JULIA EXTRA BAND 0273
Bestand hätte“, sagte Laurel und hob trotzig das Kinn.
Charles war sprachlos. Er hatte in seinem Leben schon viele Menschen entlassen müssen. Manchen hatte er eine Abfindung angeboten, anderen hatte er mit einem Gerichtsverfahren gedroht. Er hatte zwar noch nie einem Angestellten das volle Gehalt weiterbezahlt und diesen gleichzeitig freigestellt, hätte jedoch wetten können, dass niemand ein so großzügiges Angebot ablehnen würde. Vor allem nicht vor dem Hintergrund, die Stelle vierzehn Tage später sowieso aufgeben zu müssen.
„Ich will Sie wirklich nicht verärgern“, versicherte Laurel, die seinen Gesichtsausdruck bemerkt hatte. „Mir ist natürlich klar, wie entgegenkommend ihr Verhalten ist. Und wenn ich einen Bürojob hätte, wäre es wirklich dumm, abzulehnen.“
„Genau.“ Zum Glück scheint sie endlich zur Vernunft zu kommen, dachte Charles.
Doch Laurel fuhr fort: „Aber hier geht es nun einmal nicht um einen Bürojob.“ Sie zog die Augenbrauen hoch und blickte Charles erwartungsvoll an.
„Nein, aber auch nicht um eine hoch spezialisierte Arbeit, für die Sie noch mehr Erfahrung brauchen, um das nächste Mal eine bessere Stelle zu bekommen.“
Laurel runzelte die Stirn, was einfach entzückend aussah, wie Charles fand. „Ich bräuchte Ihrer Meinung nach also keine weitere Erfahrung, um eine andere Stelle als Kindermädchenanzutreten?“
In der Hoffnung, sie zu beruhigen und ihre Augen wieder zum Glänzen zu bringen, zuckte er die Schultern und erwiderte: „Ich wüsste nicht, warum.“
Und tatsächlich nahmen Laurels Augen wieder diesen Glanz an. „Jetzt habe ich Sie!“, rief sie und wies mit dem Finger auf ihn. „Sie haben gesagt, ich bräuchte nicht mehr Erfahrung, um woanders als Kindermädchen zu arbeiten. Sie können mir also nicht kündigen, weil ich angeblich zu unerfahren bin.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an.
Und Charles musste zugeben, dass sie recht hatte: Er hatte sich selbst in eine ziemlich ausweglose Lage manövriert. „Ich meine mich zu erinnern, dass ich von einer reiferen Person sprach.“
„Mit anderen Worten: älter. Sie haben also Vorurteile mir gegenüber, die sich nur auf meinem Alter begründen.“
Laurel ging die Sache ziemlich raffiniert an, das musste er ihr lassen. Sie schien ein echtes Talent dafür zu besitzen, die Dinge so zurechtzudrehen, dass sie ihren Standpunkt stützten. Zum Glück war er aber auch nicht gerade auf den Kopf gefallen.
„Ich würde das nur äußerst ungern unter Eid wiederholen“, begann er. „Aber die Wahrheit ist, dass ich ein Kindermädchen für Penny möchte, dass – ganz unabhängig vom Alter – reif genug ist, meine ausdrücklichen Anweisungen zu befolgen. Wenn ich derjenigen also untersagen würde, ohne ausreichenden Schutz mit meiner Tochter zu einem großen Fest in einer anderen Stadt zu fahren – dann würde ich erwarten, dass sie nicht ohne ausreichenden Schutz mit meiner Tochter zu einem großen Fest in einer anderen Stadt fährt.“
Laurel errötete. Mit ihren rosig angehauchten Wangen sah sie sehr hübsch aus, als sie sich tiefer in den Sessel sinken ließ.
„Sie argumentieren wirklich geschickt.“
Charles musste lächeln. „Sie aber auch“, stellte er anerkennend fest.
Sie seufzte. „Ich möchte Ihnen gegenüber ganz offen und ehrlich sein – ohne versteckte Drohungen oder Taktieren.“
„Ich bin ganz Ohr“, erwiderte Charles und machte eine auffordernde Geste.
„Also gut. Ich brauche Arbeit, das kann ich nicht leugnen. Und diese Stelle ermöglicht mir, dort zu leben, wo ich leben möchte. Außerdem kann ich in meiner Freizeit meinen Vater besuchen. Das waren aus meiner Sicht die Vorteile, als ich mich beworben habe.“
Die meisten Menschen hätten jetzt schon irgendwelche Forderungen gestellt. Doch Laurel war anders, das merkte Charles immer wieder aufs Neue.
„Aber es gibt ja auch noch einen menschlichen Faktor“, fuhr sie fort.
„Einen menschlichen Faktor?“, wiederholte er verständnislos.
„Penny.“
„Ach so, natürlich.“ Warum war er nur nicht gleich darauf gekommen? Er dachte die ganze Zeit nur an die geschäftliche, praktische Seite – und unterstützte so ganz unbeabsichtigt Laurels Argumentation. „Ich dachte, Sie meinten …“ Charles verstummte, denn wie sollte man erklären, was er erwartet hatte? Sie wussten ohnehin beide, was er hatte sagen wollen.
Doch zum Glück kostete Laurel seine Verlegenheit nicht aus, sondern
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