JULIA EXTRA BAND 0262
hat er ja auch nicht getan, oder? Er hatte sie wie eine kostbare Porzellanfigur behandelt.
Sorcha biss sich auf die Unterlippe – worin lag der Sinn, sich daran zu erinnern? Sie wollte ihm gegenüber keine zärtlichen Gedanken hegen – nicht, wenn seine Augen bedrohlich funkelten und er sie einzuschüchtern versuchte. Aber es würde ihm nicht gelingen, sie würde sich nicht von ihm einschüchtern lassen!
Sie beobachtete, wie die Blasen in ihrem Champagnerglas nach oben stiegen. „Und was möchtest du wissen?“
„Wo lebst du im Moment?“
„Ich bin …“ Sie zögerte. Wieder zu Hause klang so, als wäre sie fünf. „Ich wohne im Haus.“
„Wirklich? Ist das nicht ein bisschen …“, er zuckte die Schultern, „… beengend?“
Warum hatte sie plötzlich das Gefühl, sich verteidigen zu müssen? „Es ist ein riesengroßes Haus – und überhaupt, ich bin gerade erst zurückgekehrt. Ich habe in London gewohnt und gearbeitet. Ich habe dort sogar eine Wohnung gekauft – die ich zurzeit vermiete.“
„Wirklich?“, spottete er. „Und was ist mit deiner Karriere ?“
Irgendetwas in seinem Ton gefiel ihr nicht. Vielleicht lag es daran, dass es sich mehr wie ein Verhör anfühlte, bei dem er schon alle Antworten zu kennen schien.
Doch sie war stolz auf ihre Arbeit – und warum, verdammt noch mal, sollte sie ihm irgendetwas verschweigen? „Ich habe direkt nach dem Studium eine Stelle in einer der besten Firmen Londons bekommen und bis vor kurzem dort gearbeitet. Man hat mir eine Beförderung angeboten, damit ich bleibe, aber ich …“ Warum zögerte sie nur, ihm das zu erzählen? „Ich habe mich stattdessen entschlossen, im Familienunternehmen zu arbeiten. Also bin ich jetzt hier.“
Cesare hob eine Augenbraue. „Ah! Das erklärt vieles.“
„Erklärt was?“ Sorcha runzelte die Stirn. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst.“
„Nein? Vergib mir, cara – ich hätte nichts sagen sollen.“ Er hob entschuldigend die Hände, obwohl sein Gesichtsausdruck kein bisschen bedauernd wirkte.
„Nein“, entgegnete sie kalt. „Du kannst nicht einfach so etwas fallen lassen und dann schweigen.“
„Ich kann tun, was ich will“, erwiderte er. „Aber ich habe Mitleid mit dir.“ Seine Antwort gefiel ihr ganz offensichtlich nicht, vor allem nicht das Wort Mitleid, was ihn sichtlich freute. „Es ist nur so, dass Gerüchte in der Geschäftswelt … nun ja, du weißt ja, wie sie sein können.“
„Ich höre nie auf Gerüchte“, erwiderte sie heftig. „Die Firma hatte ein paar Probleme, das ist richtig – aber es geht wieder aufwärts, und alles sieht sehr gut aus!“
„Gut?“ Cesare lächelte, doch darin lag mehr Zorn als irgendetwas anderes. „Was für eine schlechte kleine Lügnerin du bist“, entgegnete er ruhig. „Die Firma geht den Bach runter – und wenn dir das nicht klar ist, dann bist du nicht geeignet, für eure eigene Firma zu arbeiten.“
Wäre sie nicht auf der Hochzeit ihrer Schwester gewesen, Sorcha wäre jetzt aufgestanden und gegangen. Aber sie hatte Pflichten zu erfüllen. Sie wusste das, und Cesare wusste das auch.
„Jede Firma macht irgendwann einmal schwerere Zeiten durch“, verteidigte sie sich.
„Ja, das stimmt. Aber bei euch scheint es gar keine besseren Zeiten mehr zu geben“, erwiderte er beinahe genüsslich.
Ganz plötzlich fragte sich Sorcha, warum sie diesem selbstherrlichen Mann überhaupt zuhörte. Sie hatte ihn nicht um seine Meinung gebeten!
Sie blickte sich im Zelt um und entdeckte Cesares brünette Begleitung, die vor einem unberührten Teller und einem leeren Weinglas saß und Cesare mit hungrigen Augen anstarrte.
Sorcha lächelte kühl. „Bist du wirklich heute hergekommen, um dich über die Geschicke unserer Firma zu unterhalten?“, fragte sie leichthin. „Ich bin sicher, du findest einen interessanteren Zeitvertreib, als Gewinne und Verluste zu diskutieren!“
Cesare folgte ihrem Blick und lächelte. „Zweifellos könnte ich mir meine Zeit anderweitig vertreiben“, murmelte er. „Aber ich suche nicht nach einem One-Night-Stand – zumindest nicht heute Abend und nicht mit ihr. Stattdessen genieße ich es, meine neuen Kollegen kennenzulernen.“
Triumph funkelte in seinen Augen, und ganz plötzlich fühlte Sorcha eine ahnungsvolle Angst in sich aufsteigen.
„Kollegen? Welche Kollegen?“
Er kostete den Augenblick aus, denn er wusste, dass er sich in den folgenden Jahren immer wieder daran erinnern würde.
„Du
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