, fragte er dann im Plauderton. „Sie sind eine sehr schöne Frau. Und ich bin mir sicher, dass nicht nur Männer das so empfinden. Im Gefängnis wird es Insassen geben, die …“
„Nein!“ Diesmal war es Furcht. Nackt und roh.
Für einen winzigen Moment flackerte etwas in seinen Augen auf. Etwas, das nicht zu dem passte, womit er sie demütigte. Dann war es vorbei.
„Nein? Welche Wahl werden Sie also treffen? Hmm?“
„Wahl? Sie geben mir überhaupt keine Wahl.“
Zorn verzerrte seine Züge. „Glauben Sie, Sie verdienen eine? Sie sind eine Diebin. Sie haben mich bestohlen! Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass Sie ohne Strafe einfach so davonkommen.“ Abrupt wandte er sich ab, griff nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer. „Polizei …“
„Bitte nicht! Rufen Sie nicht die Polizei.“ Er durfte die Polizei nicht einschalten, weil das garantiert eine Untersuchung zur Folge hätte. Falls Jenny dachte, sie wäre überführt, gestand sie womöglich alles.
Undenkbar! Der Fall käme in die Presse, Jennys Schwangerschaft wäre publik, und dann würde Khalil ihr das Baby wegnehmen.
Das konnte Anna auf keinen Fall zulassen.
„Ich muss genau wissen“, sagte sie mit schwacher Stimme, „was Sie von mir wollen, wenn Sie von Schadenersatz sprechen. Ich meine … wie lange wird es dauern?“
„Wie lange?“, wiederholte er, und plötzlich klang seine Stimme ganz seidig. „Nun, bis ich alles von Ihnen bekommen habe, was ich will. Oder bis Sie mich ausreichend zufrieden gestellt haben. Ist das genau genug für Sie?“
„Und … wenn ich Ihren Forderungen zustimme, werden Sie nicht die Polizei rufen oder die Presse informieren oder sonst jemanden? Niemand außer Ihnen wird davon erfahren?“
Sein Mund verzog sich zu einem verächtlichen Lächeln. „Niemand wird erfahren, dass Sie eine Diebin sind – ist es das, was Sie meinen?“
„Ja.“
Es war lebenswichtig, dass er dem zustimmte. Denn Jenny dufte nichts von alledem erfahren. Wenn sie Jenny sagen konnte, dass es ihr gelungen war, das Armband zurückzulegen, und dass niemand etwas bemerkt hatte … Nur so konnte sie ihre Freundin retten.
Aber sie würde später darüber nachdenken, was sie Jenny erzählte. Nicht jetzt. Nicht, wenn Leo Makarios sie mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck ansah, der sie vor Scham erröten ließe, wenn sie das Armband tatsächlich gestohlen hätte, wie er so felsenfest glaubte.
Deshalb streckte sie ihr Kinn vor und erwiderte herausfordernd seinen Blick. Auf keinen Fall würde sie zulassen, dass ersie demütigte.
Ihre Entschlossenheit wuchs, während sie seinem Blick standhielt. Was kümmerte es sie, was er über sie dachte? Was kümmerte es sie, wenn er sie für eine Diebin hielt? Schließlich wusste sie genau, was sie über ihn dachte. Über den Mann, der letzte Nacht in ihr Schlafzimmer eingedrungen war und glaubte, sie würde vor Dankbarkeit seufzen und Gott weiß was für ihn tun.
Nein, denk jetzt nicht daran!
Denn wenn sie jetzt daran dachte, würde sie es vielleicht doch vorziehen, dass er die Polizei anrief.
Aber das konnte sie nicht zulassen. Wegen Jenny.
Sie kam sich vor, als wäre sie zwischen zwei Wänden gefangen, die immer näher zusammenrückten. Mit größerer Willensstärke, als sie glaubte zu besitzen, drängte sie die Wände zurück. Sie durfte jetzt nicht zusammenbrechen, durfte nicht in Ohnmacht fallen oder gar in Tränen ausbrechen. Also musste sie weitermachen. Deshalb starrte sie ihn weiterhin herausfordernd an, das Kinn hoch erhoben.
Natürlich sah sie, dass ihre Haltung ihn wütend machte. Natürlich war es irrational und ganz sicher dumm, den Mann zu
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