JULIA EXTRA BAND 0274
Polizei verständigen?“
„Nein. Es handelt sich um die Presse. Vor dem Hotel steht eine Gruppe von Reportern.“
„Oje! Ich sorge dafür, dass sie sich sofort entfernen.“
„Darum geht es jetzt nicht. Ich bitte Sie um etwas anderes. Finden Sie einen Weg, damit mein Gast das Hotel diskret verlassen kann, und zwar so schnell wie möglich!“
Anscheinend war sie doch noch nicht ganz wach. Müde rieb Lily sich die Augen. „Bitte entschuldigen Sie, aber ich verstehe nicht ganz.“
„Ich spreche von meiner Besucherin Ms. Oliver“, erklärte er ungeduldig. „Im Gegensatz zu Ihrer Behauptung von vorhin warten Fotografen vor dem Eingang. Und ich möchte auf keinen Fall, dass die Zeitungen morgen Bilder von ihr veröffentlichen, wie sie mein Hotel verlässt!“
2. KAPITEL
„Ich komme sofort.“
Eine Verwünschung vor sich hin murmelnd, legte Lily den Hörer auf. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Für dergleichen war sie jetzt nicht in der richtigen Verfassung, mochte der Gast auch noch so wichtig oder hochwohlgeboren sein.
Trotzdem verließ sie das Büro, um die fünf oder sechs Reporter zu konfrontieren, die mit ihren Kameras vor dem Hotel herumstanden, Zigaretten rauchten und sich langweilten.
„Was wollen Sie hier?“, fragte sie.
„Wir bekamen einen Anruf, dass Brittany Oliver in Ihrem Hotel ist und seiner Durchlaucht Gesellschaft leistet, dem Kronprinzen von Belorien oder wie sein Land auch heißt“, erwiderte einer der Fotografen und warf seinen Zigarettenstummel auf die Straße. „Was können Sie uns dazu sagen? Haben wir eine Story oder nicht?“
„Ich weiß nicht, von wem Sie reden, aber ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Anwesenheit unsere Gäste stört.“
„Mal schön langsam“, mischte sich ein anderer ein. „Wir tun nur unsere Arbeit, genau wie Sie. Brittany Oliver ist Schnee von gestern, sie interessiert mich nicht. Vielleicht ist das Ganze ein Trick von ihrem Agenten, damit sie wieder mal in die Zeitung kommt. Aber wir wissen, dass Prinz Conrad in New York ist. Stimmt es, dass er bei Ihnen wohnt?“
„Prinz Conrad? Nie von ihm gehört.“
Misstrauisch musterte der Reporter sie. „Wollen Sie mir weismachen, dass Ihnen der Playboy-Prinz von Belorien kein Begriff ist?“
Lily zuckte abweisend die Schultern. „Tut mir leid.“
„Sein Vater Prinz Frederick erhielt vor ein paar Wochen eine UN-Auszeichnung, kurz vor seinem Tod. Und der Sohn ist gekommen, um sie für ihn entgegenzunehmen. Was die Vereinten Nationen sind, das wissen Sie doch, oder?“
„Natürlich.“
„Er soll Samstagabend Gastgeber bei einer Benefizveranstaltung sein.“
„Davon ist mir nichts bekannt.“
„Man behauptet, der Prinz ist bei Ihnen abgestiegen, weil sein Vater auch immer hier gewohnt hat. Damals, als das Montclair noch das Hotel in New York war.“
„Dann setzt jemand Gerüchte in die Welt“, entgegnete sie kühl. „Es steht Ihnen frei, Bilder vom Hotel zu machen – von außen, versteht sich. Ich finde, es lohnt sich.“ Sie lächelte ironisch. Auch wenn wir Ihrer Ansicht nicht mehr das Haus am Platze sind.“
Schweigend sah der Fotograf sie an, dann wandte er sich an seine Kollegen. „Ich glaube, sie sagt die Wahrheit.“
„Ich weiß nicht“, erwiderte ein anderer zweifelnd. „Es ist ihr Job, das Gegenteil zu behaupten, auch wenn er hier wohnt.“
Lily seufzte. „Wie gesagt, außerhalb unseres Geländes können Sie tun und lassen, was Sie wollen. Im Moment blockieren Sie allerdings den Eingang und stören unsere Gäste. Bitte zwingen Sie mich nicht, die Polizei zu rufen.“
„Mir langt’s“, ließ sich die einzige Fotografin der Gruppe vernehmen. „Ich habe Besseres zu tun, als mir die Nacht um die Ohren zu schlagen und auf Brittany Oliver zu warten – egal, mit wem sie zusammen ist.“
Zwei Reporter nickten und steckten ihre Kameras ein.
„Vielen Dank“, erwiderte Lily.
„Ich bleibe“, beharrte ein dritter. „Ein Bild vom schönen Conrad bringt mir mehr, als in meiner Wohnung herumzusitzen.“
Zustimmendes Gemurmel folgte. Sie wusste, dass jede weitere Bemühung ihrerseits nur verdächtig wäre. Achselzuckend drehte Lily sich um und ging in die Lobby zurück. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen, um Brittany unauffällig aus dem Hotel zu lassen.
Auf dem Weg zu Prinz Conrad kam Lily die Erleuchtung: Wo suchte der Löwe sein Opfer am wenigsten? In seiner eigenen Höhle. Wenn Ms. Oliver wie ein normaler Gast das Hotel verließ, würden die
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