JULIA EXTRA BAND 0264
halten, um ihn anzuklagen.â Ihr Gesicht verzerrte sich plötzlich. âUnd dann tat er etwas, sodass die Polizei eingreifen konnte.â
Zanes Magen zog sich zusammen. âEr hat dir wehgetan?â
Sie antwortete nicht sofort, sog nur hart die Luft ein. âNicht körperlich. Aber was ich durchlebte, jagte mir solche Angst ein, dass ich lange brauchte, bevor ich wieder irgendjemandem vertrauen konnte. Dieser Kerl wollte mich für sich allein.â Sie atmete tief durch. âEr muss mir wohl ein Betäubungsmittel in mein Getränk geschüttet haben, denn als ich wieder zu mir kam, fand ich mich eingesperrt in einer alten Fischerhütte irgendwo auÃerhalb von Broome wieder. Es war unerträglich heiÃ, und es stank bestialisch dort, ich bekam kaum Luft. Die anderen Mitbewohner schlugen Alarm, als ich nicht nach Hause kam. Trotzdem dauerte es einen ganzen Tag, bevor die Polizei mich fand. Laurence war schockiert, ich glaube, er fühlte sich persönlich verraten, dass einer seiner Mitarbeiter so etwas tun konnte. Auf jeden Fall fühlte er sich verantwortlich. Er war mein erster Besucher im Krankenhaus, wohin die Polizei mich gebracht hatte. Als meine Schwester und meine Mutter kamen, brachte er uns alle in seinem Haus unter. Und als die beiden dann wieder abfuhren und Laurence mir vorschlug zu bleiben, bis ich wieder ganz in Ordnung sei, nahm ich an. Ich wollte nicht allein wohnen.â Sie drückte sich von der Balustrade ab und drehte sich zu Zane. âWir hatten bereits über ein Jahr zusammengearbeitet, und ihm vertraute ich. Er war wie ein Vater zu mir.â Sie sah auf und lächelte Zane an. âBei ihm konnte ich mich sicher fühlen, er behandelte mich wie eine Tochter. Kannst du nun verstehen, warum ich ihn so liebte und respektierte?â
Zane fühlte sich unwohl in seiner Haut. Das war nicht der Vater, den er zurückgelassen hatte, den er all die Jahre verdammt hatte. Doch Ruby hatte Laurence vertraut, während sein Vertrauen gestorben war. Wie passte das zusammen? âDu bist all die Jahre bei ihm geblieben. War deine Angst so groÃ?â
âNein. Nach ein paar Monaten begann ich mich nach einer Wohnung umzuschauen, doch genau zu der Zeit erlitt dein Vater die erste Herzattacke. Ich konnte ihn nicht allein lassen, sonst war doch niemand bei ihm. Oh, Kyoto war natürlich wundervoll wie immer, aber ich konnte doch unmöglich alles auf ihn abwälzen.â
Der Knoten in Zanes Magen wurde härter. Laurence hatte also schon seit Jahren Herzprobleme gehabt, ohne seinem Sohn gegenüber auch nur einen Ton verlauten zu lassen. Aber Zane hatte sich ja auch nie erkundigt. Er war einfach davon ausgegangen, dass sein unverwüstlicher Vater ewig leben würde. Wie hatte er zulassen können, dass Wut und Bitterkeit sein Leben bestimmten?
âEs tut mir so leidâ, sagte er leise. âIch hätte mich nicht mehr irren können.â Er hielt inne und überlegte, ob er es ihr sagen sollte oder nicht. âIch weià nicht, ob es etwas nützt, aber ich glaube, ich habe endlich den Grund erkannt, warum Laurence sich dieses verrückte Arrangement mit seinem Testament hat einfallen lassen.â
âSo?â Neugierig lehnte Ruby sich vor. âDoch wohl, um einen Bruch bei der Firmenleitung zu vermeiden und dir den Einstieg zu erleichtern.â
âDas sicherlich auch. Aber wie ich Laurence kenne, hatte er etwas viel GröÃeres im Sinn. Ich glaube, er hoffte darauf, dass wir beide ein Paar werden und schlieÃlich heiraten.â
10. KAPITEL
âSo ein Unsinn!â, entfuhr es Ruby prompt.
âIst das wirklich so verrückt?â, argumentierte Zane. âOder ist es nicht eher so offensichtlich, dass es keiner von uns gesehen hat? Warum sonst sollte Laurence jedem von uns den gleichen Firmenanteil vermachen? Er würde sein Lebenswerk niemals so aufsplittern wollen. Aber zusammen gehören uns neunzig Prozent. Deshalb hat er Finlayson instruiert, nichts von der Zwölfmonatsfrist zu sagen. Weil er hoffte, unsere Partnerschaft würde sich von ganz allein ergeben.â
âAber Heirat?â Ruby schüttelte den Kopf. Das war einfach zu weit hergeholt.
âWieso nicht? Was würde mit der Firma passieren, wenn wir beide uns nach zwölf Monaten auf und davon machten? Durch eine Heirat wäre die Weiterführung gesichert. Design und Management. Nicht zwei getrennte
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