JULIA EXTRA Band 0276
Geräusche eingehüllt.
Der Verkehrslärm mischte sich mit dem Heulen ferner Polizeisirenen und wurde von den Fassaden der benachbarten Wolkenkratzer in die engen Straßenschluchten zurückgeworfen.
Im Foyer des Hotels herrschte das absolute Kontrastprogramm. Außer von dem Pianospieler, der in der äußersten Ecke gedämpft klassische Musik zum Besten gab, hörte man kaum einen Laut. Prachtvolle Lüster ließen das elfenbeinfarbene und goldene Dekor an Decken und Wänden erstrahlen, und die opulenten Blumenarrangements aus frischen Blüten und saftigem Grün verströmten einen geradezu berauschenden Duft.
Charlie schaute stumm um sich und fühlte sich von so viel Luxus fast erschlagen.
Während sie über den dicken Teppich schritt, der jedes Geräusch schluckte, reckte sie ihr Kinn unmerklich ein Stückchen vor.
„Ah, Miss Hopkirk!“, wurde sie von der freundlichen Rezeptionistin begrüßt. „Dr. Delmari hat Ihnen eine Nachricht hinterlassen.“ Die elegant gekleidete Brünette zog ein Kuvert aus einem der Brieffächer und schaute rasch in ihr Verzeichnis. „Sie wohnen in Suite Nr. 200 im obersten Stockwerk. Ihr Gepäck wird von einem Boy nach oben gebracht. Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt in unserem Haus.“
Damit reichte sie Charlie den Umschlag und die Schlüsselkarte für ihre Suite.
Auf dem Weg in Richtung Lift öffnete Charlie das Kuvert und schaute hinein. Es enthielt eine kurze Notiz in Marcos Handschrift.
Hi, Darling,
ich bin leider doch länger eingespannt als gedacht. Das ist zwar sehr ärgerlich und schade, aber leider nicht zu ändern. Vergiss nicht, dass wir für heute Abend um acht zum Literaten-Dinner im Plaza Pendinia verabredet sind.
Ich hoffe, Du bist nicht zu müde nach dem langen Flug. Ich freue mich darauf, Dich bald zu sehen,
Marco
Charlie spürte einen Stich der Enttäuschung. Sie hatte gehofft, die wenigen Stunden bis zu dem festlichen Dinner in Marcos Armen zu verbringen, und nun wurde nichts daraus. Verstimmt knüllte sie das Stück Papier zusammen und warf es in einen vergoldeten Mülleimer, der ebenso prächtig und luxuriös wirkte wie das ganze Hotel.
Als die Lifttüren im obersten Stockwerk lautlos auseinanderglitten, schaute Charlie sich kurz um und lief dann in Richtung ihrer Suite. Deren schlichte Eleganz begeisterte sie sofort. Neben einer kühl wirkenden Lounge gab es ein feudales Schlafzimmer mit dem größten Doppelbett, das Charlie je gesehen hatte.
Auf einem Tischchen daneben stand ein wunderschönes Blumenbukett in einer Kristallvase, an der ein Kärtchen lehnte.
Ich habe Dich vermisst …
Charlie lächelte. Marco mochte sich selbst nicht für einen Romantiker halten, aber es war immerhin ein Anfang – auch wenn da kein Wort von Liebe stand.
Als der Page mit ihrem Gepäck erschien, gab Charlie ihm ein Trinkgeld, packte ihren Koffer aus und nahm ein belebendes Bad. Danach föhnte und bürstete sie ihr Haar, bis es in seidig glänzenden Wellen auf ihre Schultern herabfiel. Immer noch eine Stunde bis zum Dinner, verriet ihr die Uhr.
Also ließ sie sich Zeit mit dem Anziehen und dem Make-up, das heute ein wenig glamouröser ausfiel als gewohnt. Als Marco die Suite betrat, saß Charlie in der Lounge und zappte sich quer durch sämtliche Fernsehprogramme.
„ Sorry, Honey, aber früher war es nicht zu schaffen …“
Obwohl sie viel Zeit und Mühe auf ihr festliches Outfit verwandt hatte, fühlte sich Charlie plötzlich schrecklich schüchtern. Was, wenn es Marco nicht gefiel?
Doch dieser ließ seine Schlüsselkarte auf ein Beistelltischchen fallen und strebte eilig auf sie zu. „Wie war dein Flug?“ Als sie sich langsam erhob, pfiff er anerkennend durch die Zähne. „Wow, du siehst einfach umwerfend aus!“
Die Art, wie er sie anschaute und mit seinen dunklen Augen Stück für Stück entkleidete, ließ Charlie erröten. Ob vor Freude oder Scham, wollte sie lieber gar nicht analysieren.
„Du hast doch gesagt, ich soll etwas ganz Spezielles tragen. Ich hoffe, es ist passend für den heutigen Abend.“
„Passend? Du wirst alle Frauen in den Schatten stellen, belissima !“ Plötzlich war er wieder ganz Italiener, und Charlie dachte sehnsüchtig an ihr zauberhaftes Wochenende in der Toskana zurück.
In der Sekunde, als Marco sie in seine Arme ziehen wollte, läutete das Telefon. „Verzeih!“, sagte er reuig und zog Charlies Hand an die Lippen. „Macht es dir was aus, wenn ich das Gespräch annehme? Es könnte wichtig
Weitere Kostenlose Bücher