JULIA EXTRA BAND 0274
königlichen Besuch, Würdenträger und Persönlichkeiten aus aller Welt gewesen. Nach den Ereignissen von 2001 hatte der Besucherstrom drastisch abgenommen. Leider sah es nicht so aus, als würde sich das in der nächsten Zeit ändern.
Gerard hatte versucht, mit Werbekampagnen und Angeboten wie „Wochenende zu zweit“ das Geschäft anzukurbeln, bedauerlicherweise ohne Erfolg. Lily hoffte von ganzem Herzen, dass Prinz Conrads Anwesenheit den notwendigen Aufschwung brachte. Natürlich würde sie alles tun, um ihn vor den Medien zu schützen. Wenn trotzdem ein oder zwei Artikel in der Presse erschienen – mit dem Hinweis, dass er im Montclair wohnte –, könnte es das Ansehen des Hotels verbessern.
Schon nach wenigen Sekunden öffnete Prinz Conrad die Tür. Lily erkannte mit einem Blick, dass er ebenso müde war wie sie.
„Hat alles geklappt?“, fragte er aufmerksam.
„Ja, Ms. Oliver ist unterwegs.“
„Gut.“ Während er sie musterte, verspürte Lily ein seltsames Kribbeln auf der Haut. Sein Blick war geradezu hypnotisch.
„Ich weiß Ihre Diskretion zu schätzen.“
Sie lächelte schlicht. „Diskretion gehört zu meinem Beruf.“
„Und was gehört sonst noch dazu?“
Die Frage überraschte sie. „Ich bin Concierge, Hoheit.“
„Ja, das sagten Sie bereits. Aber worin genau besteht Ihre Aufgabe? Ich bin mit kleineren Hotels nicht sehr vertraut. Heißt das, Sie …“ Er betonte das Wort. „… sorgen dafür, dass die Gäste in Ihrem Haus glücklich und zufrieden sind?“
„Soweit es möglich ist, ja“, erwiderte sie vorsichtig. Anscheinend wollte er auf etwas Bestimmtes hinaus.
„Ich vermute, Miss …?“ Fragend zog er die Brauen hoch.
„Tilden, Lily.“
Erstaunt sah er sie an. „Ms. Tildenlily?“
Sie musste lachen. „Mein Vorname ist Lily, Tilden ist der Nachname.“
„Lily Tilden.“ Das Timbre seiner Stimme war weich wie Samt. „So leid es mir auch tut, ich befürchte, Sie haben ein paar schwierige Tage vor sich, Ms. Tilden“, verkündete er und schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln.
Sie schluckte. Ob sie es wollte oder nicht, der Mann brachte sie aus dem Konzept. Das passierte ihr doch sonst nie. „Wie soll ich das verstehen?“
„Prinzessin Drucille kann, wie soll ich sagen, sehr anstrengend sein. Ich befürchte, dass sie Ihre Dienste mehr als nötig in Anspruch nehmen wird. Dafür möchte ich mich im Voraus bei Ihnen entschuldigen.“
Spontan fiel ihr keine passende Antwort ein. Zögernd erwiderte Lily: „Vielen Dank für den Hinweis, Prinz Conrad. Ich bin sicher, dass ich mit ihr zurechtkomme.“
Er hob die Hände und ließ sie sogleich wieder fallen. „Ichhoffe es. Jedenfalls wünsche ich Ihnen dabei viel Glück.“
Amüsiert betrachtete sie ihn. „Das klingt, als ob ich es brauchen könnte.“
Conrad lächelte daraufhin belustigt. „Glauben Sie mir, bei der Frau meines verstorbenen Vaters kann jeder eine Portion Glück gebrauchen.“
Schon legte sie die Finger auf die Türklinke, dann hielt Lily inne. „Ohne taktlos zu sein – darf ich Sie etwas fragen?“
„Bitte.“ Ein Anflug von Humor funkelte in seinen Augen, und für einen Moment vergaß sie, was sie sagen wollte.
„Prinzessin Drucilles Behauptung, dass Sie auf das Abendessen gewartet haben, war … nicht ganz korrekt, nicht wahr?“
Ruhig nickte er und wartete ab.
„Wenn sie also in Zukunft mich oder einen unserer Angestellten mit etwas beauftragt, heißt das, dass wir …“ Verlegen brach sie ab. Wie fragte man höflich, ob man sie nicht ernst zu nehmen brauchte?
Conrad schwieg eine Weile, bevor er ihr zu Hilfe kam. „Sollte ich etwas wünschen, melde ich mich persönlich. Anweisungen, die mich betreffen und von anderer Seite kommen, brauchen Sie nicht zu befolgen.“
„Dann ist alles klar. Ich werde meine Kollegen entsprechend informieren.“ Lily konnte ihre Erleichterung nicht verbergen.
Ernst nickte er. „Dafür wäre ich Ihnen dankbar. Sonst habe ich in Ihrem Haus keine ruhige Minute.“
3. KAPITEL
Wie nicht anders zu erwarten, erschienen am nächsten Tag in allen Abendzeitungen kurze Artikel über Brittany Oliver und Prinz Conrad, natürlich mit Fotos. Leider sah der Hintergrund auf jeder Aufnahme zu verschwommen aus. Dass das Hotel kaum zu erkennen war, entging weder Lily noch Gerard.
„Schade“, meinte der Hotelbesitzer seufzend und strichsich über das graue Haar. Dann legte er die Zeitungen beiseite. „Ein bisschen Reklame hätte nicht geschadet. Wenn das so
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