JULIA EXTRA BAND 0273
gute Spence damit lag. Sie war Duardo ziemlich gleichgültig.
Kayla fühlte sich plötzlich müde und schrecklich einsam. Sie musste mit jemandem sprechen, dem sie etwas bedeutete. „Ich möchte noch mit meinem Bruder telefonieren und dann schlafen gehen“, sagte sie.
Spence legte ihr ein kleines Päckchen mit Medikamenten auf den Tisch. „Abgezählte Schmerzmittel und eine Schlaftablette. Sie sollten sie erst nehmen, wenn Sie im Bett liegen.“
Es war nicht ganz einfach zu duschen, ohne das große Pflaster auf ihrer Rippe nass zu machen, aber das warme Wasser entspannte Kayla. Danach schlüpfte sie in ein Nachthemd undrief im Liegen ihren Bruder an.
„Was ist passiert?“, fragte er, als er ihre Stimme erkannte. So spät hatte sie sich noch nie bei ihm gemeldet.
Sie erklärte es ihm in wenigen Worten und versuchte, den Vorfall herunterzuspielen.
„Und warum kommt Duardo schon morgen zurück?“
„Gewiss, um mich so schnell wie möglich auszuschimpfen.“
„Glaub ich nicht“, sagte Jacob. „Du scheinst dich zu fragen, warum er dich geheiratet hat?“
Ja, allerdings. Und zwar täglich. „Vermutlich aus Rechthaberei.“
„Oder weil du ihm nie gleichgültig geworden bist?“, schlug Jacob vor.
„Oh, das wäre natürlich auch eine mögliche Erklärung“, sagte sie mit bissigem Unterton.
„Ihr wart einmal ein sehr verliebtes Paar. Selbst ich habe das gemerkt.“
Ihr Herz zog sich zusammen. „Vielleicht war es so. Damals.“
Jacob räusperte sich. „Entschuldige die Ausdrucksweise, Kayla, aber Benjamin war ein hinterhältiger Mistkerl.“
„Jacob, so spricht man nicht über seinen Vater, schon gar nicht, wenn er tot ist.“
„Wir sollten immer für ihn da sein. Ich war damals noch zu jung, um mein eigenes Leben zu führen. Du nicht. Er hat deine Ehe zerstört, damit du ihn nicht verlässt.“ Jacob schwieg eine Weile. „Und dann hat er sein Leben weggeworfen und uns verlassen. Es war ihm egal, wie wir mit seinen Schulden klarkommen, Kayla.“
„Dein Urteil ist ziemlich hart.“
„Hart, aber richtig. Ich wollte es dir längst einmal sagen.“
Sie zögerte eine Weile, bevor sie es aussprach. „Ich glaube, Duardo hat mich wieder geheiratet, weil es ihm Genugtuung verschafft.
„Du meinst, er hat deine Notlage ausgenutzt?“
Kayla antwortete nicht.
„Wenn es ihm um Vergeltung gegangen wäre, hätte er dir eine Abfuhr erteilt.“
Stattdessen hatte er Bedingungen gestellt und Spence auf ihre Fersen gesetzt.
„Du stehst heute wieder so gut da wie früher“, sagte Jacob.
Nur die Liebe fehlte.
Ihr riss der Geduldsfaden. „Er hat die Geschäftseröffnung eigenmächtig verschoben.“
Auch dafür hatte ihr Bruder Verständnis. „Das war absolut vernünftig, Kayla. Die Polizei wird dich befragen, du brauchst Erholung, du hast einen Schock.“
„Ach, hör doch auf. Du hast ja längst das Lager gewechselt“, schimpfte sie.
„Ich bin froh, dass du in guten Händen bist und jemand auf dich aufpasst“, gab er zu. „Du solltest jetzt schlafen, Kayla. Versprichst du, mich morgen anzurufen?“
„Mach ich, schlaf gut.“
Es war erst zehn Uhr, als sie ihre Schlafmittel nahm. Nachdem sie zwei Seiten in ihrem Buch gelesen hatte, fiel es ihr aus der Hand.
Am nächsten Morgen erwachte sie früh. Als sie sich streckte, durchfuhr sie ein Schmerz. Es dauerte eine Weile, ehe sie erinnerte, was passiert war. Danach stieg sie vorsichtig aus dem Bett und zog sich an.
Nach dem Frühstück nahm sie die nächste Schmerztablette und wartete ab. Maria umsorgte sie wie eine Glucke, Josef fragte ständig nach ihrem Befinden, Spence sah so kummervoll drein, als brauchte er Trost.
Kayla verschwand mit ihrer zweiten Tasse Kaffee auf die Terrasse, um mit Jacob zu telefonieren. Punkt neun klingelte die Polizei. Fast eine Stunde wurde sie befragt, schließlich unterschrieb das Protokoll ihrer Aussagen.
Nach dem Mittagessen hielt sie das Nichtstun nicht länger aus. Alles wurde dadurch nur schlimmer. Sie zog sich in ihr Arbeitszimmer zurück und setzte sich an ihren Laptop.
So fand Duardo sie vor, als er zurückkam. Sie sah gut aus. Ein bisschen blass vielleicht. Er hoffte, dass ihr Schlaf erholsamer gewesen war als er seiner auf dem langen Rückflug. Während der Taxifahrt vom Flughafen hatte er die nötigsten Anrufe getätigt, sich informiert, Entscheidungen getroffen, Anweisungen gegeben. Auch mit Spence hatte er schon gesprochen.
Wenn sein Verdacht sich erhärtete … Eine Weile würde es dauern,
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