JULIA EXTRA Band 0276
wissen.
„Krisenbewältigung. Offenbar ist eine ihrer prominenten Klientinnen bei Harrods in der Dessous-Abteilung auf die Geliebte ihres Mannes gestoßen und von der Polizei wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen worden.“
„Nicht zu fassen!“
Marco nickte. „Sarah musste sofort zur Polizeiwache und sie da rauspauken, ehe die Presse Wind davon bekommt.“
„Jedenfalls hat sie keine Langeweile in ihrem Job.“
„Das kann man wohl sagen. Erst gestern hat sie versucht, mich zum Heiraten zu überreden, oder wenigstens zu einer ernsthaften Beziehung.“ Charlie schaute schockiert zur Seite und hätte dabei fast eine rote Ampel überfahren. Gerade noch rechtzeitig stieg sie auf die Bremse. „Eine recht ungewöhnliche Marketingstrategie, oder?“
„Marketingstrategie?“, echote sie verblüfft.
„Ja, wie Sie wissen, erscheint mein Buch demnächst in den Staaten, und ich werde dort auf Promotiontour gehen müssen. Es hat bereits im Vorfeld ziemliches Aufsehen erregt, und meine Thesen werden in Zeitschriften und Talkshows ziemlich kontrovers diskutiert. Deshalb rechnet man damit, dass es sich recht schnell in den Bestsellerlisten etabliert.“
„Das hört sich doch fantastisch an. Aber ich verstehe nicht, was Sarahs Idee damit zu tun haben soll.“
„Sarah befürchtet, der Umstand, dass ich Junggeselle bin, könnte sich im konservativen Amerika negativ auf die Verkaufszahlen auswirken. Damit wäre der Spitzenplatz auf der Bestsellerliste gefährdet.“
„Das ist doch lächerlich! Es ist immerhin eine wissenschaftliche Abhandlung und kein aus persönlicher Sicht geschriebener Roman. Statistiken, Fallstudien und Rechercheergebnisse sprechen doch eine klare, unmissverständliche Sprache.“
„Genau, was ich Sarah gestern Abend zu erklären versucht habe. Trotzdem ist sie der Meinung, das Buch wäre wesentlich erfolgreicher, wenn ich eine intakte Beziehung hätte. Wir haben uns über diesen Punkt bisher nicht einigen können.“
„Sie ist wirklich unglaublich“, grummelte Charlie vor sich hin und bewunderte insgeheim Sarahs geschickten Schachzug. Keine Frage, dass sie natürlich sich selbst an der Seite des attraktiven Psychologen sah. „Absurd …“
„Tja …“ Marco hob die Schultern. „Andererseits würde es natürlich meine These untermauern, dass Liebe nicht das beste Entscheidungskriterium für eine funktionierende Partnerschaft ist, aber das habe ich ihr natürlich nicht gesagt!“, fügte er übermütig hinzu.
Charlie nickte zustimmend und stellte sich den enttäuschten Ausdruck auf Sarah Hearts Gesicht vor. Zweifellos war sie eine sehr attraktive Frau, allerdings mit so viel Wärme ausgestattet wie ein Eiszapfen. Eine nette Vorstellung, dass Sarah einmal nicht bekam, was sie sich wünschte …
„Parken Sie bitte den Wagen, Charlie?“, fragte Marco mit einem Blick auf seine Uhr, nachdem er sie geschickt zum Sender gelotst hatte. „Ich muss mich beeilen.“
„Soll ich hier draußen auf Sie warten?“
„Nein, gehen Sie rein und trinken Sie einen Kaffee. Ich werde Sie an der Rezeption anmelden.“
Charlie schaute ihm hinterher und kam nicht umhin zu bemerken, wie eine junge Frau, die offenbar ebenfalls zum Sender wollte, ihrem Boss einen begehrlichen Blick zuwarf. Da sie gleichzeitig vor dem Eingang standen, hielt Marco Delmari die große Glastür höflich auf, sagte irgendetwas, das der schmachtenden Schönheit ein perlendes Lachen entlockte, und dann waren beide im Inneren des Gebäudes verschwunden.
Kein Wunder, dass auch Marcos Agentin alles versucht, um ihn sich zu krallen, dachte Charlie grimmig und fuhr in Richtung Parkplatz davon. Dort stellte sie den Wagen ab, klemmte sich ihre Handtasche unter den Arm und lief zum Eingang zurück.
Davor hielt gerade ein Taxi, dem eine aufsehenerregende Brünette entstieg: zwei wohlgeformte, lange Beine in schwarzen Stiefeln mit mörderisch hohen Absätzen, ein langer schwarzer Kaschmirmantel über einem leuchtend roten Kleid, glänzendes, perfekt frisiertes Haar, frostig goldener Lidschatten über den dunklen Augen und feucht schimmernde korallenrote Lippen. Sarah Heart wirkte so glamourös und vital wie stets.
„Hallo, Sarah.“
„Hi.“ Die Angesprochene warf Charlie einen kurzen Blick zu, den man nur als missbilligend bezeichnen konnte, bevor sie sich wieder abwandte, um den Taxifahrer zu bezahlen.
„Ist es Ihnen gelungen, Ihre Klientin vor dem Knast zu retten?“, wollte Charlie wissen, als sie nebeneinander
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