JULIA EXTRA Band 0281
dass er einen Sohn hatte. Das an sich war schon nicht einfach. Aber ging es nicht eigentlich eher darum, dass sich Clare nur allzu sehr seiner Wirkung auf sie bewusst war?
Nein! Mein Gott, das war das Letzte in dieser albtraumhaften Situation, an das sie denken durfte. Einst war sie hoffnungslos empfänglich für den Mann gewesen, der sie nun grimmig ansah. Jede Freundlichkeit, jedes noch so kleine Anzeichen von Wertschätzung war aus seinem Gesicht gewichen. Und ihre Gefühle für ihn waren längst Vergangenheit.
Damals hatte sie tatsächlich gedacht, sie würde ihm etwas bedeuten. Durch eine herzlose Äußerung wenig später war ihre rührende Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft zerschmettert worden …
Als er zu reden begann, war seine Stimme rau und kühl, sein Akzent noch deutlicher als sonst. Clare musste sich zwingen zuzuhören, egal wie sehr ihr Magen auch dagegen rebellierte.
„Meine Anwälte treffen die notwendigen Vorkehrungen“, verkündete er. „Da wir einen Ehevertrag brauchen, muss die eigentliche Zeremonie in einem Land stattfinden, wo dieser dann rechtskräftig ist. Das ist, wie mir gesagt wurde, in England nicht der Fall“, fuhr er fort. „Hast du einen gültigen Pass? Und hat mein Sohn einen eigenen Pass? Wenn nicht, müssen wir schleunigst einen ausstellen lassen. Außerdem musst du …“
„Wovon redest du da?“ Mit schneidender Stimme fuhr Clare ihm ins Wort.
„Ich erkläre dir, was getan werden muss, damit wir beide heiraten können … schnell“, erwiderte er. Fast schon automatisch hatte er auf ihre Frage hin, oder besser gesagt, auf ihre Unterbrechung, seine Lippen zusammengekniffen.
„ Bitte?“ Ungläubig starrte sie ihn an.
Seine dunklen Augen funkelten gefährlich. „War dir denn nicht klar, dass ich dich heiraten würde?“
Clare schüttelte den Kopf. „Nein.“
Xander blickte auf sie hinunter. War ihr wirklich nicht bewusst gewesen, dass er so handeln würde? Er kniff die Augen zusammen. War sie deshalb vor vier Jahren vor ihm davongelaufen?
Natürlich hätte er die Frau geheiratet, die sein Kind trägt. Vor allem …
Nein! Er wollte nicht an damals denken. Das war vergangen. Hier ging es um die Gegenwart.
„Ich hätte dich auch vor vier Jahren geheiratet, wenn du dir die Mühe gemacht hättest, mir zu sagen, dass du mein Kind bekommst“, informierte er sie knapp.
„Hättest du?“, fragte sie. „Hättest du das wirklich?“
„Selbstverständlich.“ Er klang sehr beherrscht.
Einen Augenblick lang schien der Schmerz Clare fast zu zerreißen. Oh Gott, hätte ich nur den anderen Weg gewählt, dachte sie. Den Weg, den sie von sich gewiesen hatte. Sie hatte alle Kraft aufbringen müssen, um nicht zu ihm zu gehen und ihm mitzuteilen, dass sie schwanger war, weil sie nicht riskieren konnte, dass er ihr ungeborenes Kind zurückwies.
Ihr war dabei nie in den Sinn gekommen, dass er sie hätte heiraten wollen. Sie hatte gedacht, sie würde Unterhalt bekommen. Dass er eine Art Nachrichtensperre über sie verhängen würde, damit sie nicht mit der Presse über ein uneheliches Kind von Xander Anaketos sprach. Dann, so hatte sie gedacht, hätte er sie irgendwo in einer teuren Villa untergebracht, wo sie ihren Sohn als den ungewollten Bastard einer ausrangierten Geliebten hätte aufziehen können …
Er hätte mich geheiratet! Der Gedanke durchfuhr sie erneut und quälte sie.
Es wäre entwürdigend gewesen, wäre sie als seine schwangere, aber abgelegte Geliebte bei ihm geblieben. Es wäre eine Qual gewesen, nur wegen des Kindes mit ihm verheiratet zu sein. Und dabei zu wissen – so wie sie es jetzt nach ihrem letzten gemeinsamen Abend mit absoluter Gewissheit wusste –, dass sie ihm nichts bedeutete.
Sie sah ihn an. Genau wie vor vier Jahren schaffte er es auch jetzt, dass ihr die Luft zum Atmen fehlte. Die vergangenen vier Jahre hatten seine Züge kaum verändert. Die atemberaubende Wirkung seiner männlichen Gestalt war noch genauso stark wie eh und je. Auch wenn sie es wollte: Sie konnte sich seiner Wirkung nicht entziehen.
Aber es wäre eine Tortur gewesen, mit ihm verheiratet zu sein. Und doch war nichts schmerzlicher als …
„Also“, riss er sie barsch aus ihren Gedanken. „Nachdem du das jetzt verstanden hast, können wir endlich fortfahren? Wenn du unverzüglich packst, können wir zum Mittagessen in meiner Wohnung sein. Vergiss nicht, alle notwendigen Papiere einzupacken wie die Geburtsurkunde meines Sohnes und …“
„Ich werde dich nicht
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