JULIA EXTRA BAND 0274
verwandten Seele schmerzlich. Doch das war unmöglich. „Nicht wirklich“, log sie deshalb.
„Es hat mit Jack zu tun, stimmt’s?“ Emma zögerte. „Reden wir nicht um den heißen Brei herum. Bist du in meinen Bruder verliebt?“
„Gütiger Himmel, nein.“ Maddie hoffte, dass das der Wahrheit entsprach. „Emma, ich weiß, dass du es nur nett meinst. Aber Jack geht keine Bindungen ein, und ich gebe mich nicht mit weniger zufrieden.“
„Unsere Kindheit war nicht leicht“, gab Emma zu bedenken. „Hab Geduld mit ihm, Maddie. Er könnte es wert sein.“
„Jack wird sich nicht ändern.“
„Es tut mir leid, dass du das so siehst. Tu mir einen Gefallen, und sag ihm, dass ich mit Mum gesprochen habe. Ich habe ziemlich bohren müssen, aber sie hat mir endlich gesagt,was vor zwölf Jahren passiert ist.“
Maddie horchte auf. „Und?“
„Es wäre falsch, wenn ich es dir verriete. Aber du wirst schon wissen, was zu tun ist. Mach’s gut, Maddie. Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen.“
Bevor Maddie etwas entgegnen konnte, unterbrach Emma die Verbindung, und just in diesem Moment trat Jack ins Wohnzimmer. Sein Haar war wie immer zerzaust, und er hatte sich nicht rasiert. Augenblicklich schlug Maddies Herz höher.
„Wer war am Apparat?“, wollte er wissen.
„Deine Schwester. Sie wollte dich nicht stören. Sebastian und sie fliegen nach Hause und wollten sich verabschieden.“
„Verstehe.“ Er runzelte die Stirn. „Und warum siehst du dann aus, als würde die Welt untergehen?“
Maddie wiederholte, was Emma ihr gesagt hatte. Entsetzt starrte Jack sie an. Fahrig strich er sich das Haar aus der Stirn und schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte Maddie ihn in den Arm genommen.
Doch das wäre zu gefährlich. Aber ihr fiel etwas anderes ein – in dem Punkt hatte Emma recht.
„Zu dieser Jahreszeit ist es ganz schön kalt in Dublin, oder?“
„Warum?“
Maddie erwiderte seinen dickköpfigen Blick. Denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass der Konflikt mit seiner Familie der Schlüssel zu seiner inneren Unruhe war. Sobald dieser Konflikt gelöst wäre, könnten sie wieder wie früher zusammenarbeiten, und sie müsste sich keine Sorgen mehr um ihren Seelenfrieden machen.
„Das Wetter in Dublin ist sehr wichtig, denn ich muss schließlich wissen, was ich anziehen soll, wenn wir deine Mutter besuchen, Jack.“
Es war Jack unbegreiflich, warum er Maddie schon wieder nachgegeben hatte. Die Waffen einer Frau hatte sie jedenfalls nicht angewendet, um ihn zu überzeugen. Und trotzdem war er hier, in Irland. Er hatte seine Mutter angerufen, und nun erwartete sie sie.
Am Flughafen nahmen sie ein Taxi, mit dem sie die etwa zwanzig Kilometer bis zu Cathys Haus zurücklegten. Schweigend sah Jack aus dem Fenster und ließ die Landschaft auf sich wirken. Je weiter sie hinausfuhren, desto ländlicher wurde es, aber Jacks Gedanken kamen auch bei dieser schönen Aussicht nicht zur Ruhe.
Das Haus und den Garten seiner Mutter umgab ein weißer Zaun. Büsche und Bäume waren liebevoll gepflegt. Hinter dem Haus erstreckten sich sanfte grüne Hügel bis zum Horizont, auf denen friedlich ein paar Pferde grasten.
Cathy O’Brien-Valentines Haus war bescheiden, aber idyllisch und in eine wunderschöne Landschaft gebettet. All das passte so gar nicht zu seiner Mutter, dachte Jack. Psychisch labil und schutzbedürftig, so hatte er sie in Erinnerung. Und wenn er seiner Mutter Sohn war, wie sein Vater im Zorn behauptet hatte, was sagte das dann über ihn aus? Bitter schluckte er den Zorn hinunter.
In seiner frühesten Erinnerung hatte seine Mutter vor allem eines von ihm gefordert: dass er sich benahm. Er hatte leise zu sein und ihren Anordnungen zu folgen. Weigerte er sich, drohte sie mit seinem Vater. Aber er hatte sich benommen, hatte sich immer mehr bemüht, seinen Eltern alles recht zu machen und ein kleines bisschen Anerkennung und Lob zu bekommen. Vergeblich versuchte Jack, sich zu entspannen. Innerlich ballte er vor Zorn die Hände zu Fäusten. Max hatte recht. Jetzt hatte er die Chance, sich zu rächen.
Schweigend saß Maddie neben ihm im Wagen.
„Bist du nervös?“, fragte er sie. So konnte er sich von seinen eigenen Gedanken ablenken.
„Nein.“ Sie verkrampfte die Hände im Schoß. „Du?“
„Natürlich nicht.“ Doch er wünschte, er hätte es schon hinter sich.
Sie hielten vor dem Haus, und Jack öffnete Maddie die Beifahrertür. Lachen drang an sein Ohr, und erst jetzt bemerkte er das Paar,
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