JULIA EXTRA BAND 0263
eifersüchtige Schlange machte sich wieder bemerkbar, und zum ersten Mal dachte Rox: Ich werde in weniger als einer Woche zurückfliegen. Sechs Tage. Gott sei Dank, nur noch so kurz. Dann muss ich mich nicht mehr mit meinen Gefühlen für Gino herumschlagen, denn ich werde ihn nie wiedersehen.
Gino di Bartoli.
Der Mann, der eine Geliebte wollte, aber keine Ehefrau.
Der Mann, der bereits Roxannas Herz gestohlen hatte, der sich aber wahrscheinlich stattdessen für die hinterhältige Lisette entscheiden würde, denn er wollte nicht das dumme Herz einer Frau, sondern nur ihren Körper.
„Lunch“, sagte Gino. „Ja, das wäre wunderbar.“ Er fügte noch formell hinzu: „Vielen Dank, Lisette.“
9. KAPITEL
Als Gino und Lisette um vier Uhr von ihrem langen Restaurantbesuch zurückkehrten, war eine Musikstunde im Gange. Gino selbst hatte das Ganze vor ein paar Tagen in einem Gespräch mit Maria vorgeschlagen. „Wenn Ihre Enkelkinder am Wochenende zu Besuch kommen, dann sehen Sie zu, dass Roxanna ihnen Musikunterricht gibt.“
Allerdings hatte er Maria nicht verraten, was er damit bezweckte: Roxanna glaubte nach wie vor nicht, dass sie eine gute Lehrerin abgeben würde. Nachdem Gino jedoch miterlebt hatte, wie sie seine Tochter seit zwei Wochen unterrichtete, war er selbst davon mehr als überzeugt.
Er warf einen schnellen Blick in den luftigen Raum und sah, wie Roxanna einen fröhlichen Rhythmus auf dem Flügel spielte. Dann hielt sie inne, während vier Paar Füße den gleichen Rhythmus auf den Boden traten. „Das ist großartig!“, rief sie, „macht weiter.“
Wieder wechselte sie den Rhythmus, und die Kinder ahmten die Veränderung nach. Alle Wangen waren gerötet, und die Augen strahlten – Roxannas eingeschlossen.
Beim Lunch war Gino klar geworden, wie sehr er sie enttäuschen würde. Die Spannung, die Anziehung zwischen ihnen war immer noch vorhanden, wurde sogar von Tag zu Tag stärker, doch es würde ihm niemals möglich sein, sie auszuleben, denn Roxanna war der Alles-oder-Nichts-Typ – wenn er ehrlich war, bewunderte er das an ihr –, und sie würde nicht mit ihm schlafen, es sei denn, er bot ihr eine ganze Menge mehr.
Aber er konnte nicht mehr bieten. Wie denn? Doch zumindest eines wollte er ihr geben – den Glauben an sich als Lehrerin und eine andere Perspektive für die Zukunft, falls sie ihrer Gesangskarriere den Rücken kehren musste. Sie war nur noch eine weitere Woche hier … etwas weniger sogar … und es war seltsam, sehr seltsam, aber er wollte sich in dem Bewusstsein von ihr verabschieden, dass er ihr Leben bereichert und sie glücklichergemacht hatte. Das hatte sie verdient. Sie war ein unglaublicher Mensch, und er wollte, dass sie das erkannte.
Was Lisette anging, so empfand er nichts dergleichen. Sie weckte in ihm nicht das Bedürfnis zu geben.
Was sehr gut war.
Seine Schwägerin hatte ihn beim Lunch ein wenig schockiert, und wenn er jetzt darüber nachdachte, fragte er sich, warum er die Anzeichen nicht schon früher erkannt hatte. Rückblickend stellte er fest, dass sie doch einige Signale ausgesandt hatte.
„Hier auf dem Land ist es unerträglich, nicht wahr?“, bemerkte sie beiläufig beim Essen. Sie spielte mit dem Stiel ihres Weinglases. „Viel zu viele Bauern.“
„Bauern?“
„Du benimmst dich selbst wie ein Bauer, wenn du hier bist, Gino. Du ermutigst Maria, dass ihre Kinder und Enkelkinder vorbeikommen, du plauderst mit Benno und Salvatore. In Rom wäre die Situation anders. Wir könnten die Dinge arrangieren. Du weißt, was ich meine.“
Und ganz plötzlich wusste er tatsächlich, was sie meinte.
Er nickte langsam, suchte Zuflucht in seinem Wein, während sie mit einem gewissen Funkeln in den Augen fortfuhr: „Wir könnten sehr diskret sein. Keine unliebsamen Störungen. Oh, ich weiß, Maria würde dafür sorgen, dass wir auch hier nicht behelligt würden, wenn du sie darum bitten würdest, aber es wäre nicht dasselbe.“
„Nein?“ Er war zu diesem Zeitpunkt immer noch sprachlos, wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er hatte immer geglaubt, dass ihre offene Zuneigung für ihn – ja, selbst diese kleinen Liebkosungen – ein Ausdruck ihrer Nähe zu Angele waren oder, wenn überhaupt, ein kleiner, bedeutungsloser Flirt.
„Nein, es wäre überhaupt nicht dasselbe“, wiederholte sie schmollend. „Ich dachte, dass wir an diesem Wochenende vielleicht … Aber nein, wir warten, bis du nach Rom zurückkommst, nicht wahr?“
Sie lächelte ihn an,
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