JULIA EXTRA Band 0281
oder waren es noch mehr? Und mit wie vielen schlief sie jetzt … abgesehen von ihm? Er würde nicht eher ruhen, bis sie es ihm gestand!
Trotzdem, oder gerade deswegen, schien es ihm sehr wichtig, sie sexuell zu befriedigen, als wollte er ihr beweisen, was für ein fantastischer Liebhaber er war … als wollte er ihr zeigen, wie schön es hätte sein können. Und in gewisser Hinsicht war es unbeschreiblich schön. In seinen Armen erfuhr Alexa ungeahnte Lust, doch seine scheinbare Eiseskälte und die Ahnung, welcher Zorn sich dahinter verbarg, hinterließen bei ihr ein Gefühl unerträglicher Leere.
Es war eine Art von Folter, die Alexa ganze drei Monate ertrug. Dann floh sie aus ihrer zum Scheitern verurteilten Ehe und schwor sich, nie mehr zurückzublicken. Nie würde sie Giovannis wütende, verächtliche Abschiedsworte vergessen: „Zum Glück bist du wenigstens nicht schwanger, denn wie sollten wir wissen, wer der Vater ist?“
Ja, die Fakten waren im Grunde ganz einfach, doch dahinter verbargen sich komplizierte Zusammenhänge. Alexa war zu jung gewesen, um den Unterschied zwischen Liebe und Lust oder Fürsorge und Besitzanspruch zu erkennen. Und sie hätte sich vielleicht auch genauer über die Mentalität süditalienischer Männer erkundigen sollen, bevor sie den Schritt in die Ehe wagte.
„Werden Sie es ihm jetzt sagen, Alexa? Dass er einen Sohn hat?“
Teris Frage brachte sie in die Gegenwart zurück. Alexa wischte sich eine letzte Träne aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf. „Nein“, antwortete sie trotzig. „Ich kann das Risiko nicht eingehen.“
2. KAPITEL
Nachdem ihre Chefin den Laden wieder verlassen hatte, zwang Alexa sich, das Notwendige zu erledigen. Sie rief ihre Kinderfrau an, die kein Problem darin sah, Paolo auch noch bei sich zu Abend essen zu lassen.
„Ich hole ihn gegen halb acht ab“, versprach Alexa, deren Stimme plötzlich ganz zittrig klang. „Sagen … sagen Sie ihm, dass ich ihn lieb habe.“
Nachdenklich legte sie den Telefonhörer auf die Gabel zurück. Ihrem wundervollen, stolzen kleinen Sohn würde diese Änderung in seinem gewohnten Tagesablauf bestimmt nicht gefallen. Andererseits würde die Kinderfrau alles tun, um ihn bei Laune zu halten, denn er konnte sie – wie alle Erwachsenen – mit einem Blick aus seinen samtbraunen Augen und einem strahlenden Lächeln mühelos um den Finger wickeln.
Was würde Paolo sagen, wenn er wüsste, dass sein Vater in der Stadt war? Alexa presste schuldbewusst die Lippen aufeinander. Aber hatte sie es sich nicht hunderte Male durch den Kopf gehen lassen, um immer wieder zu dem Schluss zu gelangen, dass sie nur auf diese Weise ihrem kleinen Sohn eine traumatische und leidvolle Erfahrung ersparen könnte?
Sie war mit den Nerven am Ende, als sie an diesem Abend endlich den Laden abschloss. Doch sie ermahnte sich erneut energisch, dass es keinerlei Sinn hatte, sich verrückt zu machen, solange sie noch gar nicht wusste, warum Giovanni sie heute überhaupt aufgesucht hatte. Und wenn sie als zitterndes Nervenbündel in dem Pub auftauchte, würde er sofort Verdacht schöpfen.
Rasch tauschte sie ihre Arbeitskleidung gegen Jeans, Pullover und Jacke und betrachtete sich kritisch im Spiegel. Sie wusste, dass Giovanni auf Äußerlichkeiten achtete, und wollte sich vor ihm auf keinen Fall eine Blöße geben. Also löste sie ihren Zopf, bürstete sich das Haar und trug einen Hauch von Lippenstift auf.
Vom Meer wehte eine frische Brise, die ihre Lebensgeister weckte, auch wenn sich ihr Herz kalt und leblos anfühlte. Mit schnellen Schritten ging Alexa zum Hafen, wo die kleinen Boote auf den Wellen tanzten und die Möwen schreiend am Abendhimmel kreisten auf ihrer unermüdlichen Suche nach Futter.
An einem so kühlen Abend wie diesem waren nur noch wenige Leute unterwegs. Der kleine Hafen wirkte verlassen und so ausgesprochen englisch, dass Alexa es sich für einen Moment kaum vorstellen konnte, dass Giovanni tatsächlich auf sie wartete … in ihrer Heimatstadt, auf ihrem, nicht seinem Territorium.
Das Kneipenschild knarrte und quietschte im Wind. Alexa zog ihre dicke Regenjacke fester um sich, trat mit gesenktem Kopf durch die niedrige Holzbalkentür ein und blickte sich suchend um.
Giovanni war nicht schwer zu entdecken. Um diese Zeit tranken hier nur wenige Büroangestellte ihr übliches Feierabendbier, bevor sie sich auf den Heimweg machen würden, und der große Italiener stach wie ein Exot aus ihnen hervor.
Lässig und
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