JULIA EXTRA BAND 0273
frostigen Blick zu.
Zwei Minuten später, den Korb im Arm, traf Stephanie Daniel in der Halle. Ihr Puls beschleunigte sich, als John Valentine ins Restaurant trat.
Das gutmütige Gesicht ihres Chefs strahlte, als er sie sah. „Daniel. Stephanie. Wie schön.“
Daniel versteifte sich an ihrer Seite. „John.“
Bei der kurzen Begrüßung konnte Stephanie die Spannung zwischen den beiden Männern geradezu körperlich fühlen. Genau wie Johns Enttäuschung darüber.
„Geht ihr beiden irgendwohin?“, fragte er mit Blick auf den Korb.
„In den Hyde Park. Stephanie kennt ihn noch nicht.“
Sofort überkamen Stephanie Schuldgefühle. „Ich hoffe, das ist in Ordnung, Mr. Valentine.“
„Natürlich ist es in Ordnung. Es ist höchste Zeit, dass Sie sich einmal freinehmen. Sie arbeiten viel zu viel.“
Seit seinem leichten Herzinfarkt vor ein paar Wochen sah John recht erschöpft aus, fand Stephanie. Bei allem, was er momentan bewältigen musste, fragte sie sich, wie er wieder gesund werden sollte. Das fehlende Geld war schon belastend genug. Doch seine familiären Probleme wogen schwerer. Johns Frau tobte immer noch wegen Johns unehelicher Söhne, während John unter Daniels Zurückweisung litt. Und dann gab es noch Louise, die nach Meridia geflohen war, anstatt sich mit John auszusprechen und anschließend weiter nach Australien zu ihrer leiblichen Schwester fliegen wollte. Ganz zu schweigen von dem lebenslangen Streit mit seinem Halbbruder Robert. Wie viel musste dieser Mann noch erdulden?
„Sind Sie sicher, Mr. Valentine?“, fragte sie vorsichtig. „Ich kann auch hierbleiben, wenn es Ihnen lieber ist.“
Wenn sie Daniels Wirkung auf ihr Gefühlsleben bedachte, wäre das vielleicht die weisere Entscheidung.
„Ich bin hier, falls es Probleme geben sollte. Nun geht schon und macht euch einen schönen Nachmittag. Ich werde mal bei Dominic vorbeischauen. Er hat Neuigkeiten für mich.“
Väterlich klopfte John Daniel auf die Schulter, nickte Stephanie zu und ging hinein. Grimmig starrte Daniel seinem Vater hinterher.
„Sind Sie okay?“, fragte sie.
Sein Kiefer war angespannt. „Selbstverständlich.“
Der Spaziergang durch den Park war viel schöner, als Stephanie erwartet hatte. Nach der Begegnung mit John in der Halle hatte sie befürchtet, dass Daniel fortan schweigen würde. Doch stattdessen brachte er sie immer wieder mit seinen böseironischen Kommentaren zur Londoner Elite zum Lachen.
Aus der Ferne hörten sie das ausgelassene Gelächter der Kinder, die ihre Segelboote auf dem Serpentine Lake fahren ließen. Der milde Herbstwind spielte in Stephanies Haar und zerzauste auch Daniels wilde Mähne. Stephanie hätte ihm gern einige Strähnen aus dem Gesicht gestrichen.
Weil dieser Wunsch ihr Angst machte, zwang sie sich, ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Park zu richten. „Es ist wunderschöner hier.“
„Dafür dürfen Sie Heinrich VIII. danken. Er hat ihn von den Mönchen erhalten.“
„Erhalten?“
Daniel zwinkerte. „Auf die gleiche Art und Weise, wie er vieles andere ‚erhalten‘ hat.“
„Der böse Heinrich.“
„Kein bisschen. Immerhin dürfen wir den Park jetzt genießen.“
Daniel breitete die rotweißkarierte Decke aus und ließ sich darauffallen.
„Kommen Sie, meine Dame“, neckte er Stephanie. „Hier sitzen Sie wie auf einem Thron.“
Mit sorgfältig gefalteten Beinen setzte sie sich so weit von ihm entfernt wie möglich auf die Decke.
Daniel hingegen, in der Sonne ausgestreckt, fühlte sich sichtlich wohl. Charmant erzählte er ihr von Rotten Row, den berühmten Duellen, von Königinnen und Königen und gab jede Menge Geschichten über den Park zum Besten.
„Dort hätten wir auch essen gehen können“, bemerkte er dann und zeigte auf die eine der Imbissbuden.
„Ich bin nur wegen des Picknicks mitgekommen.“
„Sie zerstören mein zerbrechliches Ego. Ich dachte, meine betörende Gesellschaft hätte sie dazu verleitet, hierherzukommen.“
Stephanie lachte.
„Und jetzt lachen Sie ob meines gebrochenen Herzens.“
Nie hätte Stephanie gedacht, dass sie in Gegenwart dieses Riesen so entspannt und glücklich sein könnte. Übermütig warf sie ihm ein Sandwich zu. „Hier. Versuchen Sie es damit. Karls Sandwichs sind dafür bekannt, gebrochene Herzen und zerbrochene Egos zu heilen.“
„Wie wahr, Liebe geht durch den Magen.“ Herzhaft biss er in das Sandwich. „Mmm. Keine Eidechsenaugen und kein Schafsblut, aber es schmeckt trotzdem.“
„So etwas
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