JULIA EXTRA BAND 0262
daran denken, wie es damals war. Im Bett. Mit ihr im Bett zu sein.
Was ihn am meisten überraschte war die Tatsache, dass Erin diesen Kuss genauso sehr gewollt hatte wie er. Von dem Moment an, da er sie in die Arme geschlossen hatte, konnte er es spüren. Dann merkte er, wie bereitwillig sich ihre Lippen für ihn öffneten, wie sie sich an ihn schmiegte. Oh Mann, wie gut sich das angefühlt hatte!
Aber plötzlich hatte Joey gerufen, dass Erin von ihm nicht geküsst werden wollte. Der Junge musste sich irren.
Oder?
Trotzdem bedauerte Luke den Ausrutscher. Jedenfalls vom Verstand her. Sein Herz sagte etwas ganz anderes, doch das zählte nicht.
Was zählte, war die unangenehme Wahrheit. Der Kuss war ein weiterer Fehler gewesen. Erin und er waren nicht mehr miteinander verheiratet. Daran würde sich nichts ändern. Darüber nachzudenken war somit zwecklos.
Gut, dass Hunderte von Kilometern sie und ihn in den nächsten zwei Monaten trennen würden.
Kaum war Luke mit Joey aufgebrochen, wurde Erin von einer entsetzlichen Leere heimgesucht. Von einem schmerzhaften Gefühl des Alleinseins. Sie ging zurück in ihr Hotelzimmer und fühlte sich ausgestoßen und verlassen.
Wie sollte sie das ertragen? Joey gehen zu lassen hatte ihr das Herz gebrochen. Er sah so klein und verletzlich aus, als er Hand in Hand mit Luke den Flur hinuntergegangen war.
Und Luke. Was war nur in ihn gefahren? Warum hatte er sie geküsst?
Wenn er sie damit an die Leidenschaft erinnern wollte, die sie damals miteinander geteilt hatten, war ihm das gelungen. Aber wozu? Einen Augenblick später hatte er so bedrückt ausgesehen – als ob ihm klar geworden wäre, dass er soeben einen Fehler gemacht hatte.
Erin war so verwirrt, dass ihr übel wurde.
Sie öffnete die großen Flügeltüren, die hinaus auf den Balkon führten, und trat in den Sonnenschein, wo sie mehrmals tief Atem holte. Der Himmel war in ein tiefes Blau getaucht. Wie reingewaschen, als hätte man ihn weichgespült und dann auf einer Leine zum Trocknen aufgehängt, dachte Erin. Ein perfekter Tag zum Fliegen.
Oh, Hilfe! Bei dem Gedanken an Joey in dem winzigen Flugzeug, wie er auf dem Weg nach Queensland war, fühlte Erin leichte Panik in sich aufsteigen. So eine lange Reise für ein so kleines Flugzeug.
Aber es hatte keinen Sinn, sich verrückt zu machen.
Sie musste den Gedanken an Joey und Luke jetzt verdrängen.
Diese Zeit würde ihr gehören. Zeit für ihr Geschäft, für das Knüpfen von Kontakten, für Sightseeing, Besuche in Galerien und Boutiquen. Australische Designer bildeten ihren eigenen Stil aus, und Erin wollte sich einen Überblick verschaffen.
Nachdem sie einige Zeit in Sydney und Melbourne verbracht hatte, würde sie ein kleines Cottage am Meer mieten. Über das Internet konnte sie genau das richtige Häuschen finden. Es lag direkt an der Byron Bay. Als Geschenk an sich selbst wollte Erin es betrachten. Dort würde sie sich total entspannen und ihre Kreativität ausleben. Vielleicht würde sie Schmuck entwerfen, Aquarelle malen oder eine Collage aus Objekten herstellen, die sie am Strand gefunden hatte.
Erin stützte sich auf das Geländer auf und legte den Kopf in den Nacken. Das morgendliche Sonnenlicht wärmte ihr Gesicht. Langsam wurde ihr Atem wieder ruhiger. In Gedanken stellte sie sich einen weißen Sandstrand vor, das glitzernde Meer, kleine Wellen, die darüber tanzten und eine einzige Wolke am Himmel, die …
Plötzlich klingelte hinter ihr das Telefon.
Gab es ein Problem? Erin zuckte zusammen. Ihr erster Gedanke galt Joey. Vermisste er sie schon? Möglicherweise kam der Anruf ja auch von Luke, der mit dem Jungen nicht zurechtkam.
Sei nicht albern, rief sie sich zur Ordnung und eilte ins andere Zimmer. Mit zitternder Hand griff sie nach dem Hörer und sagte nervös: „Hallo?“
„Hallo, Schwesterherz.“
„Angie? Bist du das?“
„Hast du vielleicht noch eine andere Schwester, von der du mir nichts erzählt hast?“
Erleichtert sank Erin aufs Bett. „Oh, Angie, wie schön, deine Stimme zu hören. Wie spät ist es bei dir? Solltest du nicht im Bett sein?“
„Ed wurde zu einem Brand gerufen, und ich konnte nicht schlafen. Deshalb dachte ich, ich melde mich mal. Bist du okay? Du klingst ein bisschen durcheinander.“
„Ja, das bin ich auch. Aber nur, weil Joey vor fünf Minuten mit Luke zum Flughafen gefahren ist.“
„Du vermisst ihn jetzt schon.“
„Genau.“
„Oh, Erin, ich wünschte, ich könnte dich in den Arm nehmen.“
Die
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