JULIA EXTRA BAND 0262
alte Sandy und Onkel Ben haben geträumt, dass du zurückkehrst. Sie haben das zweite Gesicht und können Dinge sehen, die anderen verborgen bleiben.“ Sie lächelte. „Und hier bist du nun und trinkst Kaffee mit mir.“
„Der Kaffee war toll.“ Erin küsste Gracie auf die Wange. „Ich verabschiede mich noch von dir, bevor ich wieder fahre.“
„Tschüs, Gracie.“ Luke wandte sich abrupt um.
Gemeinsam gingen sie zurück zur Farm. Erin musste die ganze Zeit an Gracies Worte denken. Was wollten die beiden Aborigines damit sagen? Glaubten sie wirklich, es wären höhere Mächte im Spiel? Die Vorstellung erschreckte und faszinierte Erin zugleich.
„An deiner Stelle würde ich Gracies Worten keine allzu große Bedeutung schenken“, bemerkte Luke amüsiert.
Sie sah ihn an. „Du musst zugeben, es ist ein bisschen unheimlich. Woher konnten die alten Männer wissen, dass ich komme?“
Er grinste. „Sandy bringt immer die Post vorbei. Er muss gewusst haben, dass du mir geschrieben hast. Der Rest ist wahrscheinlich Wunschdenken.“
Wunschdenken. Gab es denn Leute auf Warrapinya, die wollten, dass sie zurückkehrte? Das war unmöglich. Erin atmete tief ein und sagte: „Tut mir echt leid, dass Joey sich erschrocken hat.“
„Mommy!“ Ein kleiner Schrei ertönte. Schon stürmte der Junge von der Veranda auf sie zu und stürzte sich Erin in die Arme. „Ich hatte Angst, du wärst schon weg.“
„Unsinn!“ Sie drückte ihn an sich. „Ich habe mich nur mit Gracie unterhalten. Du weißt doch, dass ich zwei Tage lang hier sein werde.“
Sie sah Luke an. Seit ihrer Landung hatte sie eine brütende Anspannung an ihm wahrgenommen. Wahrscheinlich bereute er seine Einladung bereits.
Zu ihrer Überraschung bot er allerdings an, sie und Joey zu begleiten, als sie zu den Ställen gingen, um die berühmte Raven zu inspizieren. Aber Luke trug nichts zur Unterhaltung bei und hielt sich auf Distanz. Daher dachte Erin, er wäre nur mitgekommen, um ein Auge auf seinen Sohn zu haben.
Nach den Ställen begutachteten sie die Weiden, auf denen Warrapinyas preisgekrönter Bulle graste. Anschließend gingen sie am Hühnerhof und am Gemüsegarten vorbei hinunter zum Flussufer.
An den Fluss erinnerte Erin sich noch gut. Aufgrund der Hitze wurde er im Sommer zu einem dünnen Rinnsal, um dann in der Regenzeit wieder die Ufer zu überfluten.
Von Gummibäumen und Pappeln umsäumt, sah der Fluss, dessen Wasser über die runden Kiesel strömte, klar und sauber aus. Hellgrünes Gras bedeckte die Ufer.
„Lasst uns hier ein bisschen ausruhen.“ Luke zeigte auf ein paar große Steine, auf denen man wunderbar sitzen konnte.
Als er erkannte, dass seine Eltern auf verschiedenen Steinen sitzen würden, zögerte Joey einen Moment lang. Zu Erins Erleichterung kam er schließlich zu ihr, ließ sich auf ihrem Schoß nieder und schmiegte sich an sie.
Nichts als das sanfte Plätschern des Wassers und die Rufe der Vögel in den Baumkronen konnten sie hören. Die idyllische Umgebung hätte auf Erin sicher sehr entspannend gewirkt – wenn sie sich Lukes Nähe nicht so bewusst gewesen wäre.
„Er ist eingeschlafen“, sagte er nach einer Weile und betrachtete seinen Sohn, der friedlich an Erins Brust schlummerte.
Sanft strich sie Joey übers Haar und sah, dass die Beule auf seiner Stirn bereits viel kleiner geworden war.
„Ich war froh, dass du Joey davon abgehalten hast, schon wieder auf Raven zu reiten“, gestand sie Luke.
„Und ich habe mich gefreut, dass er überhaupt den Wunsch dazu hatte. Viele Kinder würden sich nach einem solchen Sturz nicht mehr auf ein Pferd trauen.“
„Ja, Joey hat Mut“, erwiderte sie voll mütterlichen Stolzes. „Außerdem ist er ziemlich stur.“ Vorsichtig setzte sie hinzu: „So wie du.“
„Eher wie du“, entgegnete Luke und schenkte ihr ein so unwiderstehliches Lächeln, dass ihr ganz warm ums Herz wurde.
Das schmerzliche Bewusstsein dessen, was sie verloren hatten, teilten sie in der stillen Nachmittagsluft. Erin war davon so erfüllt, dass sie kaum atmen konnte. Sie erinnerte sich an einen anderen Nachmittag, als sie und Luke sich hier am Ufer geliebt hatten. An das unglaubliche Begehren, das sie empfunden hatte, als ihr Körper unter seinen Händen zu glühen begann. An die Hitze ihres Verlangens und die Leidenschaft, während sie im Gleichklang in die Höhen der Lust aufstiegen …
Mit absoluter Sicherheit wusste Erin, dass Luke auch daran dachte.
Daher richtete sie den Blick
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