JULIA EXTRA BAND 0269
Charles Tremayne hatte Jack vom ersten Moment an abgelehnt. Er hatte den jungen Mann für hinterhältig und berechnend gehalten. Außerdem hatte er ihm unterstellt, sich nur für Caroline zu interessieren, weil sie die Tochter eines Arztes war und Jack sich dadurch eine bessere gesellschaftliche Stellung erhoffte.
Caroline hatte sich wegen des Snobismus und der Voreingenommenheit ihres Vaters sehr geschämt. Sie hatten natürlich in besseren Verhältnissen gelebt als Jack und seine Mutter, doch deshalb hatten sie nicht das Recht, sich überlegen zu fühlen und sich für etwas Besseres zu halten. Caroline war vom ersten Tag an aufgefallen, wie intelligent und fleißig Jack war. Auf Außenstehende wirkte er vielleicht etwas arrogant und abweisend, doch ihr gegenüber hatte er sich so liebevoll und zärtlich gezeigt, dass sie oft zu Tränen gerührt war. Ihr Vater hatte ihr seine Zuneigung nie zeigen können, sodass Jacks Liebe ihr wie ein wunderbares Geschenk vorgekommen war.
Sie seufzte unglücklich und ging in die Küche. Die Gedanken an die Vergangenheit ließen sie nicht los, während sie sich das Abendessen zubereitete. Und als sie sich wenig später in das große Esszimmer setzte, betrachtete sie die dunkelgrünen Vorhänge an den hohen Fenstern und fragte sich, warum sie auch nach fünf Jahren noch in diesem Haus wohnte. Und warum wies sie jeden Mann, der sich für sie interessierte, zurück, so als hätte sie es nicht verdient, glücklich zu sein und geliebt zu werden? Natürlich kannte sie den Grund.
Nachdem Jack damals von der Abtreibung erfahren hatte, war er mehr als wütend auf Caroline gewesen. Seine harten Worte verletzten sie zutiefst, und sie hatte sogar befürchtet, sie würde nie darüber hinwegkommen. Er hatte es geschafft, dass sie sich wie eine Mörderin vorkam, und so getan, als hätte sie ihr Kind abgetrieben, weil es ihr lästig gewesen war. Wie verzweifelt sie über die Forderung ihres Vaters war, die Schwangerschaft abzubrechen, und wie schuldig sie sich gefühlt hatte, war Jack verborgen geblieben. Genauso wenig ahnte er, wie zornig ihr Vater gewesen war, als er herausgefunden hatte, dass sie schwanger war, und wie übel er sie beschimpft hatte, weil sie mit Jack geschlafen hatte. Solche Erfahrungen gingen nicht spurlos an einem Menschen vorüber. Caroline fand es beinahe unmöglich, sich selbst zu verzeihen, was sie getan hatte. Und weil sie die Schuldgefühle nicht loswurde, konnte eine Beziehung mit einem anderen Mann nicht funktionieren.
„O Jack“, sagte sie laut vor sich hin. Sie legte die Gabel auf den Teller, ohne das Essen angerührt zu haben. „Warum bist du zurückgekommen? Ich bin nicht die berühmte Künstlerin, die ich damals werden wollte, aber ich war bisher zufrieden mit meinem Leben. Warum bist du wieder da und verdirbst mir alles? Ich hatte gehofft, dich irgendwann doch noch ganz vergessen zu können.“
3. KAPITEL
Nach dem Gespräch mit dem Architekten, der den Umbau des Hauses und die Renovierungsarbeiten überwachte, verließ Jack das Hotel, in dem er abgestiegen war. Er trug einen hochwertigen schwarzen Jogginganzug und wollte einen langen Spaziergang am Meer machen. In Manhattan war er regelmäßig gejoggt. Doch nach seinem Herzanfall hatten ihm die Ärzte geraten, kürzerzutreten und sich nicht zu überanstrengen.
Es war außergewöhnlich kühl an diesem Herbstmorgen, und der Wind wehte ihm ins Gesicht. Jack dachte über die Bemerkung nach, die er gemacht hatte, ehe er gestern Carolines Laden verließ. Es war dumm und kindisch, so auf die Nachricht vom Tod ihres Vaters zu reagieren, und Jack war verärgert über sich selbst. Auch wenn Charles Tremayne ihn abgelehnt, schlecht behandelt und für den letzten Abschaum gehalten hatte, Caroline hatte ihren Vater zweifellos geliebt und vermisste ihn vermutlich sehr.
Jack überlegte ernsthaft, ob er sich bei ihr entschuldigen sollte. Nein, das war keine gute Idee. Es wäre besser, die Sache auf sich beruhen zu lassen und ihr aus dem Weg zu gehen. Aber was Caroline betraf, hatte er noch nie auf die Stimme der Vernunft hören wollen. Sonst hätte er natürlich dafür gesorgt, dass sie nicht schon mit siebzehn schwanger wurde. Allzu gut erinnerte er sich daran, wie sehr er sie geliebt und wie sehr er sie vom ersten Augenblick an begehrt hatte. Er hatte nicht wahrhaben wollen, dass sie für ihn eigentlich unerreichbar war. Als sie ihn mit ihren dunklen Augen bei der ersten Begegnung so sehnsüchtig angeblickt hatte,
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