JULIA EXTRA Band 0286
die Walfische im Wasser zu beobachten.“
Mia schnitt eine Grimasse. „Ja, an die erinnere ich mich noch. Als wir vor zehn Jahren hier waren, haben wir so eine Fahrt gemacht. Ich war die ganze Zeit seekrank; Ellie war total sauer, weil ich allen den Ausflug verdorben habe.“
„Dann streiche ich diesen Punkt besser von meinem Programm für die Woche.“
„Jetzt macht es mir nichts mehr aus. Zu Hause gehe ich oft mit Freunden segeln, und mir ist noch nie schlecht geworden.“
„Hast du viele Freunde?“
„Ja. Das heißt … ich hatte“, erwiderte sie mit einem Anflug von Vorwurf.
„Wieso hatte? Du kannst sie doch weiterhin sehen, selbst wenn du verheiratet bist.“
„Auch die männlichen?“
Er blieb stehen. „Solange sie dich in Ruhe lassen, habe ich nichts dagegen. Allerdings kann ich mir das kaum vorstellen.“ Sein Blick glitt über ihre schlanke Gestalt.
Mia stieg das Blut in die Wangen. „Es gibt Männer, die nicht ständig an Sex denken. Keiner von meinen Freunden würde mich je mit unerwünschten Anträgen belästigen.“
„Wahrscheinlich sind sie schwul … oder schon vergeben.“ Er lachte zynisch. „Jeder Mann, der dich ansieht, muss den Wunsch haben, mit dir ins Bett zu gehen, sonst ist er nicht normal.“
Sie spürte das wohlbekannte Prickeln auf der Haut. Die Lust in Bryns Augen war so deutlich, dass sich Mias Puls beschleunigte. Wenn er sie jetzt küsste, dann … Sie atmete auf, als Stimmen erklangen und ihnen gleich darauf eine Gruppe von Spaziergängern entgegenkam.
Eine Weile gingen sie schweigend weiter, dann fragte Bryn: „Warst du sehr enttäuscht, dass keiner von deinen Angehörigen bei unserer Hochzeit dabei war?“
„Warum sollte ich? Es ist doch alles nur Show. Bis sie aus dem Urlaub zurückkommen, sind wir wahrscheinlich längst wieder geschieden. Ich frage mich, warum ich ihnen überhaupt davon erzählt habe.“
„Wann hast du sie angerufen?“
„Am Abend vor der Trauung.“
Er zog die Augenbrauen hoch. „Dann konnten sie allerdings nicht dabei sein. Warum hast du sie nicht früher informiert?“
„Weil ich nicht sicher bin, dass ich meinen Eltern oder Schwestern die glückliche Braut vorspielen kann. Am Telefon war das schon schwer genug. Bei Fremden macht es mir nichts aus, mich zu verstellen, aber nicht bei meiner Familie. Ich habe sie noch nie belogen.“
Bryn sah verstohlen zu ihr herüber und runzelte nachdenklich die Stirn. Er selbst war ohne Familie aufgewachsen und hatte nicht einen Moment daran gedacht, wie schwer es Mia fallen musste, die ihre anzulügen. Er war davon ausgegangen, dass mit der Bezahlung etwaige moralische Bedenken beseitigt würden. Jetzt erkannte er beschämt, wie sehr sie darunter litt und wie gefühllos sein Verhalten gewesen war.
Und damit nicht genug. Mit seinen Machenschaften hatte er dafür gesorgt, dass ihr Vertrag mit Peach Pie Productions gekündigt wurde und sie ihre Agentin verlor. Und alles nur, weil er eine schnelle Lösung für seine Probleme brauchte. Sicher, er hatte Tante Agnes ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt, doch was war mit Mias Wünschen und Träumen? Die hatte er mit ein paar bissigen Bemerkungen zunichtegemacht. War es da ein Wunder, dass sie die Beziehung mit ihm so schnell wie möglich beenden wollte?
Er verspürte ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust, als ihm bewusst wurde, dass sich ihre Wege bald trennen würden. Er mochte sie; er hatte sich an sie gewöhnt. Die temperamentvollen Wortgefechte mit ihr würden ihm fehlen, ebenso ihre weichen Lippen und der anschmiegsame Körper. Aber die Vereinbarung, die sie getroffen hatten, war klar und deutlich: Nach dem Ableben seiner Großtante stand es Mia frei zu gehen.
Nur … Musste es dazu kommen? Was wäre, wenn sie versuchten, aus Schein Wirklichkeit zu machen? Eine echte Beziehung, voll Leidenschaft und gegenseitiger Erfüllung.
Sie behauptete, dass sie ihn verabscheute. Aber gleichzeitig fühlte sie sich zu ihm hingezogen, das wusste er. Wie schwer würde es sein, sie zu einem Versuch zu überreden?
„Mia …“
„Was?“
„Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst … Gestern sagte ich, dass außer meiner Großtante niemand so richtig an unsere Hochzeit geglaubt hat.“
„Und?“
„Wenn ich dir nicht begegnet wäre, hätte ich wahrscheinlich nie geheiratet.“
Sie blieb stehen und sah ihn an. Worauf wollte er hinaus? „Hast du etwas gegen die Ehe?“
„Im Prinzip nicht. Aber wenn man bedenkt, dass laut Statistik jede zweite mit
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