JULIA EXTRA BAND 0273
Junge. Sondern ein Pirat mit durchdringend blauen Augen und Dreitagebart. Sein schwarzes Haar brauchte dringend einen Friseur. Stephanie hatte einen Mann erwartet, der seinem Bruder ähnelte. Dominic arbeitete als Buchhalter im Bella Lucia. Dieser Mann jedoch glich in keiner Weise dem harmlosen Enddreißiger Dominic. Er hatte weder dessen schütteres Haar noch das bürgerliche Aussehen. Und er war keinesfalls harmlos.
Es musste ein Missverständnis sein.
Dann kam Stephanie ein anderer schrecklicher Gedanke. Wenn wirklich Daniel vor ihr stand, hatte John ihn vielleicht als Spion geschickt, weil er sie verdächtigte, die Gelder des Bella Lucia veruntreut zu haben?
Instinktiv trat sie einen Schritt zurück.
„Sind Sie Daniel?“
Ein Mundwinkel ihres Gegenübers zuckte amüsiert. „Und wenn ich jetzt Nein sage?“
Stephanie blinzelte und nahm sich zusammen. „Dann müssen Sie der Klempner sein. Sie sind fünf Tage zu spät und deshalb gefeuert.“
Er lachte. Dabei leuchteten die weißen Zähne in dem sonnengebräunten Gesicht.
„Um meine Ehre zu retten, bin ich geständig. Vor Ihnen steht Daniel Stephens, Ihr neuer Mitbewohner.“
Den englischen Akzent mit dem leichten Schnurren in der Kehle mochte Stephanie schon immer. Daniel klang allerdings nicht nur anziehend sonor, sondern auch unverschämt männlich.
Der Himmel stehe ihr bei. Warum hatte sie nur zugestimmt, die Wohnung mit ihm zu teilen? Das Zusammenleben würde nie und nimmer funktionieren. Nicht einmal, wenn sie es wollte. Und das tat sie definitiv nicht. Dieser Mann war zu wild, um als gut aussehend durchzugehen, und viel zu männlich, um übersehen zu werden. Dabei sah Stephanie Männer überhaupt nicht mehr an. Schon längst nicht mehr. Bis heute.
„Darf ich hineinkommen?“
Stephanie öffnete die Tür etwas weiter und bemühte sich, gelassen zu wirken. „Natürlich. Bitte.“
Er durfte nicht bemerken, wie sehr seine Größe, Stärke und Männlichkeit sie verunsicherten. Irgendwie würde sie mit der Situation fertig werden. Hatte sie sich nicht vor langer Zeit geschworen, keinen Mann mehr so nah an sich heranzulassen, dass er sie verletzen konnte? War sie nicht genau deshalb so weit von Colorado weggezogen?
„Ich hatte sie noch nicht erwartet“, log sie. „Die Wohnung ist …“
Er sah sich kurz um und beendete den Satz. „… perfekt.“
Die Wohnung und sie selbst sahen peinlich sauber und ordentlich aus. Die äußere Erscheinung bedeutete Stephanie alles. Sie schloss die Tür hinter Daniel und führte ihn ins Wohnzimmer. Ihr Magen rebellierte, und ihr Puls raste, doch sie beherrschte das Spiel.
Zu dumm, dass sie es schon so lange nicht mehr hatte spielen müssen. Und das warf die alte Frage wieder auf: Wie lange würde er bleiben?
Daniel sah sich um, gänzlich unbeeindruckt von dem Luxus und der Eleganz des Raums.
„Wo soll ich meinen Schlafsack abstellen?“ Fragend schwang er die Tasche auf seiner Schulter, als wäre sie federleicht. „Ich kann auf dem Boden schlafen, im Flur, in der Küche. Mir ist es einerlei.“
„Ich habe Sie im Gästezimmer einquartiert.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Dort ist es bestimmt bequemer als auf dem Fußboden.“
Und außerdem so weit von ihrem Schlafzimmer entfernt wie möglich.
„Dort ist die Küche. Natürlich können Sie sie jederzeit benutzen.“ Fast fühlte sie sich wie ein Zimmermädchen.
„Ich werde nicht oft kochen, wo doch das Restaurant gleich unten ist.“
„Das reichhaltige Essen dort kann auch manchmal zu viel sein.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Misstrauisch sah sie ihn an. „Machen Sie sich über mich lustig?“
„Tue ich das?“ In seinen blauen Augen funkelte es herausfordernd. Stephanie wandte den Blick ab.
Vielleicht hatte sie sich mit ihrer Bemerkung im Ton vergriffen. Der Mann hatte schließlich Jahre in einem Land verbracht, in dem Menschen verhungerten. Außerdem war er der Sohn ihres Chefs. „Es tut mir leid. Aber Sie verstehen hoffentlich, dass ich es gewohnt bin, allein zu leben.“
Sie stieß die Tür zu seinem Schlafzimmer auf. „Dort hinten ist ein separates Badezimmer, das Sie benutzen können.“
„Hübsch“, bemerkte er in einem gleichgültigen Ton, während sein Blick über das elegante Badezimmerdekor glitt. „Sie sind nicht annähernd so froh, mich hier zuhaben, wie John behauptet hat.“
„Ich bin sicher, dass wir bestens miteinander auskommen werden“, erwiderte Stephanie ausweichend und ging in den Flur
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