JULIA EXTRA Band 0281
Rest auf deinen bezahlten Lakaien abladen! Und vor allem …“, sie betonte jedes Wort einzeln, „ist Vatersein etwas , wozu du dich ein Leben lang verpflichtest. Darüber solltest du dir im Klaren sein.“
Sie holte tief Luft. „Denn wenn du meinem Sohn wehtust, wenn du die Ursache dafür sein solltest, dass er auch nur eine einzige Träne vergießt, weil er dich langweilt … Oder weil du dich oder das Geldverdienen an die erste Stelle stellst, oder – Gott helfe dir – weil du mit deinen Geliebten spielen willst … Ich schwöre dir, dann bist du es nicht wert, sein Vater zu sein!“
Clare konnte den Zorn in seinen Augen aufblitzen sehen, aber es war ihr egal. Sie funkelte ihn an, und er begegnete ihrem Blick mit einem Ausdruck, der sie frösteln ließ. Und plötzlich verließ sie alle Kraft.
„Ich bin der Sache hier nicht gewachsen“, stammelte sie. „Ich … fühle mich, als hätte mich ein Zug überfahren. Vorgestern war noch alles normal. Jetzt ist alles ein einziger …“, sie schloss gequält die Augen, „… Albtraum.“
„Ein Albtraum?“, wiederholte Xander mit kalter, boshafter Stimme.
„Ja!“ Sie riss die Augen auf. „Ich wollte dich nie wiedersehen. Für den Rest meines Lebens. Aber jetzt stehst du hier … Das ist ein Albtraum. Und dem bin ich nicht gewachsen. So einfach ist das.“
Clare rang sichtlich nach Luft. „Ich brauche Zeit. Zeit, um mich an das hier zu gewöhnen. Seit dem Abend im Hotel befinde ich mich in einem Schockzustand. Und mit Schock kann ich nicht gut umgehen. Ich kann das alles noch nicht begreifen.“
„Soll ich etwa Mitleid mit dir haben?“, rief Xander ungläubig.
„Du sollst gar nichts!“, entgegnete sie schroff. „Wie schon gesagt, ich wünschte bei Gott, ich hätte dich nie wieder zu Gesicht bekommen. Aber es ist zu spät. Also informiere ich dich lediglich, wie es für mich ist: Es ist zu viel für mich. Und weißt du was?“
Wieder blitzten ihre Augen vor Wut. „Ich muss mich jetzt nicht darum kümmern. Ich muss gar nichts, bis du mit einer gerichtlichen Anordnung in deinen Händen zurückkommst. Wenn ich wollte, könnte ich in diesem Moment die Polizei anrufen und ihnen sagen, du wärst ein unerwünschter Eindringling. Also geh jetzt, Xander. Geh und gib mir die Zeit, die ich brauche, um das alles zu verarbeiten!“
„Brauchst du vielleicht eher die Zeit, um davonlaufen zu können? So wie du es gerne tust?“, fragte er sie sanft und sehr gefährlich.
Clares Gesichtszüge wurden hart. „Ich werde nicht weglaufen, Xander. Damit würde ich dir nur in die Hände spielen, nicht wahr? Und wo sollte ich außerdem hin? Ich kann Vi nicht allein lassen.“
Missbilligend verzog er das Gesicht. „Du kannst auch anderswo Miete bezahlen. Es gibt nicht nur deine Vermieterin auf der Welt.“
„Vi ist nicht meine Vermieterin. Sie ist meine Freundin. Und sie berechnet mir keine Miete, weil ich mich um sie kümmere, damit sie hier, in ihrem eigenen Heim, wohnen bleiben kann“, klärte sie ihn auf. „Sie ist für Joey wie eine Großmutter. Sie ist unsere Familie. Ich könnte sie nie alleine zurücklassen!“
Erschöpft ließ Clare die Arme sinken. Müdigkeit und Niedergeschlagenheit überkamen sie. „Hör zu. Ich verkrafte im Augenblick nicht mehr. Ich möchte, dass du jetzt gehst. Ich werde nicht davonlaufen … Das kann ich gar nicht“, versicherte sie ihm. „Wenn du mir nicht glaubst, dann lass doch das Haus bewachen. Es ist mir egal. Aber geh jetzt bitte. Du kannst dich von Joey verabschieden, wenn du willst.“
„Das ist aber sehr großzügig von dir“, bedankte er sich mit triefendem Sarkasmus in der Stimme und brachte sie damit kurz zum Erröten.
„Auch Joey braucht Zeit, um das zu verstehen, Xander. Er muss sich an dich gewöhnen. Und vor allem …“, mit stechendem Blick sah sie zu ihm, „musst du mir schwören, dass du nicht nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten das Interesse an ihm verlierst.“
Einen Augenblick meinte sie, in seinen dunklen, mit langen Wimpern umrahmten Augen, die sie vor so langer Zeit hatten weich werden lassen, Mordlust zu erkennen.
„Ich muss mich nicht vor dir beweisen“, sagte er mit einer Sanftheit, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten. „Nur vor meinem Sohn.“
Dann drehte er sich um, ging aus dem Schlafzimmer und die Treppen hinunter. Schwer waren seine Schritte auf den Dielen zu hören. Unnachgiebig schien jeder einzelne Schritt seine Worte unterstreichen zu wollen.
Clare blieb regungslos
Weitere Kostenlose Bücher