JULIA EXTRA BAND 0263
habe ich deinetwegen getan“, beschwerte er sich. „Manchen Frauen kann man es auch nie recht machen. Wie hättest du mich denn gern? Betrunken und nicht salonfähig?“
„Natürlich nicht. Sei einfach du selbst.“
„Werde ich ihr dann einen Schreck einjagen? Vermutlich ja. Wollen wir dann aufbrechen?“
Er nahm die Weinflasche vom Tisch und folgte ihr nach draußen. Jane rief Sarah vom Auto aus an, um ihr mitzuteilen, dass sie unterwegs waren.
„Wie hat sie geklungen?“, fragte Gil, nachdem sie das Gespräch beendet hatte.
„Verdächtig fröhlich. Ich bin gespannt, welche neuen Abgründe sich auftun werden.“
„Warum klingst du so missbilligend? Sie ist alt genug, um zu tun, was sie will.“
„Das sagt sie auch“, meinte Jane nachdenklich.
Auf halbem Weg ließ er Jane anhalten, um Blumen zu kaufen. „Für die Gastgeberin“, erklärte er.
„Schleimer“, beschuldigte sie ihn freundschaftlich. „Das ruiniert den schlechten Eindruck, den du machen sollst.“
„Überhaupt nicht. Ich bin ein Tunichtgut, der die Blumen aus irgendeinem Garten stibitzt hat.“
„Kannst du denn niemals ernst sein?“, fragte sie angespannt.
„Wozu soll das gut sein?“
„Ich weiß nicht. Bis jetzt fielen mir immer tausend Gründe dafür ein, ernst zu sein, aber plötzlich habe ich sie alle vergessen.“
„Großartig. Du machst Fortschritte.“
Als sie im Lift nach oben fuhren, prüfte sie sein Aussehen. Er war genauso angezogen wie bei ihrem ersten Treffen: schwarze Lederhose und ein ärmelloses schwarzes T-Shirt, das wie eine zweite Haut saß und die straffen Konturen seines Oberkörpers offenbarte.
„Habe ich bestanden?“, fragte er, denn er hatte ihren Blick korrekt gedeutet.
„Dein Haar ist zu ordentlich.“
Sofort verwuschelte er mit der Hand seine Haare, sah dadurch zwar noch verwegener, jedoch auch attraktiver aus. Aber Sarah würde das nicht gefallen, stellte Jane mit Erleichterung fest. Mit einiger Anstrengung riss sie sich zusammen und öffnete die Wohnungstür.
Aus der Küche strömte ein köstlicher Duft. Beide schnupperten sie anerkennend. „Würstchen und Kartoffelbrei!“, meinte Gil. „Wunderbar!“
„Ganz bestimmt nicht. Sarah ist eine Gourmetköchin. Würstchen und Kartoffelbrei sind unter ihrem Niveau.“
„Schade.“
„Wir sind da“, rief Jane.
Eine fremde Frau kam aus der Küche. Jane wollte sie gerade fragen, wer sie war und was sie hier tat, als sie plötzlich schlucken musste bei der Erkenntnis, dass das ihre Großmutter war.
Sarahs graue Haare waren verschwunden. Stattdessen trug sie jetzt ein unaufdringliches Honigblond und einen modischen Haarschnitt. Ihre normalerweise funktionelle, eher langweilige Kleidung hatte sie gegen ein elegantes Kleid in Dunkelblau und Weiß ausgetauscht, zu dem sie als i-Tüpfelchen ein paar dezente Silberohrringe angelegt hatte.
„Sarah?“ Jane schnappte nach Luft. „Ich dachte, du wärst eine Fremde.“
„Oh, Liebes, nett, dass du das sagst. Gefällt es dir wirklich?“
Sie drehte sich, um ihr Kleid von allen Seiten vorzuführen. Irgendwie hatte Sarah es geschafft, im Laufe eines Tages sehr viel abzunehmen. Auch ihr Gesicht war fachmännisch geschminkt. Sie hatte eine neue Eleganz erworben, die ihr gut stand, aber sie sah überhaupt nicht mehr wie Janes Großmutter aus. Während Jane noch damit kämpfte, die richtigen Worte zu finden, löste Gil das Problem mit einem langen, anerkennenden Pfiff.
Sarah drehte sich strahlend zu ihm um. „Sie müssen Gil sein. Ich freue mich so, dass Jane Sie mitgebracht hat und ich Sie kennenlerne.“
„Ganz meinerseits.“ Unter Janes erstaunten Blicken verbeugte er sich auf altmodische Art vor Sarah und übergab ihr seinen Blumenstrauß. „Die sind für Sie.“
„Oh, wie reizend. Es ist so lange her, dass ein Mann mir Blumen geschenkt hat.“
Geschäftig eilte sie hinaus, um die Blumen ins Wasser zu stellen, und Jane murmelte leise: „Was soll das? Auf diese Art wirst du sie nicht schockieren.“
„Ich dachte, mein Aussehen sollte das bewirken.“
„Ich glaube, sie hat dein Äußeres nicht einmal bemerkt.“
„Kommt und setzt euch an den Tisch“, rief Sarah. „Ich binam Verhungern, und ich bin sicher, ihr seid es auch.“
„Ich habe Gil schon erzählt, was für eine meisterhafte Köchin du bist.“
„Ich fürchte, für solchen Schnickschnack habe ich heute keine Zeit gehabt. Ihr müsst euch mit Würstchen und Kartoffelbrei zufriedengeben. Das war schon immer mein
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